Ein Hund kann für Kinder mit Bindungsproblemen ein wertvoller Unterstützer sein

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Wien - Eine Forschungsgruppe aus Österreich, Deutschland und der Schweiz hat erstmals wissenschaftlich fundiert - über Messung des Stresshormons Kortisol - die ursächlichen Gründe für die Wirkung von Tieren auf unser Wohlbefinden ermittelt. Die viel beachtete Studie wurde am Internationalen IAHAIO-Weltkongress über die Mensch-Tier-Beziehung in Stockholm präsentiert.

Der konkrete Nachweis gelang Andrea Beetz und Henri Julius, Psychologen der Universität Rostock und Kurt Kotrschal, Biologe an der Universität Wien im Rahmen von Untersuchungen zu der Frage, ob bei Kindern ein Zusammenhang zwischen dem Stresshormon Kortisol und der Anwesenheit von Hunden festgestellt werden kann. Die Kinder stammen alle aus problematischen und instabilen Familienverhältnissen (vernachlässigt, misshandelt, missbraucht).

Psychologischer Hintergrund

Diese Kinder können wenig bis gar kein Vertrauen mehr zu Erwachsenen aufbauen, womit auch Therapien äußerst schwierig durchzuführen sind. Ein Kind, das so unsicher gebunden ist, wird davon ausgehen, dass es mit allen Erwachsenen (Lehrern, Therapeuten etc.) genauso schlechte Erfahrungen macht wie mit den bisherigen Bezugspersonen. Das ist auch der Hauptgrund, warum Therapeuten oder Lehrer nur wenig bis gar keinen Zugang zu diesen Kindern finden, erklären die Forscher in einer Aussendung.

Forschungssituation

Die Kinder wurden dazu in eine Art Prüfungssituation gebracht, die kontrollierten Stress erzeugt ("Trierer Stresstest"). Es wurden drei Gruppen gebildet, einer stand eine freundliche junge Person hilfreich zur Seite, einer anderen ein Stoffhund und der dritten ein richtiger Hund. Die aus Speichelproben gemessenen Werte des Stresshormons Kortisol zeigen, dass diese Kinder aus den Situationen mit dem Erwachsenen und dem Stoffhund gestresster herauskamen, als sie zu Beginn waren. In der Hunde-Gruppe war das nicht der Fall. Die Kinder gingen mit einem relativ hohen Kortisolspiegel in die Testsituation hinein, der im Verlaufe des Tests kontinuierlich abfiel. Sie waren am Ende des Tests mit Hilfe des Hundes also deutlich entspannt und der Kortisolwert fiel unter den Ausgangswert.

"Vierbeinige Therapeuten"

Dies war allerdings nicht bei allen Kindern der Fall. Das Ausmaß der Stressminderung hing davon ab, wie intensiv sich die Kinder auf den Hund einließen. Die bloße Anwesenheit des Hundes als soziale Unterstützung reichte nicht aus, sondern die Kinder mussten sich die positive Wirkung quasi durch ihren Bezug auf den Hund selbst abholen.

Ein Hund kann also besonders für Kinder mit Bindungsproblemen ein wertvoller Unterstützer sein. Damit konnte erstmals ein Mechanismus wissenschaftlich nachgewiesen werden, der erklärt, warum Tiere und hier im speziellen Hunde als wertvolle "vierbeinige Therapeuten" rasch und effizient Hilfe leisten können, wo Menschen die Türen zu verletzten Kinderseelen oft lange verschlossen bleiben.

Rolle des "Wohlfühlhormons"

Aufbauend auf diese ersten Erkenntnisse werden die Wissenschafter besonders der Frage nachgehen, welche Rolle das auch als "Wohlfühlhormon" bezeichnete Oxytocin in diesem Zusammenhang spielt. Für die Praxis eröffnen die Resultate der Wissenschaftler wesentlich bessere Voraussetzungen, den Einsatz von Tieren in therapeutischen und pädagogischen Umfeldern gezielt zu planen und noch besser auf die Bedürfnisse von Menschen und Tieren abzustimmen. (red)