Innsbrucker Forscher nahmen DNA-Proben von Leopold III. (oben) und seiner Frau Agnes (unten) und verglichen sie mit dem Erbmaterial des vermeintlichen Adalbert. So konnte die Verwandtschaft geklärt werden.

Fotos: Michael Himml, Peter Böttcher
Fotos: Michael Himml, Peter Böttcher

Die am vergangenen Wochenende im Niederösterreichischen Landesmuseum in St. Pölten angelaufene Ausstellung "Hl. Leopold - Mensch, Politiker, Landespatron" befasst sich mit der schillernden Person Leopold III.

Zu Lebzeiten zeichnete er sich unter anderem durch seine erfolgreiche Heiratspolitik aus, 1485 wurde er heiliggesprochen, und seit 1663 ist er Landespatron von Niederösterreich. Doch während sein Leben einigermaßen gut dokumentiert ist, bleiben Details zur Herkunft wie zum Verbleib seines erstgeborenen Sohnes Adalbert umstritten. In diesem Fall ist einmal nicht der Vater unsicher, sondern die Mutter.

Die Schleierlegende

Im Jahr 1105 heiratet der Babenberger Markgraf Leopold III. die Kaisertochter Agnes von Waiblingen. Wer in Wien oder Niederösterreich zur Volksschule gegangen ist, kennt die sogenannte Schleierlegende: Ein Windstoß habe der Braut auf der Burg auf dem Leopoldsberg den Schleier fortgerissen, und Leopold habe gelobt, an der Stelle, an der er ihn finde, ein Kloster bauen zu lassen.

Neun Jahre später sei der Schleier unversehrt auf einem Holunderbusch aufgetaucht - dort entstand Klosterneuburg. Die Ehe erwies sich nicht nur als politisch fruchtbar - die Babenberger konnten dadurch sowohl ihren Besitz als auch ihre gesellschaftliches Ansehen deutlich vermehren -, sondern auch im klassischen Sinne: Ihr entsprangen 17 Kinder.

Fraglich ist dabei, ob Adalbert, Leopolds ältester Sohn, eines davon war. Die Babenberger-Forschung nahm bisher nämlich an, dass er aus Leopolds erster Ehe stammte. Das wichtigste Argument dafür ist, dass nicht Adalbert beim Tod seines Vaters dessen Nachfolge antrat, sondern ein anderer Sohn von Leopold und Agnes. Adalbert blieb, was er war, nämlich Vogt, also der rechtliche Vertreter, des Stiftes Klosterneuburg und aller anderen Klöster, die seinem Vater unterstanden. Bis vor kurzem musste die Frage nach Adalberts Mutter ungeklärt bleiben. Doch dank der Fortschritte in der forensischen Medizin ist es heute oft möglich, auch anhand von sehr altem Erbgut einen Vater- oder in diesem Fall Mutterschaftstest zu machen.

Erbgut aus alten Knochen

Um Adalberts Abstammung ein für alle Mal zu klären, beauftragte das Stift Klosterneuburg Walther Parson vom Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck mit einer DNA-Analyse der beteiligten Personen. Parson und seine Mitarbeiter erhielten für ihre Untersuchungen je einen Oberschenkelknochen von Leopold, Agnes und Adalbert, die einzeln in Grabkammern im Stift Klosterneuburg bestattet wurden.

Die Forscher entnahmen jeweils ein kleines Knochenstück daraus, um an das mehr als 800 Jahre alte Erbgut zu gelangen. "Bei der Extraktion so alter DNA muss man im Labor sehr geschickt sein und sehr sauber arbeiten, um Verunreinigungen zu vermeiden", erklärt Parson. Dazu gehören nicht nur Mund- und Haarschutz, doppelte Handschuhe, Gamaschen usw., sondern "man darf sich mit den Handschuhen auch nicht an den Mund oder an die Nase greifen", wie Parson weiter ausführt, "außerdem muss man alles in der richtigen Reihenfolge machen, sonst werden die Ergebnisse eventuell verfälscht."

Parsons Dissertantin Christiane Bauer, die das heikle Unterfangen besorgte, machte alles richtig: "Alle Kontrollwerte passen", freut sich Parson, "bei einem modernen Vaterschaftstest könnten sie auch nicht besser sein."

Herausgekommen ist allerdings nicht das, was die Historiker erwartet hatten: Laut der DNA-Analyse ist Adalbert eindeutig nicht nur der Sohn von Leopold, sondern auch von Agnes. Unter diesen Umständen hätte es allerdings keinen Grund gegeben, ihn bei der Erbfolge zu übergehen. " Außerdem hätte Adalbert dann schon in einem Alter Funktionen ausgeübt, in dem das nicht geht", wie Historiker Karl Holubar vom Stift Klosterneuburg erklärt, "er wäre zum Beispiel schon mit zwölf Jahren Vogt gewesen. Möglicherweise ist der Adalbert, der in Klosterneuburg liegt, in Wirklichkeit sein Bruder Ernst."

Der falsche Tote

Aus diesem Grund ließ man noch ein zweites Skelett untersuchen: Es stammte aus einem Grab im Stift Heiligenkreuz, in dem laut Grabplatte Adalbert und Ernst liegen sollten, das aber nur ein Skelett beherbergt. Wie die Innsbrucker Gerichtsmediziner herausfanden, war dieser Tote jedoch weder mit Leopold noch mit Agnes verwandt.

Ob der "Adalbert" in Klosterneuburg nun der echte ist oder nicht, kann die Genetik nicht beantworten. "Wir können nur sagen, dass das Skelett, das mit Leopold und Agnes bestattet ist, eindeutig ein Sohn der beiden ist", betont Parson, der Erfahrung mit unerwarteten Ergebnissen seiner Arbeit hat.

Seit die Innsbrucker Forscher 2009 zwei vermeintliche Schädel Schillers untersuchten, liegt Goethe allein in der Weimarer Fürstengruft: Beide Schädel stammten eindeutig nicht von seinem berühmten Kollegen. (Susanne Strnadl, DER STANDARD, 27.02.2013)