Die ersten, harten Folgen des neuen ORF-Ethikkodex machten diese Woche die Runde durch den Boulevard: Der ORF habe einen Mitarbeiter wegen einer nicht genehmigten Nebenbeschäftigung hinausgeworfen. Aber: Das stimmt so nicht, beruhigt nun die Radio-Betriebsratschefin Gudrun Stindl in einer intern verschickten und dem STANDARD vorliegenden Mail an die Belegschaft. Ein Rauswurf wegen Nebentätigkeiten sei arbeitsrechtlich nicht möglich, beruhigt sie ihre Kolleginnen und Kollegen.

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Betriebsrat beruhigt ORF-Personal: Eine Kündigung wegen nicht genehmigter Nebentätigkeit sei arbeitsrechtlich nicht möglich.
Harald Fidler

"Nicht genehmigte Nebentätigkeit arbeitsrechtlich kein Kündigungsgrund"

Die betroffene Person habe sich "vom Unternehmen einvernehmlich getrennt", heißt es in der internen Rundmail, sie habe "das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen". Und: "Eine nicht genehmigte Nebenbeschäftigung war dabei Thema, hat aber mit der Auflösung ursächlich nichts zu tun."

Nach unbestätigten STANDARD-Informationen hat die Nebentätigkeit den Vorgaben des neuen ORF-Ethikkodex jedenfalls widersprochen. Aber, wie berichtet: Der Ethikkodex wurde zwar bereits als Dienstanweisung von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann verschickt, er tritt aber erst mit 1. Juni 2024 in Kraft. Dass zwei Ö3-Stars zudem zu einem "klärenden Gespräch" einbestellt wurden, weil sie eine Werbetätigkeit für eine Bank beim Antrag auf Nebentätigkeit nicht als Werbung deklariert haben, deutet jedenfalls auf eine härtere Gangart des Unternehmens hin, noch bevor der Ethikkodex formell in Kraft getreten ist.

ORF-Betriebsrätin Stindl betont nun in ihrer Mail an die Belegschaft: "Fakt ist: Eine nicht genehmigte Nebenbeschäftigung ist arbeitsrechtlich kein Grund für eine Kündigung und schon gar kein Grund für eine Entlassung. Wir hätten dagegen sofort rechtliche Schritte ergriffen, denn die aktuelle Rechtslage ist hier ganz klar."

Die Position im ORF-Betriebsrat unter Berufung auf Arbeitsrechtsexperten: Nebenbeschäftigungen könnten vom Dienstgeber nicht verboten werden, wenn damit das Arbeitszeitgesetz nicht verletzt würde und die Nebenjobs der Tätigkeit im Hauptberuf nicht entgegenstünden. Der Ethikkodex schließt Nebentätigkeiten aus, die geeignet sind, das Ansehen des ORF zu schädigen, in ihrem Umfang die Tätigkeit für den ORF beeinträchtigen oder auch einen Interessenkonflikt bedeuten. Nebenbeschäftigungen von redaktionellen Führungskräften seien besonders restriktiv zu handhaben, heißt es dort.

Ethikkodex "übrigens noch nicht in Kraft"

Der Ethikkodex sei "als Leitfaden für uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie für Führungskräfte zu verstehen", schreibt Stindl in ihrer Rundmail. Er sei "übrigens noch nicht in Kraft und hat daher mit den aktuellen Fällen nichts zu tun".

Der Betriebsrat finde den Kodex "prinzipiell in Ordnung", er sehe "klare Spielregeln vor". In strittigen Fällen sei der Betriebsrat beizuziehen. Aber: "Es werden noch viele Einzelfragen zu klären sein." Noch würden "Beratungen" mit Geschäftsführung und Zentralbetriebsrat des ORF darüber laufen. (Harald Fidler, 26.4.2024)