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Der Hochsommer neigt sich dem Ende zu, und doch kommt man nicht allerorts in den Genuss der vielfach willkommenen Abkühlung. Davon können zumindest jene, die in dicht verbauten Gebieten leben, ein leidvolles Lied singen.

Versiegelte Flächen heizen sich an Sommertagen stark auf, die Temperatur des Asphalts kann in der Sonne auf mehr als 60 Grad steigen. Während sich tagsüber die Möglichkeit bietet, Parks mit reichem Baumbestand oder kühlende Gewässer zum Baden aufzusuchen, entkommt man der nächtlichen Hitze schon schwieriger.

Wärmepolster unter der Karosserie

Insbesondere nachts staut sich die Hitze vielerorts, speziell in engen Gassen, die keine Bäume, dafür aber umso mehr Parkplätze aufweisen. Denn parkende Autos können zu einer Art Wärmespeicher werden. Es ist möglich, dass sich schon das Wageninnere bei Außentemperaturen von 30 Grad in einer Stunde auf 56 Grad aufheizt, berechnete der Verkehrsclub Arbö.

Auch unter den Fahrzeugen ist es im Sommer selten kühl. "Parkende Autos heizen sich nicht nur innen massiv auf, sondern auch außen, unterhalb der abgestellten Autos bildet sich ein Wärmepolster", sagt Lina Mosshammer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). In der Nacht werde diese Wärme an die Umgebung abgegeben, wodurch sie weniger abkühlt.

Zwischen Karosserie und Fahrbahn kann sich ein Wärmepolster bilden und die nächtliche Abkühlung konterkarieren.
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Versiegelte Flächen

Österreichweit sind rund 2.400 Quadratkilometer durch Asphalt und Bauflächen versiegelt. Zum Vergleich: Vorarlberg hat eine Fläche von 2.600 Quadratkilometern. In Wien stehen laut der Plattform "What the Street" allein für parkende Autos knapp 334 Hektar zur Verfügung. Das entspricht locker der doppelten Fläche des Schönbrunner Schlossparks.

Wie sich parkende Autos auf das Stadtklima auswirken, darauf gibt das Projekt "Greening Aspang" Hinweise. In diesem wurden Oberflächentemperaturen gemessen, und es wurde untersucht, wie stark sich etwa Fassaden oder auch die Karosserie von Autos erhitzen. Im Zuge des Projekts zeigte sich, dass auf jenen Flächen, auf denen über Nacht Autos standen, die Temperatur auch in den frühen Morgenstunden höher war als auf den Flächen, auf denen keine Autos parkten.

"Ursächlich dafür ist der Umstand, dass Autos eine ungehinderte Wärmeabstrahlung des Bodens in den Abend- und Nachtstunden verhindern", erklärt Isabel Auer, Expertin für Stadtklimatologie der Forschungseinrichtung Weatherpark. Diese Abstrahlung sei allerdings zentral für die Abkühlung von Flächen. So müsse dieser Effekt auch bei Maßnahmen zur Klimaanpassung in Städten berücksichtigt werden. Steht nun ein Auto auf einer aufgeheizten Fläche, staut sich darunter die Wärme.

Wärmeelement und Barriere für Kaltluft

Darüber hinaus ist jedes Auto ein zusätzliches wärmeabgebendes Element. Wobei hier die Farbe des Fahrzeuges eine wesentliche Rolle spielt. Im Gegensatz zu weißen Autos, die durch den Albedo-Effekt mehr Sonneinstrahlung reflektieren, absorbieren schwarze Fahrzeuge diese eher. "Sie nehmen also mehr Wärmeenergie auf, die in der Nacht abgegeben werden kann", sagt Auer. Nach dem Betrieb würde auch die Kühlung noch andauern – "und in dieser Zeit gibt ein Auto noch mehr zusätzliche Wärme in den Straßenraum ab".

Autos beeinflussen das Stadtklima nicht nur, wenn sie in Betrieb sind.
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Außerdem stellen Autos eine zusätzliche Barriere dar, die der Luftzirkulation im Straßenraum im Weg steht. Relevant ist das etwa in Wien, wo nächtliche Kaltluft beispielsweise aus dem Wiener Wald in die Stadt fließt und so auch innerstädtische Bereiche in heißen Nächten etwas kühlen kann. Je mehr Barrieren es gibt, desto weniger Kaltluft kann bis in die Innenstadt gelangen und desto weniger Menschen können von dieser Kaltluft profitieren.

"Parkende Autos haben also vermutlich einen Einfluss auf die Entwicklung städtischer Hitze, dieser ist allerdings schwer zu quantifizieren", sagt Auer. Fest stehe, dass Autos durch Straßen oder Parkplätze viel Fläche verbrauchen, die zumeist stark versiegelt sei. Dieser Aspekt führe dazu, dass Flächen stark überhitzt sind. "Außerdem verhindert die Flächennutzung durch Fahrzeuge, dass Maßnahmen gesetzt werden können, die dem Stadtklima zugutekommen", fügt sie hinzu.

Dringender Forschungsbedarf

Fachleuten zufolge besteht bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Problems dringender Aufholbedarf. Die wenigen Studien, die sich mit dem Zusammenhang zwischen städtischer Hitze und parkenden Autos beschäftigen, weisen stets darauf hin, dass in diesem Bereich ein ausgeprägter Forschungsbedarf besteht.

Eine Erhebung, die sich mit dem Einfluss von Fahrzeugen auf das Stadtklima beschäftigt, stammt von einem mexikanischen Forschungsteam, das seine Ergebnisse im August veröffentlichte. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter analysierten, wie sich Autos auf die Hitzeentwicklung in engen Häuserschluchten auswirken.

Wie sich zeigte, stieg die Temperatur in verbauten Straßen mit Ost-West-Ausrichtung pro zehn Autos um 0,5 Grad. In Häuserschluchten mit Nord-Süd-Ausrichtung betrug der Anstieg sogar 1,6 Grad. Aufgrund der Komplexität des Themas und der vielen Parameter, die dabei eine Rolle spielen – von der Ausrichtung einer Straße bis hin zu den Windverhältnissen –, rät das Team dringend zu weiterführenden Studien.

Zwölf Fußballfelder groß war die Fläche, die zwischen 2015 und 2020 im Schnitt jeden Tag für Gebäude, Straßen und Parkplätze verbaut wurde.
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Schwierige Erhebung

Wenn man den Effekt parkender Autos auf die Erhitzung von Städten messen will, müsste man exemplarisch einmal die Temperaturen in einer Straße messen, wenn dort Autos parken, und einmal, wenn in der gleichen Straße keine Autos parken. "Die Schwierigkeit besteht aber darin, beide Messungen bei den exakt gleichen meteorologischen Bedingungen durchzuführen", erklärt Auer. Diese Notwendigkeit erschwere Vergleichsmessungen ungemein.

"Im Modell kann ich diese meteorologischen Bedingungen in beiden Fällen gleich simulieren", erläutert sie. Dennoch sei es enorm komplex, da viele ausschlaggebende Faktoren zu berücksichtigen seien. Dazu zählt etwa, ob ein Auto gerade gefahren wurde, ob der Motor schon seit einiger Zeit nicht mehr gelaufen ist, die Zeitdauer, die ein Auto in der Sonne gestanden hat, ob Parkplätze beschattet sind oder nicht und auch, welche Farbe ein Auto hat.

Den Effekt parkender Autos auf die Hitzeentwicklung in der Stadt zu quantifizieren ist eine komplexe Aufgabe.
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Tödliche Tropennächte

Besser erforscht ist hingegen der Zusammenhang extremer Temperaturen und der Belastung, die sie für die Gesundheit darstellen. Die zunehmende Hitze in Städten stellt ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar, vor allem für ältere und schwache Menschen. Allerdings betonen Fachleute, dass die stetig steigenden sommerlichen Temperaturen auch für junge, gesunde Menschen bedrohlich werden können.

Dass extreme Hitze weltweit zu einer Übersterblichkeit führt, betonen Expertinnen und Experten seit mehreren Jahren. Verhältnismäßig unerforscht war hingegen der Einfluss, den Tropennächte auf die Sterblichkeit haben. In solchen Nächten sinkt die Temperatur nicht unter 20 Grad.

Ein Wissenschaftsteam der University of North Carolina (UNC) Gillings School of Global Public Health hat nun die Auswirkungen der nächtlichen Hitze untersucht. Die Forschenden führten eine Studie in 28 Großstädten im ostasiatischen Raum durch – die analysierten Orte reichen vom Norden Japans bis in den Süden Chinas.

Gestörte Schlafmuster

Den Ergebnissen der international besetzten Gruppe zufolge werden Tropennächte die Sterblichkeitsrate rund um den Globus bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 60 Prozent erhöhen. Nächtliche Hitze störe die normalen Schlafmuster bedeutend, schreiben die Wissenschafterinnen und Wissenschafter.

Derart beeinträchtigter Schlaf könne das Immunsystem schwer schädigen. Eine gestörte Nachtruhe erhöhe auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Krankheiten, Entzündungen und psychische Erkrankungen. Ihre Erkenntnisse publizierten die Forschenden im Fachmagazin "Planetary Health".

Wenn die Hitze in der Nacht den Schlaf raubt, kann das die Gesundheit bedeutend in Mitleidenschaft ziehen.
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Rekordverdächtiger Sommer

Mag die nächtliche Hitze noch nicht so sehr in den wissenschaftlichen Fokus gerückt sein, gibt es zur Zahl der Hitzetage ernüchternde Daten. Die Zahl der Tage mit über 30 Grad pro Jahr hat sich in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten verdoppelt bis verdreifacht. Was früher eine rekordverdächtige Ausnahmeerscheinung war, ist heute Durchschnitt.

Ohne globalen Klimaschutz ist in Österreich bis zum Jahr 2100 eine weitere Verdoppelung bis Verdreifachung der Hitzetage zu erwarten, wie eine Auswertung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigt.

Doch auch das Jahr 2022 könnte in die Geschichte eingehen: Nach einer aktuellen Aussendung der ZAMG könnte der heurige Sommer der drittwärmste der Messgeschichte werden. "Vor 1990 wären so viele Hitzetage wie heuer ein Rekord gewesen", sagt Klimatologe Alexander Orlik. So zeichnet sich weiteres Ungemach ab, denn auf heiße Tage folgen meist ungemütlich warme Nächte. (Marlene Erhart, 27.8.2022)