Andrej Plenković feiert seinen Wahlerfolg.
Andrej Plenković feiert seinen Wahlerfolg.
IMAGO/Igor Soban/PIXSELL

Der größte Erfolg der kroatischen Parlamentswahlen, die erstmals an einem Mittwoch stattfanden, war die Beteiligung. Sie lag bereits am Nachmittag um 16 Prozentpunkte höher als im Jahr 2020 und insgesamt bei 62 Prozent, was für kroatische Verhältnisse viel ist. Dies zeigt, wie sehr die Parteien ihre Anhänger mobilisieren konnten. Tatsächlich war der Wahlkampf von einer starken Polarisierung zwischen den Sozialdemokraten (SDP) und der konservativen Regierungspartei HDZ geprägt, genauer gesagt zwischen dem sozialdemokratischen Staatschef Zoran Milanović und dem konservativen Premier Andrej Plenković, die zu einer Art "Kampf der Titanen" angetreten waren.

Die Inszenierung erwies sich am Ende aber doch als Fantasyfilm. Denn die Ergebnisse sind jenen von vier Jahren zuvor recht ähnlich. Die HDZ verlor zwar fünf Mandate im kroatischen Parlament, dem Sabor, liegt aber mit 61 Sitzen weit vorn. Die SDP-geführte Koalition wird 42 Mandatare entsenden können, einen Abgeordneten mehr als 2020. Die SDP konnte also nicht wirklich von der Polarisierung profitieren. Auch der Einsatz von Staatschef Milanović, der sich sogar zum Spitzenkandidaten machen wollte, bis ihm der Verfassungsgerichtshof dies untersagte, machte keinen besonderen Unterschied.

Video: Konservative Regierungspartei gewinnt Parlamentswahl in Kroatien.
AFP

Mehrheit gesucht

Klar ist jedoch: Die HDZ braucht mindestens sieben weitere Abgeordnete für eine Mehrheit im Sabor mit 151 Sitzen – die acht Minderheitenvertreter reichen für eine Regierungsbildung nicht aus. Plenković kündigte gleich nach den Wahlen an, mit der Regierungsbildung zu beginnen. Es wäre seine dritte Amtszeit als Premier. Der HDZ-Chef wird aller Wahrscheinlichkeit nach versuchen, mit Abgeordneten der rechtsextremen Heimatbewegung (DP) eine Koalition zu bilden. Die Rechtspopulisten verloren zwei Mandatare und stellen nun 14 Abgeordnete. DP-Chef Ivan Penava schloss Gespräche mit der HDZ am Wahlabend nicht aus, obwohl es ihm im Wahlkampf noch darum ging, die HDZ zu stürzen.

Es kann also sein, dass es zu einer formalen Koalition zwischen der HDZ und der DP kommen wird. Offen ist in diesem Fall, wie sich die Vertreter der serbischen Minderheit (drei Abgeordnete) verhalten werden. Denn die Heimatbewegung ist rassistisch antiserbisch. Sie schloss im Vorfeld der Wahlen sogar eine Zusammenarbeit mit den serbischen Minderheitenvertretern aus. Plenković wird wohl darauf bestehen, dass die serbischen Minderheitenvertreter Teil der Koalition werden. In der Folge wird er wohl den Rechtsradikalen in anderer Hinsicht entgegenkommen. Insgesamt kann deshalb ein noch stärkerer Rechtsruck der kroatischen Regierung erwartet werden. Auch der rechte Flügel innerhalb der HDZ wird durch die Zusammenarbeit mit der DP gestärkt, was für den moderaten Plenković machttechnisch nicht vorteilhaft ist.

Schwere Korruptionsfälle

Dazugewinnen konnten die Grünen – genannt "Možemo!" („Wir können das!"), die nun mit zehn Abgeordneten von insgesamt 151 Abgeordneten vertreten sein werden, drei mehr als vor vier Jahren. Für "Možemo!" ist das vor allem ein wichtiges Signal vor den Lokalwahlen kommendes Jahr. Seit 2021 hat die Hauptstadt nämlich einen grünen Bürgermeister. Vom Wahlverlust der HDZ profitierte auch die Partei Most ("Die Brücke"), die hauptsächlich aus enttäuschten früheren HDZ-Leuten besteht. Die vergangenen Jahre waren von schweren Korruptionsfällen von HDZ-Politikern geprägt, die den Staat ganz offenbar als eine Art Selbstbedienungsladen begreifen.

Der Chef der Sozialdemokraten, Peđa Grbin, räumte ein, dass er auf ein besseres Abschneiden gehofft hatte. Doch auch Grbin kündigte an, mit Gesprächen über eine Regierungsbildung zu beginnen. Die SPD hat allerdings nur dann eine Chance, eine Mehrheit um sich zu sammeln, wenn die HDZ dies nicht schnell zuwege bringt. Eine SDP-geführte Regierung wäre aber extrem heterogen – denn die Rechtsradikalen müssten Teil davon sein –, sodass ihre Stabilität grundsätzlich infrage steht. Unklar ist zudem, welches Programm eine solche Regierung umsetzen wollen würde. Denn die Vorstellungen der Sozialdemokraten und der Rechtsradikalen sind in vielen Bereichen praktisch nicht vereinbar. (Adelheid Wölfl, 18.4.2024)