SCEE-Boss Andrew House ist zuversichtlich, dass die neue PS3 das Videospielgeschäft beleben wird.

Foto: Sony/Markus Nass

Mit der Preissenkung der PlayStation 3 und der Einführung eines neuen Modells will der Elektronikkonzern sein Videospiel-Geschäft wieder voll durchstarten. Rückenwind erhält man von einem breiten exklusiven Spieleportfolio, neuen Online-Diensten und einem neuen Wii-Rivalen mit dem Codenamen "Motion Controller". Gleichzeitig lassen sich einige Probleme mit manchen Drittherstellern nicht ignorieren, die ihre Spiele aus Kostengründen lieber für Konkurrenzplattformen anbieten. "Mit steigenden Verkaufszahlen wird es schwer unser Publikum zu ignorieren", sagt Andrew House, Europa-Chef von Sony Computer Entertainment, im Gespräch mit Zsolt Wilhelm.

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derStandard.at: Was erwarten Sie sich von der PlayStation 3-Preissenkung?

House: Wir erwarten uns einen signifikanten Anstieg der Verkaufszahlen.

derStandard.at: Können Sie konkrete Zahlen nennen?

House: Nein, fragen Sie mich nächste Woche. (lacht) Im ernst, es ist wirklich gefährlich Prognosen zu treffen. Aber wir wissen von vorangegangenen Preissenkungen in diesem Ausmaß, dass sie eine unmittelbare, signifikante Auswirkung haben - etwa die Verdoppelung der Absatzzahlen. Ob es mehr oder weniger sein wird, werden wir in den nächsten paar Wochen sehen.

derStandard.at: Erwarten Sie die Konkurrenz zu übertreffen?

House: Nun, da ist in erster Linie ein Mitbewerber...

derStandard.at: Microsoft...

House: Ja, wir haben bisher schon auf Augenhöhe mit ihnen verkauft, trotz eines signifikanten Preisunterschiedes (PS3 bisher ab 400 Euro, Xbox 360 ab 180 Euro). Die Preissenkung (auf 299 Euro) verschafft uns eine deutlich bessere Ausgangslage.

derStandard.at: Sony hat bisher ein Vermögen mit der PlayStation 3 verloren, so wie auch Microsoft mit der Xbox 360. Ist die neue PS3 nun gewinnbringend oder zumindest kostendeckend bepreist?

House: Vorweg, wir haben in unserem jüngsten Geschäftsbericht vorgewiesen, dass das Bruttoergebnis unseres Videospiel-Geschäfts positiv ist. Wir haben uns auch entschieden keine Preiskürzung an einem bestehenden Produkt vorzunehmen, sondern ein neues Modell auf den Markt zu bringen, das klar von Kosteneinsparungen profitiert, die wir an den Konsumenten weiterreichen können. Wir haben diesen Schritt definitiv mit Rücksicht auf das Geschäft vollzogen.

derStandard.at: Activision-Boss Robert Kotick drohte Ende Juni, sein Konzern ziehe in Erwägung die PS3 nicht weiter zu unterstützen, sollten die Absatzzahlen nicht deutlich anziehen...

House: Ich denke, wir sollten uns die Verkäufe in den kommenden Monaten anschauen. (lacht)

derStandard.at: Wirkt diese Aussage nicht sehr bedrohlich?

House: Ich kenne Bobby seit vielen Jahren und er hat eine sehr aggressive Grundhaltung (wirtschaftlich gesehen). Seine Statements erzeugen Aufmerksamkeit und das ist es wohl, was er wollte. Allerdings möchte ich herausstreichen, dass unsere Installationsbasis in Europa gerade die 10-Millionen-Marke überschritten hat (24 Mio. weltweit) und die Verkaufszahlen unserer Konkurrenten keinen positiven Trend eingeschlagen haben.

derStandard.at: Sonys auch nicht...

House: Dennoch, unsere Reaktion (in Form des Redesigns) war nicht kurzfristig geplant und wir haben, einige Male bewiesen, dass wir eine Langzeitstrategie verfolgen. Hier spielt auch der kontinuierliche Ausbau des PlayStation Networks eine Rolle, über das wir den Mehrwert der Konsole kontinuierlich vergrößern können.

derStandard.at: Lassen Sie mich später darauf zurückkommen. Um bei der Aussage Koticks anzuschließen, es scheint so als würden manche Dritthersteller die PS3 umschiffen und aus Kostengründen lieber nur für PC und Xbox 360 entwickeln. Bestes Beispiel hierfür ist der Half-Life-Erfinder Valve. Denken Sie, Sony hat ein Problem mit Drittherstellern?

House: Unsere Aufgabe ist es, dem Konsumenten einen Mehrwert zu bieten und so die Installationsbasis zu vergrößern, um Dritthersteller davon zu überzeugen, an Bord zu kommen. Und mit steigenden Verkaufszahlen wird es schwer dieses Publikum zu ignorieren.

derStandard.at: Sie meinen, es wird schwer die PS3 zu ignorieren?

House: Das denke ich. Aber ich glaube auch, wir haben auf der E3 bewiesen, dass wir sehrwohl einige exklusive Titel von Drittherstellern wie Rockstar Games (Agent) und Square Enix (Final Fantasy XIV Online) vorweisen können.

derStandard.at: Kommen wir zum PlayStation Network zurück. Im Zuge der GamesCom haben Sie zahlreiche neue Dienste vorgestellt, wie den PlayStation Reader, den VideoStore oder die PSP Minis. Aber im Gegensatz zu Microsoft und Nintendo hat Sony keine Integration von sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter angekündigt. Glauben Sie, ist das nicht notwendig?

House: Dass wir es nicht angekündigt haben, bedeutet nicht, dass wir es nicht für notwendig erachten. Wir haben aber mit der Online-Welt Home bereits ein Äquivalent zu sozialen Netzwerken im Programm.
Wir sind in jedem Fall sehr interessiert an Kommunikationsplattformen, nur wollen wir auch nichts überstürzen. Die Integration sollte einen Mehrwert für Spieler und Games mit sich bringen und sobald wir soweit sind, werden auch wir diese Richtung einschlagen.

derStandard.at: Wird es eine Facebook-Unterstützung geben?

House: Ich kann dazu keine Stellungnahme abgeben, aber es wird mehr in diesem Bereich geben.

derStandard.at: Sie sind vorher auf den neuen VideoStore zu sprechen gekommen. Weshalb hat es so lange gedauert, bis er nach Europa gekommen ist und weshalb müssen kleinere Länder wie Österreich noch ein Jahr länger warten?

House: Europa ist ein komplexer Markt. Jedes Land hat eigene Urheberrechtsverhältnisse und die Steuersetzung variiert stark. Ein anderer Grund dafür ist, dass wir als einziger Konsolenhersteller die Unterstützung von allen Major-Studios aus Hollywood haben. Aber gleichzeitig müssen wir, sofern wir ein wirklich robustes Angebot haben wollen, das Portfolio mit lokalen Inhalten ausbalancieren und es braucht seine Zeit, um diese Beziehungen aufzubauen. Den kostenlosen Musikvideo-Dienst Vidzone haben wir auch zuerst in wenigen Ländern gestartet und werden ihn dieses Jahr auch nach Österreich bringen.

derStandard.at: Weil Sie vorher von Home sprachen. Glauben Sie, 7 Millionen Downloads sind für eine Gratis-Applikation ein Erfolg?

House: Die Verbreitung wird sich steigern, auf der anderen Seite verzeichnen wir bereits jetzt schon eine durchschnittliche Verweildauer von einer Stunde pro Nutzer. Ich glaube, der Vorteil von Home im Gegensatz zu anderen Online-Welten ist, dass es rund um Spiele aufgebaut wurde. Und die Aufenthaltsdauer wird im Endeffekt entscheidend für unsere Werbekunden und Brands sein. Sehen Sie sich etwa EA oder Capcom an, die schon sehr umfangreiche Angebote in Home gelauncht haben. Das ist interessant für sie, weil sie eine enge Bindung zu ihrer Kernspielerschaft aufbauen können.

derStandard.at: Home war doch als Kommunikationsplattform gedacht, wenn ich mich recht entsinne. Aber jedes Mal, wenn ich Räume wie von EA besuche, sehe ich nur Avatare, die gerade irgendetwas (alleine) spielen.

House: Nun, wir geben den Konsumenten offensichtlich, was sie haben wollen. (lacht) Ich kann natürlich nicht kontrollieren, was die Leute in Home machen. Wir ermutigen aber mit unseren eigenen Angeboten die Besucher miteinander zu spielen.

derStandard.at: Plant Sony Home auf andere Plattformen wie die PSP zu erweitern? Wie wäre es mit Status-Updates und dergleichen?

House: Das Potenzial ist da. Worauf Sie anspielen ist, dass wir einen besseren Job machen müssen, wenn es darum geht, die PS3 und die PSP miteinander zu verbinden. Mit dem VideoStore und dem Reader machen wir die ersten Schritte in diese Richtung. Der Ausbau unseres PlayStation Networks ist uns ein großes Anliegen, worauf auch die von Howard Stringer geäußerte Strategie des gesamten Sony-Konzerns abzielt.

derStandard.at: Wird Sony weiterhin den Weg eines kostenlosen Netzwerks verfolgen, sodass Online-Spielen etwa nachwievor ohne Zusatzkosten verbunden ist?

House: Ich glaube, es muss einen Mix aus freien Diensten und Premium-Angeboten geben.

derStandard.at: Aber es wird bei Online-Gaming keinen Bezahl-Service wie bei Xbox Live geben?

House: Wir haben einen ganz anderen Weg eingeschlagen, da wir denken, dass ein gebührenpflichtiger Dienst eine große Einstiegsbarriere darstellt und sein eigenes Potenzial limitiert. Ich denke, man muss den Leuten die Möglichkeit geben, gewisse Dinge ausprobieren zu können, bevor sie sich entscheiden vielleicht ein Premium-Angebot wahrzunehmen.

derStandard.at: Kommen wir zur PlayStation Portable Go: Glauben Sie, dass der Preis von 250 Euro gerechtfertigt ist?

House: Wir sind sehr zufrieden mit dem Startpreis. Von unserem Kundenfeedback wissen wir, dass es ein sehr begehrtes Gerät ist. Natürlich würden wir mehr verkaufen, wäre der Preis niedriger, aber wir glauben, dass die PSP Go es Wert ist. In Europa bieten wir noch dazu ein Bundle mit dem Rennspiel "Gran Turismo Portable" an, zum selben Preis wie das Stand-alone-Kit. Gleichzeitig versuchen wir den Mehrwert durch einen anderen Service zu erhöhen: Mit "Minis for PSP". So erhält man Zugang zu einer Reihe sehr günstiger Spiele für Zwischendurch.

derStandard.at: Für mich sieht es so aus, als würde Sony die PS3-Preissenkung mit dem hohen Preis der PSP Go stützen...

House: Ich glaube nicht, dass es so einfach ist. (lacht) Nein, ganz ehrlich, wir haben uns zur Profitabilität bekannt und das umfasst alle Bereiche unseres Videospiel-Geschäfts, seien es PSP Go, PS3, Spiele oder Peripheriegeräte.

derStandard.at: Apropos Peripheriegeräte: Sony hat auf der GamesCom nur einen kurzen Spiele-Trailer zum kommenden Motion-Controller gezeigt. Warum hat es damit überhaupt so lange gedauert?

House: Wir wollen die Technologie erst auf den Markt bringen, wenn die Qualität stimmt. Das umfasst die Präzision des Gerätes genauso wie den Umfang des Angebots.

derStandard.at: Haben Sie nicht eher abgewartet, ob Nintendos Wii auch tatsächlich ein Erfolg wird und der Markt sich überhaupt auszahlt?

House: Nein, so ist es nicht. Man darf nicht vergessen, dass bevor die Wii überhaupt auf den Markt kam, hatten wir mit EyeToy bereits eine Motion-Gaming-Plattform.
Mit dem Motion-Controller wollen wir neue Erfahrungen kreieren, um neue Zielgruppen zu erschließen. Gleichzeitig wollen wir aber auch Wege finden, um einen Mehrwert für existierende Spiele zu bringen.

derStandard.at: Im neuen GamesCom-Trailer war doch auch ein Ausschnitt aus Harry Potter zu sehen oder irre ich mich da?

House: Ich glaube, das war nicht Harry Potter sondern ein Spiel, dass auf einem magischen Zauberstab basiert. Ich komme in Teufelsküche mit den Kollegen von Warner Bros. wenn ich behaupten würde, es wäre Harry Potter.

derStandard.at: Sie haben gesagt, dass man existierende Spiele mit dem Motion-Controller bereichern könnte. Heißt das, es könnten auch ältere Games mit dem Motion-Controller gespielt werden?

House: Nein, aber es wäre schön, wenn das auf magische Weise möglich wäre. (lacht) Uns ist es aber wichtig mit dem Motion-Controller nicht nur ein einziges Genre zu bedienen. Von den Spielentwicklern hören wir, dass sie ihn für eine breite Palette an Games nutzen möchten.

derStandard.at: Welche Art von Spielen können wir uns also erwarten?

House: Um das zu erfahren, müssen Sie auf die Tokyo Game Show warten.

derStandard.at: Mehr als nur eine Wii Sports-Kopie?

House: Wir werden mehr zu bieten haben.

derStandard.at: Was halten Sie eigentlich von Microsofts "Project Natal"?

House: Ich bin gespannt, wann sie damit an den Start gehen werden.

derStandard.at: Sie glauben nicht, dass sie es bis Ende 2010 schaffen werden?

House: Microsoft war zumindest sehr vorsichtig auf der E3 keinen Termin zu nennen.

derStandard.at: Und Sony wird seinen Termin mit Frühling 2010 halten können?

House: Dazu stehen wir.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at. 23.8.2009)