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Siegfried Hecker bei seinem Besuch der Nuklearanlage Yongbyon im Februar 2008.

Foto: AP/W.K. Luse

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Hecker bei einer Anhörung vor dem US-Senat.

Foto: epa/Shawn Thaw

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Nordkoreanischer Funktionär in der stillgelegten Anlage. Foto: Siegfried Hecker

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In dieser Grube stand ein Tank für gelöstes Uranerz. Foto: Siegfried Hecker

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Noch am Montag wurden im russischen Pazifikhafen Wladiwostok erste Strahlungsmessungen vorgenommen

Foto: AP

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Die Bildserie zeigt die Zerstörung des Kühlturms im Yongbyon.

Foto: Reuters/Kyodo

Professor Siegfried S. Hecker, der von 1986 bis 1997 das Atomforschungszentrum "Los Alamos National Laboratory" leitete, beschäftigt sich seit Jahren mit dem nordkoreanischen Atomprogramm und besuchte zuletzt 2008 das Forschungszentrum in Yongbyon. Im Gespräch mit Berthold Eder erklärt er, was bisher über den Atomtest am Montag bekannt ist und wie die Bedrohung durch die nordkoreanische Atombombe einzuschätzen ist.

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derStandard.at: In Ihrer Analyse für das Bulletin of the Atomic Scientists zitieren Sie eine Schätzung, dass beim nordkoreanischen Atomtest 2006 lediglich zwei Kilo Plutonium zur Detonation gebracht wurden. Was weiß man über den Versuch am Montag?

Siegfried S. Hecker: Wir wissen nicht, wieviel Plutonium sie diesmal verwendet haben. Ich halte aber auch die nordkoreanischen Angaben zum Test im Jahr 2006 für untertrieben. Zwei Kilo wären viel zu wenig.

derStandard.at: Kann man anhand der seismografischen Aufzeichnungen feststellen, ob am Montag wirklich ein Atomtest stattfand? Könnte eine Explosion dieser Größenordnung auch mit konventionellem Sprengstoff herbeigeführt werden, wie es die USA bei der "Operation Minor Scale" im Jahr 1985 taten?

Hecker: Wenn alle seismografischen Aufzeichnungen verfügbar sind, kann man das mit Sicherheit feststellen. Ich habe noch nicht alle Daten gesichtet, aber wir sind uns sicher, dass es ein Atomtest war.

derStandard.at: Die Angaben über die Stärke der Explosion schwanken zwischen drei und acht Kilotonnen TNT-Äquivalent. Wird man noch genauere Angaben treffen können, wenn die in die Luft freigesetzte Radioaktivität sich weit genug ausgebreitet hat?

Hecker: Uns liegen unterschiedliche Messwerte von verschiedenen Beobachtungsstationen vor, weshalb die Einschätzungen der Größenordnung sehr schwierig sind. Vor allem wissen wir nichts Genaues über die geologische Struktur des Testgeländes. Wir hoffen, in den nächsten Tagen eine genauere Analyse erstellen zu können. Für mich sieht es eher nach zwei bis maximal vier Kilotonnen aus. Durch Messung der Strahlung in der Luft werden wir definitiv sagen können, ob es ein Atomtest war, aber keine genaueren Daten über die Stärke der Explosion erhalten.

derStandard.at: Wenn es den Nordkoreanern gelingt, eine funktionierende Atombombe zu bauen, brauchen sie immer noch ein Transportmittel, um diese zu ihrem Ziel zu bringen. Wie schätzen Sie das nordkoreanische Raketenprogramm und den Start einer Rakete, die angeblich einen Satelliten transportieren kann, ein?

Hecker: Dieser Test hilft ihnen sicher, Fortschritte bei der Miniaturisierung ihrer Atomwaffe zu erzielen. Bis diese allerdings irgendwann auf eine Rakete passt, sind noch viele Raketen- und wahrscheinlich auch Atomtests nötig.

derStandard.at: Hätten die nordkoreanischen Bombenflugzeuge, die noch aus der Sowjetzeit stammen, eine Chance, die japanische oder südkoreanische Luftabwehr zu überwinden?

Hecker: Die Bomber könnten ihre jetzige Atomwaffe transportieren, hätten aber sicher Schwierigkeiten, bis Japan durchzukommen.

derStandard.at: Nordkorea besteht darauf, dass es Atomwaffen braucht, um mögliche Angreifer abzuschrecken. Was kann der Westen tun, um sie von der Nichtexistenz einer solchen Bedrohung zu überzeugen?

Hecker: Sie haben festgehalten, dass eine Normalisierung der Beziehungen zu den USA und Japan Voraussetzung wäre. Mit ihren jüngsten Aktionen haben die Nordkoreaner aber demonstriert, dass ihnen offenbar nicht allzu viel an dieser Normalisierung liegt.

derStandard.at: Nordkorea wird vorgeworfen, Syrien beim Bau des 2007 durch einen israelischen Luftangriff zerstörten Plutoniumreaktors unterstützt, mit Pakistan Raketen- gegen Urananreicherungstechnologie getauscht und dem Iran Scud-Raketen verkauft zu haben. Wie kann die Weitergabe von Nuklear- und Raketentechnologie eingeschränkt werden?

Hecker: Der Export von Atomtechnik, wie es beim Bau des syrischen Reaktors geschah, gibt Anlass zu größter Sorge. Wir sollten der Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und dem Iran besondere Aufmerksamkeit widmen. Dafür wäre allerdings die Unterstützung Russlands und Chinas erforderlich.

derStandard.at: Auf den Bildern ihres Besuchs im Reaktor Yongbyon tragen Sie einen in den USA hergestellten Schutzanzug. Wie sind die Sicherheitsvorkehrungen für die nordkoreanischen Atomtechniker?

Hecker: Die gesamte Schutzausrüstung für diesen Besuch wurde von den Amerikanern zur Verfügung gestellt. Die Sicherheitsvorkehrungen in Yongbyon sind äußerst primitiv. Sie haben den Komplex unter kriegsähnlichen Bedingungen betrieben.

derStandard.at: Im Juni 2007 haben die Nordkoreaner den Kühlturm in Yongbyon gesprengt. Wie lange würde es Ihrer Meinung nach dauern, die Anlage wieder in Betrieb zu nehmen?

Hecker: Ich schätze, dass es ungefähr sechs Monate dauern würde, den Kühlturm wieder aufzubauen und die Brennstäbe vorzubereiten. Dann könnten sie den Reaktor wieder in Betrieb nehmen und pro Jahr genug Plutonium für eine Bombe herstellen.