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Sprechen können sie nicht. Vielsagend sind die vermenschlichten Mäuse allemal.

Foto: APA/dpa/Jens Büttner

Leipzig - Seit wann können wir Menschen sprechen? Liegt unser Sprachvermögen in den Genen? Und verständigten sich schon die Neandertaler mittels Sprache? Das sind einige der Fragen, die den weltweit führenden Paläogenetiker Svante Pääbo und seine Kollegen am Max-Plack-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig umtreiben. Doch wie sollten sie sich je beantworten lassen?

Eine entscheidende Rolle könnte dem Gen FOXP2 zukommen, das 1998 bei genetischen Untersuchungen einer Londoner Familie entdeckt wurde. Zahlreiche Angehörige der Familie leiden unter schweren Sprachstörungen - und besitzen eine Mutation von FOXP2, das seitdem auch als das "Sprachgen" gilt.

FOXP2 findet sich freilich auch im Genom zahlreicher Wirbeltiere und auch in jenem von Schimpansen. Die menschliche Variante unterscheidet sich davon allerdings geringfügig. Kann es also tatsächlich sein, dass lächerliche zwei Aminosäuren den großen Unterschied machen?

Das ließe sich natürlich am besten dadurch testen, indem man Menschen eine Tier-Version von FOXP2 einbaut - was sich selbstredend verbietet. Die Leipziger Forscher gingen daher den umgekehrten Weg: Sie stellten Labormäuse her, die über eine menschliche Version des Sprachgens verfügten - und beobachteten die Tiere viele Monate lang.

Dabei zeigte sich Erstaunliches, wie die Forscher nun im Fachblatt Cell (Bd. 137, S. 961) berichten: Zum einen wiesen Mäuse mit dem menschlichen FOXP2-Gen Veränderungen im Gehirn auf, die in Studien zuvor mit der menschlichen Sprache in Verbindung gebracht wurden. Zum anderen gaben Mäusekinder, die man aus dem mütterlichen Nest entfernte, signifikant andere Töne im Ultraschallbereich ab als ihre "normalen" Mäusekollegen. Ansonsten waren die Mäuse normal und gesund und zeigten keine Auffälligkeiten.

Noch wisse man nicht genug über Maus-Kommunikation, um diese Veränderungen genau einschätzen zu können, sagte Koautor Wolfgang Enard. Entsprechend könne man im Moment nur darüber spekulieren, welche Effekte die Mutationen von FOXP2 für die menschliche Evolution hatten.

Eines immerhin wissen die Leipziger Paläogenetiker jetzt schon sicher: Bei Analysen der Neandertaler-DNA zeigte sich, dass auch unsere Verwandten über die menschliche FOXP2-Version verfügten. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29. Mai 2009)