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Unter anderem sollen Erneuerbare Europa aus der Abhängigkeit von Russlands Gasreserven lösen.

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Shell will kein russisches Erdöl und Gas mehr kaufen. Der britisch-niederländische Konzern begründet den Schritt mit den "Gräueltaten" der russischen Regierung in der Ukraine. Das Unternehmen ist nicht das erste, das sich aufgrund von Russlands Invasion aus dem Land zurückzieht. Nun könnten auch andere nachziehen: Die EU berät darüber, wie die enge energiewirtschaftliche Beziehung zu Moskau reduziert werden kann.

Geht es nach der EU-Kommission, soll Europa schon deutlich vor 2030 unabhängig von fossilen Rohstoffen aus Russland sein – beginnend mit Gas. Das verkündete die Kommission am Dienstag. Sie plant eine Reihe an Maßnahmen, um auf die stark steigenden Energiepreise zu reagieren und die Gaslager für den kommenden Winter zu füllen. So soll die Gasversorgung diversifiziert und die Einführung von Gas aus erneuerbaren Quellen für Heizung und Stromerzeugung beschleunigt werden. Die Kommission geht davon aus, dass die EU ihre Nachfrage nach russischem Gas bis Ende des Jahres um insgesamt zwei Drittel reduzieren kann.

Weg frei für Erneuerbare

"Wir müssen unabhängig von Öl, Kohle und Gas aus Russland werden", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. "Wir dürfen uns einfach nicht auf einen Lieferanten verlassen, der uns schlichtweg bedroht." Sie betonte zudem die Notwendigkeit, auf erneuerbare Energien und Wasserstoff umzusteigen und insgesamt energieeffizienter zu werden. "Energie aus erneuerbaren Quellen ist billig, sauber und potenziell unerschöpflich", ergänzte Frans Timmermans, Vizepräsident der Kommission. Der Krieg in der Ukraine zeige, dass die Energiewende beschleunigt werden müsse. "Sie schafft Arbeitsplätze bei uns, anstatt die fossile Brennstoffindustrie anderswo zu finanzieren."

Darüber hinaus will die Kommission Haushalte und Unternehmen entlasten, die besonders stark von dem Energiepreisanstieg betroffen sind.

Wie weit die EU dann geht, wird sich am Treffen des Europäischen Rats Ende der Woche zeigen. Offenbar gibt es unter Europas Staats- und Regierungsspitzen durchaus Bereitschaft für Veränderung: "Wir haben vereinbart, unsere Abhängigkeit von russischen Gas-, Öl- und Kohleimporten zu beenden", heißt es in einem Erklärungsentwurf von Montag, den die Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichte. Näheres ist noch nicht bekannt.

Noch vor dem Termin ist Italien vorgeprescht: Das Land will innerhalb von 24 bis 30 Monaten von russischen Gasimporten unabhängig werden. Bis zum Frühjahr sollen alternative Lösungen für die Hälfte des aus Russland importieren Gas gefunden werden, kündigte Roberto Cigolani, Minister für ökologischen Wandel, an.

USA will ganz aussteigen

Und auch die USA wollen Nägel mit Köpfen machen: Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erlassen die Vereinigten Staaten ein Importverbot für Rohöl aus Russland. Das kündigte US-Präsident Joe Biden bei einem kurzfristig anberaumten Auftritt am Dienstag im Weißen Haus an. Die Entscheidung sei mit den Verbündeten getroffen worden, hieß es.

"Das bedeutet, dass russisches Öl in US-Häfen nicht mehr angenommen wird und die Amerikaner der Kriegsmaschinerie Putins einen weiteren schweren Schlag versetzen werden", sagte US-Präsident Joe Biden bei einem kurzfristig anberaumten Auftritt am Dienstag im Weißen Haus. Unklar blieb zunächst, ab wann das Importverbot gilt.

Biden sagte, die Maßnahme sei mit Europa abgestimmt. Man wisse aber, "dass viele unserer europäischen Verbündeten und Partner möglicherweise nicht in der Lage sind, sich uns anzuschließen", fügte er hinzu. "Wir können also diesen Schritt unternehmen, wenn andere es nicht können. Aber wir arbeiten eng mit Europa und unseren Partnern zusammen, um eine langfristige Strategie zu entwickeln, die auch ihre Abhängigkeit von russischer Energie verringert."

Deutschland gegen Importstopp

Der von Washington geplante Stopp der Ölimporte war mit den Europäern abgestimmt, bestätigte Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck. Die deutsche Regierung lehnt einen Importstopp von russischem Gas und Öl ab. "Ich sehe das Szenario nicht, für Europa und für Deutschland", sagte Habeck am Dienstag zu Medien.

Und Österreich? Hier ist von einem Importstopp keine Rede – zu groß ist die Abhängigkeit: Rund 80 Prozent des Gasverbrauchs wird durch Importe aus Russlands gedeckt. "Wir können diese Abhängigkeit nicht von heute auf morgen beenden", sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Die Pläne der Regierung klingen ähnlich wie jene der EU: Die Versorgung soll diversifiziert, die Gasspeicher aufgefüllt und durch Erneuerbare mehr Unabhängigkeit erreicht werden. (Nora Laufer, APA, 8.3.2022)