Der Protest richte sich sowohl an die Autoindustrie als auch die Politik.

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Frankfurt am Main – Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag am ersten Publikumstag der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt für mehr Klimaschutz und eine Verkehrswende demonstriert. Zu einer Kundgebung vor den Toren der IAA kamen nach Angaben der Polizei etwa 15.000 Teilnehmer, davon etwa 12.500 Radler.

Die Veranstalter sprachen von rund 25.000 Demonstranten, die am Nachmittag in Frankfurt oder auf dem Weg dorthin waren: 18.000 Radler sowie 7.000 Fußgänger. Für die Fahrrad-Korsos wurden vorübergehend auch Abschnitte der Autobahnen A 661 und A 648 gesperrt.

Mit einer Fahrraddemo forderten Demonstranten eine Verkehrswende und mehr Klimaschutz.
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Zu den Protesten hatte das Bündnis #aussteigen aufgerufen, zu dem sich Klimaschutz- und Umweltgruppen zusammengeschlossen haben. Sie werfen der Autoindustrie vor, den Wandel zu emissionsfreier Elektromobilität nicht entschlossen genug voranzutreiben und unter anderem weiter auf klimaschädliche Stadtgeländewagen (SUVs) zu setzen. Die Proteste richten sich aber auch an die Politik.

"Die Zeit für protzige Spritschlucker und immer größere SUVs ist vorbei"

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, sagte mit Blick auf die Proteste, auch die Demonstration und Fahrradsternfahrt des Bündnisses gehörten zur lebendigen Debattenkultur. Aus Sicht des VDA hat der erste Publikumstag am Samstag "die hohe Attraktivität der IAA unter Beweis gestellt". Rund 60.000 Besucher seien gekommen, um Weltneuheiten zu erleben. Klimaschutz und individuelle nachhaltige Mobilität sind laut VDA Themen, die eine breite gesamtgesellschaftliche Debatte ausgelöst haben: "Wir beteiligen uns an diesem Dialog in vielfältiger Form", sagte Mattes.

Die Organisatoren des Protest-Bündnisses erklärten, "die Zeit für protzige Spritschlucker und immer größere SUVs ist vorbei". Gefordert wird Vorrang für den Fuß- und Radverkehr, ein starker Ausbau von Bus und Bahn sowie ein klimaneutraler Verkehr bis 2035. Der Protest richte sich sowohl an die Autoindustrie als auch die Politik.

Den Organisatoren zufolge nahmen bis zu 25.000 Menschen an dem Protest teil.
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Die deutsche Bundesregierung müsse "liefern und den Rahmen setzen für eine Wende weg von der autofixierten Verkehrspolitik und hin zu klimafreundlichen, sauberen und lebenswerten Städten", fordert das Bündnis. Dem Verkehr komme eine besondere Rolle zu. Denn einzig im Verkehrssektor seien die klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen in den vergangenen 30 Jahren nicht gesunken. Am 20. September will das Klimakabinett der Bundesregierung sein Maßnahmenpaket vorlegen.

Blockade der Messe geplant

VDA-Chef Mattes sagte, es gehe nicht darum, Klimaschutz gegen nachhaltige individuelle Mobilität zu positionieren. "Beides gehört zusammen. Die Lösung auf dem Weg zur emissionsfreien individuellen Mobilität sind Innovation und technologischer Fortschritt, nicht Verbote." Die deutsche Automobilindustrie investiere in den nächsten drei Jahren 40 Milliarden Euro in Elektromobilität und alternative Antriebe.

Bereits am Donnerstag hatte es am Rande des traditionellen Rundgangs von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der IAA Proteste gegeben. Die Aktionen sollen am Sonntag weitergehen. Unter dem Motto "Sand im Getriebe" ist eine Blockade der Messe geplant.

Industriepräsident Dieter Kempf kritisierte die politische Debatte über mögliche Verbote für Stadtgeländewagen. Die Diskussion über den Einsatz von SUVs war nach einem Unfall mit vier Toten in Berlin-Mitte ausgelöst worden. "In Berlin ist ein besonders schlimmer Unfall mit einem SUV passiert – der uns alle schockiert hat", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) dem "Spiegel". "Dass mancher das Ereignis sofort instrumentalisiert, um sein eigenes politisches Süppchen zu kochen, finde ich total daneben." Er wehre sich dagegen, gleich mit Verboten zu kommen, sagte Kempf: "Die SUVs werden nicht gekauft, weil sie produziert werden. Sondern sie werden produziert, weil sie gekauft werden." Dass der Staat die Wahl des Fahrzeugs regle, halte er für den falschen Weg. (APA, 14.9.2019)