Wälder wirken sich auf mehreren Ebenen positiv auf die Gesundheit des Menschen aus.
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Bereits im österreichischen Kultfilm "Sissi" rät Herzog Max seiner Tochter: "Wenn du einmal Kummer und Sorgen hast, dann geh mit offenen Augen durch den Wald" – dass Wälder und Bäume eine beruhigende Wirkung auf den Menschen haben, ist also schon lange bekannt. Aber nicht nur das: In den letzten Jahrzehnten ist eine Vielzahl von weiteren gesundheitlichen Auswirkungen wissenschaftlich belegt worden.

Das Global Forest Expert Panel (GFEP), das zu der in Wien ansässigen International Union of Forest Research Organizations (IUFRO) gehört, legt nun einen umfassenden Bericht zum Thema Wald und Gesundheit vor. Der Forschungsbericht bewertet aus interdisziplinärer Sicht die komplexe Beziehung zwischen Wäldern und dem physischen, mentalen und sozialen Wohlbefinden der Menschen. Die Datenerhebung wurde von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in Auftrag gegeben.

Mehr Bäume, weniger Schmerz

Wälder, Bäume und Grünflächen können sich dreierlei auf die menschliche Gesundheit auswirken: körperlich, psychisch und sozial. Auf physischer Ebene reduzieren Wälder gewisse Risikofaktoren wie Fettleibigkeit, Luftverschmutzung, Bluthochdruck oder einen hohen Cholesterinspiegel. Zusätzlich tragen Waldflächen zur Kühlung von Städten bei: "Sie können die Temperaturen bis zu 3 °C senken, was bei Hitzewellen ein wichtiger Faktor ist", erklärt Cecil Konijnendijk, Hauptautor des Forschungsberichts.

Doch damit nicht genug: Wälder können sogar zur Schmerzlinderung beitragen, was sich Kliniken immer häufiger zunutze machen. Oft schafft der Wald eine positive Stimmung, was dazu beitragen kann, Schmerzen besser zu ertragen. Dabei können sich schon Waldbilder im Patientenzimmer oder der Ausblick aus dem Krankenbett auf einen Wald merkbar auswirken. Auch in Österreich bieten einige Rehabilitationskliniken Waldtherapien an.

Egal ob Wandern, Radfahren oder Jagen – der Wald gilt weltweit als ein Ort der Erholung.
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Auf mentaler Ebene ist schon lange bekannt, dass Wälder eine therapeutische Wirkung bei psychischen Erkrankungen wie Angstzuständen, depressiven Störungen oder ADHS haben können: "Aus früheren Studien wissen wir, dass es gut für unsere Gesundheit ist, Bäume zu sehen und im Wald zu sein. Wir sind weniger gestresst und kreativer. Probleme lassen sich besser lösen."

Kulturelle Vielfalt

Der Bericht thematisiert auch geistige Aspekte und versucht sie wissenschaftlich einzuordnen. Ein bislang weniger erforschter Aspekt, dem sich der Bericht widmet, ist die Auswirkung von Wäldern auf die soziale Gesundheit: "In einigen Kulturen hat der Wald eine hohe spirituelle Bedeutung. Spiritualität kann zum Wohlbefinden beitragen. Allerdings sind diese Effekte schwierig zu messen." Zur Erforschung der sozialen und spirituellen Wirkung des Waldes wird deshalb vor allem auf qualitative Methoden gesetzt. "Wir beobachten und sprechen mit Menschen, die eine besondere Verbindung zum Wald haben."

Die Nutzung von Wäldern variiert von Land zu Land – und damit auch das Ausmaß ihrer Bedeutung. Dennoch gibt es einige Dinge, die international gelten. "Natürlich liefern uns Wälder international gesehen in erster Linie den Rohstoff Holz. Davon abgesehen beherbergen sie aber auch eine enorme biologische Vielfalt. In vielen Gebieten der Erde steht außerdem der Schutz des Trinkwassers im Fokus, was indirekt zur Gesundheit beiträgt", erläutert Konijnendijk.

Was weltweit gilt: Der Wald ist ein Ort der Erholung – sei es zum Wandern, Radfahren oder Jagen. Und das auch in Ländern, die vegetationsbedingt keine natürlichen Waldgebiete aufweisen. "Gerade in Ländern im Nahen Osten werden Städte oftmals künstlich bepflanzt, weil die positiven Wirkungen von Grünflächen auf den Menschen bekannt sind – obwohl es dort von Haus aus keine starke Waldkultur geben kann."

Globaler Schutz notwendig

Wälder tragen nicht nur zu unserer Gesundheit bei, sondern spielen auch im Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle: Zum einen speichern sie eine große Menge Kohlenstoff, zum anderen regulieren sie den Wasserhaushalt und reduzieren die Luftverschmutzung. "Das ist vor allem in großen Städten wichtig", betont Konijnendijk. Umso wichtiger sei es deshalb auch, Wälder zu erhalten.

Von 2015 bis 2020 gingen jedes Jahr über zehn Millionen Hektar Wald verloren. Der Waldverlust ist hauptsächlich auf Rohstoffproduktion, Forstwirtschaft und Brände zurückzuführen. "Damit wir weiterhin von den positiven Auswirkungen profitieren können, müssen wir den Lebensraum Wald schützen." Der umfassende Bericht soll diese Dringlichkeit zum Schutz auch Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern deutlich machen.

Doch auch in der Forschung gibt es noch einiges zu tun: "Warum sich unsere psychische Gesundheit im Wald verbessert, wissen wir nicht. Es könnte mit Substanzen in den Pflanzen zu tun haben oder eine Art evolutionär-genetische Sache sein. Die genauen Mechanismen müssen noch erforscht werden." Konijnendijk hofft, dass der Bericht dazu beitragen kann, die Zusammenarbeit von Medizin und Forstwissenschaft zu stärken: "Ich wünsche mir, dass wir diese beiden Sektoren besser miteinander vernetzen. Gemeinsam können wir viel erreichen." (Anna Tratter, 21.3.2023)