Für Sturm steht im Titelrennen ein enorm wichtiges Duell in Salzburg auf dem Programm.
APA/ERWIN SCHERIAU

Salzburg/Linz/Hartberg – Vor dem vielleicht wichtigsten Spiel seit dreizehn Jahren wittert Sturm Graz die große Chance. Monatelang schon sägen die Blackys am Thron von Serienchampion Salzburg, am Sonntag (17.30 Uhr/live ORF 1 und Sky) will man den angeknacksten Herrschersessel auswärts noch stärker ins Wanken bringen. "Das wird ein Kracher", erklärte Sturm-Akteur Jusuf Gazibegovic. Salzburg nimmt die ungewohnte Verfolgerrolle an. "Wir werden sie jagen", versprach Verteidiger Flavius Daniliuc.

Vor einem Monat hatte sich in Fußball-Österreich noch ein ganz anderes Bild präsentiert. Nach dem durchaus verdienten 1:0-Erfolg bei Sturm in der zweiten Runde der Meistergruppe lag Salzburg fünf Punkte vor dem Rivalen an der Tabellenspitze und schien - wie immer in dieser Saisonphase - dem Rest davonzuziehen. Doch die folgende 3:4-Heimniederlage gegen Sturm im Cup-Halbfinale läutete eine Wende ein. Nur noch eine von vier Partien konnte gewonnen werden, gegen den LASK (1:3) und nun Klagenfurt (3:4) setzte es Niederlagen. Sturm hingegen gewann alle seine vier Spiele und kommt mit einem Drei-Punkte-Plus nach Wals-Siezenheim.

Mauern keine Option für Sturm

Selbst ein Remis würde den Steirern auf dem Weg zum ersten Meistertitel seit 2011, dem insgesamt vierten, durchaus helfen. Auf Unentschieden zu spielen, ist für die Gäste aber keine Option. "Niemals. Wer passiv gegen den Ball spielt, kriegt auch mit dem Ball keine Aktionsschnelligkeit zusammen. Es ist nicht unser Zugang, in Salzburg einen Punkt zu ermauern", stellte Trainer Christian Ilzer klar. "Es wird von ganz vielen Kleinigkeiten abhängen. Du musst gute Nerven mitbringen, brauchst das Momentum und gute Leader mit viel Überzeugung in die eigenen Qualitäten."

Auch wenn Salzburg derzeit viel Kritik einstecken müsse, sei die Herausforderung am Sonntag die denkbar höchste. "Schlecht ist ihre Saison nicht, aber unsere ist wirklich herausragend", meinte Ilzer, der die Auswärtspartie als das "maximal schwierigste Spiel" bezeichnete. "Aber wir wissen, dass wir auch diese Spiele auf unsere Seite ziehen können", meinte der 46-Jährige, der mit Ausnahme der Langzeitverletzten Manprit Sarkaria, Kjell Scherpen und Alexandar Borkovic auf den gesamten Kader zurückgreifen kann.

Sein Team sei derzeit derart gefestigt, dass das scheinbar Unmögliche nun in greifbare Nähe rückt. "Zu Beginn habe ich nicht immer in überzeugte Augen geschaut, wenn es darum ging, den Glauben zu vermitteln, Salzburg auch nur in einem Spiel zu schlagen", erinnerte sich Ilzer. "Wir haben es geschafft, diesen Gedanken zu implementieren und auch Salzburg über eine Saison richtig, richtig fordern zu können."

Wink mit dem Zaunpfahl für Bullen

In Salzburg hört man solche Ansagen wohl mit gemischten Gefühlen. Dass der "Emporkömmling" das Selbstverständnis der Bullen nun für sich reklamiert, ist jedenfalls ein Wink mit dem Zaunpfahl. "Die Rollen sind jetzt vertauscht", stellte Daniliuc nüchtern fest und versuchte, den Druck auf die Konkurrenten zu erhöhen. "Sturm hat schon auch einiges an Druck. Jetzt sind wir die Jäger, und wir werden sie jagen."

Psychospielchen alleine werden für den Ligakrösus aber nicht reichen. "Wir haben etwas gutzumachen", bestätigte Trainer Onur Cinel, der vor zwei Spielen den geschassten Gerhard Struber beerbt hatte. Der Einstand des Deutschen verlief beim 4:2-Heimsieg über Klagenfurt noch recht erfolgreich, im "Rückspiel" am Mittwoch musste man aber eine desaströse 3:4-Auswärtsniederlage hinnehmen - trotz 2:0-Pausenführung. "Die einzige Erklärung" war für Daniliuc "eine Mentalitätssache".

Genau diesen mentalen Aspekt bearbeitete Cinel in den wenigen Tagen vor dem Hit. "Das läuft ganz viel über Einzel- und Mannschaftsgespräche. Es ist eine kurze Zeit, mit dem Vorteil, dass man sofort zeigen kann, dass man es besser kann", berichtete der Assistent von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick. Seine klare Forderung an die Mannschaft: "Es muss sichtbar sein, dass wir gewinnen wollen - in jedem Zweikampf, in jedem Luftduell, in der Überzeugung bei jedem Pass und jedem Schuss." Welche Gefahr von Sturm droht, war Cinel bewusst. "Sie sind eine extrem intensive Mannschaft, mit einer hohen Bereitschaft in allen Spielphasen, und das machen sie sehr konstant."

Durch die unnötige fünfte Gelbe Karte für Strahinja Pavlovic fehlt ihm just gegen die Grazer ein Stammspieler, der auch als Leader vorangehen kann. Als Optionen in der Defensivzentrale stehen Samson Baidoo, Hendry Blank oder der zuletzt als Außenverteidiger eingesetzte Daniliuc zur Verfügung. Mit Andreas Ulmer, Nicolas Capaldo, Fernando und Maurits Kjaergaard fehlen aber weitere wichtige Akteure. Immerhin darf er auf die Rückkehr von Mittelfeldmotor Mads Bidstrup hoffen, der zuletzt wegen einer Schulterverletzung fehlte.

LASK könnte Platz drei absichern

Für den SK Rapid stehen entscheidende Tage an. Drei Tage vor dem ÖFB-Cup-Finale gegen Sturm Graz müssen die Wiener auswärts beim LASK danach trachten, die Konkurrenz im Rennen um die Europacup-Plätze in Schach zu halten. Die Linzer sind vor dem Sonntag-Spiel (14.30 Uhr) Dritter und würden diesen Platz auch im Fall einer Niederlage halten. Mit einem Sieg würden sich die Athletiker eine hervorragende Ausgangslage vor dem Liga-Finish erarbeiten.

Vier Runden vor Schluss liegt der LASK je fünf Zähler vor Rapid und der Klagenfurter Austria sowie sechs vor dem TSV Hartberg. Rapid-Trainer Robert Klauß zur Ausgangslage: "Wir sind in der Situation des Herausforderers. Wir wollen Punkte gutmachen, aber auch den vierten Platz sichern." Den Deutschen plagen derzeit personelle Sorgen.

Ob Guido Burgstaller, Lukas Grgic und Terrence Kongolo gegen den LASK zur Verfügung stehen, will Klauß erst abwägen. "Die Fragezeichen bleiben weiter Fragezeichen. Wir müssen schauen, wie groß das Risiko ist", sagte er. Leopold Querfeld absolvierte bereits Teile des Mannschaftstrainings, auch Thorsten Schick und Furkan Dursun könnten in den Kader zurückkehren. Jüngster Ausfall ist Verteidiger Maximilian Hofmann aufgrund einer beim 1:3 gegen Sturm Graz erlittenen Wadenblessur. Jonas Auer fehlt am Sonntag aufgrund einer Gelb-Sperre.

Mäßige Bilanz für Rapid

Die jüngsten beiden Niederlagen gegen Sturm will Klauß mit seinem Team hinter sich gelassen haben. "Es ist gut, dass der Fokus jetzt schnell auf das nächste Spiel gerichtet ist." In Linz wartet ein Gegner, gegen den Rapid in zuletzt fünf Aufeinandertreffen in der Bundesliga nie gewinnen konnte. Gleich viermal endeten die Duelle mit einem Remis. Wenig erquickend ist für Grünweiß auch der Blick auf die Bilanz der letzten acht Spiele. Seit dem umjubelten Derby-Heimerfolg gegen die Austria Ende Februar konnte nur ein Sieg (3:0 in Hartberg) angeschrieben werden.

Auch mit Blick auf das Cup-Finale ist Klauß bemüht, Frische und Energie in sein Team zurückzubringen. So kam Marco Grüll zuletzt erst nach der Pause zum Einsatz. Auch Matthias Seidl würde eine Pause guttun, meinte der Rapid-Coach. Die dünne Personaldecke lässt dies aber derzeit nicht zu. "Wir müssen die Spieler herausfiltern, die fit sind, frisch sind. Dass wir derzeit weniger Automatismen haben, ist klar."

LASK wohl wieder ohne Zulj

Beim LASK ist die Rückkehr des Spielmachers ebenfalls nicht absehbar. Robert Zulj "ist näher bei der Mannschaft, aber wohl nicht dabei", sagte Thomas Darazs am Freitag. Seine Elf zeigte auch ohne den Offensivmann in Hartberg zuletzt eine starke Vorstellung und belohnte sich in der Nachspielzeit mit dem 2:1-Siegestreffer.

"Wir spielen nun in kurzer Zeit gegen die dritte Mannschaft mit einer komplett anderen Charakteristik. Wir hatten seit unserem Einstieg bisher fünf ganze Trainingseinheiten und jeder kann sich ausrechnen, wie viel Impakt man da als Trainerteam hat", berichtete Darazs über seine Arbeit. Zeit für Experimente hat der Interimstrainer keine. Ob seine Elf wie in Hartberg wieder mit einer Viererkette beginnt, ließ Darazs offen. Auch eine Dreierabwehr sei "eine Option".

Hausverbote bei Linzern aufgehoben

Torhüter Tobias Lawal erwartet gegen Rapid ein intensives Spiel, "ein Duell auf Augenhöhe. Jeder muss an die Grenze gehen". Helfen würde den Hausherren die Unterstützung von den Rängen. Ein Stimmungsboykott wie zuletzt ist nicht zu erwarten, da der Klub die nach den Vorfällen beim Auswärtsspiel gegen Sturm am 7. April verhängten Hausverbote gegen Vereinsorgane der aktiven Fanszene wieder aufgehoben hat.

Hartberg will sich rehabilitieren

Austria Klagenfurt will nach dem sensationellen Sieg über Meister Salzburg weiter für Furore sorgen. Am Sonntag (14.30 Uhr/live Sky) wartet auf die Elf von Trainer Peter Pacult der TSV Hartberg, der nach der Last-Minute-Niederlage gegen den LASK wieder zurück auf die Erfolgsspur möchte. Im Kampf um einen Europacup-Startplatz könnte das Duell schon vorentscheidend sein, da die Kärntner einen Punkt vor den Steirern auf Platz fünf liegen.

Ein 4:3-Sieg nach 0:2-Rückstand gegen Salzburg, dazu ein Hattrick von Andy Irving - die Woche lief für Klagenfurt fast perfekt. "Das war wirklich eine tolle Leistung und ein wichtiger Sieg, auf den wir stolz sein dürfen", sagte Pacult nach der Partie. Auch der Dreifachtorschütze schlug in eine ähnliche Kerbe, war mit dem Kopf aber auch schon bei den nächsten Partien: "Es fühlt sich fantastisch an, aber wir wissen, dass unser Job nicht erledigt ist. Vor uns liegen noch vier Spiele, in denen wir uns beweisen und alles geben müssen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns unseren Traum am Ende erfüllen werden."

Sein Trainer pflichtete ihm bei: "Jedem ist klar, dass wir nach dem Sieg gegen Salzburg bisher noch nichts erreicht haben. Vor uns liegen vier sehr schwere Spiele, die wir mit großer Lust und Entschlossenheit angehen", betonte Pacult.

Klagenfurt ohne Niederlage gegen TSV

Gegen Hartberg soll jetzt der nächste Schritt Richtung Europacup-Teilnahme gelingen. "Wir haben gewusst, dass die Luft im oberen Play-off dünn ist und jedes Match eine hohe Hürde darstellt. Aber wir haben uns ein Ziel gesetzt und es ist absolut möglich, das auch zu erreichen", sagte Pacult. Gegen die Oststeirer sind die Kärntner in der Bundesliga noch ungeschlagen, in sieben Spielen gab es fünf Siege und zwei Unentschieden.

Für Hartberg gilt es nach dem späten Gegentor beim 1:2 gegen den LASK eine Reaktion zu zeigen, um Platz fünf nicht aus den Augen zu verlieren. Auch deshalb sprach Trainer Markus Schopp von einem "superwichtigen Spiel". Der bisher letzte Heimsieg datiert allerdings aus dem Dezember, gegen die Linzer ging man laut Schopp als verdienter Verlierer vom Platz. Als Ziel der Hartberger ist der "höchstmögliche Platz" definiert, eine Niederlage wäre ein erheblicher Rückschlag im Kampf um einen Top-5-Platz und damit eine mögliche Europacup-Teilnahme. (APA, red, 26.4.2024)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zu den Spielen der 29. Fußball-Bundesliga-Runde (alle live Sky):

Meistergruppe (7. Runde) - Sonntag:

TSV Hartberg - SK Austria Klagenfurt (Hartberg, Profertil Arena, 14.30 Uhr, SR Hameter). Bisherige Saisonergebnisse: 0:3 (h), 1:1 (a), 2:2 (a)

Hartberg: Sallinger - Heil, Komposch, Bowat, Pfeifer - Diakite - Frieser, Sangare, Avdijaj, Prokop - Entrup

Es fehlt: keiner

Klagenfurt: Menzel - Bonnah, Mahrer, Wimmer, Schumacher - Besuschkow, Benatelli, Irving, Cvetko - Karweina, Soto

Es fehlen: Gkezos (Handbruch), Binder (Wade), Straudi (Oberschenkel), Djoric, Maglica (beide rekonvaleszent)

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LASK - SK Rapid (Linz, Raiffeisen Arena, 14.30 Uhr, SR Jäger). Bisherige Saisonduelle: 1:1 (h), 3:3 (a), 0:0 (a).

LASK: Lawal - Stojkovic, Andrade, Luckeneder, Bello - Horvath, Berisha - Usor, Taoui, Flecker - Ljubicic

Es fehlen: Ziereis (gesperrt), Zulj, Renner, Mustapha, Ljubic, Jovicic (alle verletzt)

Rapid: Hedl - Oswald, Kasanwirjo, Querfeld, Seydi - Sattlberger, Kerschbaum - Lang, Seidl, Grüll - Mayulu

Es fehlen: Auer (gesperrt), Hofmann (Wade), Moormann, Strunz, Gale (alle im Aufbautraining)

Fraglich: Burgstaller, Grgic, Kongolo (alle angeschlagen)

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Red Bull Salzburg - Sturm Graz (Wals-Siezenheim, Red Bull Arena, 17.00 Uhr, SR Lechner). Bisherige Saisonergebnisse: 2:2 (a), 1:1 (h), 1:0 (a). Cup-Halbfinale 3:4 (h)

Salzburg: Schlager - Daniliuc, Solet, Baidoo, Guindo - Bidstrup, Gourna-Douath, Gloukh, Forson - Konate, Ratkov

Fraglich: Bidstrup (Schulter)

Es fehlen: Pavlovic (gesperrt), Dedic (Wade), Capaldo (Knie), Fernando, Kjaergaard (beide Oberschenkel), Morgalla (rekonvaleszent)

Sturm: Jaros - Gazibegovic, Affengruber, Wüthrich, Lavalee - Gorenc Stankovic - Horvat, Kiteishvili, Prass - Biereth, Böving

Es fehlen: Sarkaria (Knöchelbruch), Scherpen (Kreuzbandriss), Borkovic (Kreuz- und Seitenbandriss)