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Die Arbeit am Computer verlangt der Fingermuskulatur einiges ab.

Bei Hunden, Pferden und Widerkäuern ist die Arteria mediana von jeher eines der stärksten Gefäße in den vorderen Extremitäten. Klar, tragen diese Säugetiere doch das Körpergewicht entscheidend mit. Dem aufrechten Gang hat es der Mensch zu verdanken, dass die Blutgefäße in den Armen, verglichen mit denen in den unteren Extremitäten, eher zart angelegt sind. Zumindest war das bis zuletzt so.

Als Säugetier ist auch dem Menschen die Arteria mediana nicht ganz fremd. In der embryonalen Entwicklung ist dieses Gefäß sogar jedem zu Eigen, allerdings bildet es  sich in den meisten Fällen spätestens bis zur Geburt zurück. Die Blutversorgung der Hand wird fortan von der Arteria radialis und ulnaris übernommen.

Bei 10 Prozent der Menschen war das schon Anfang des 20. Jahrhunderts nicht so. Sie waren auch im Erwachsenenalter noch im Besitz der Mittelarterie. Neuerdings persisitert die Arteria mediana immer häufiger. Schon Ende des 20. Jahrunderts waren es 30 Prozent der erwachsenen Bevölkerung, wie der Humanbiologe Maciej Henneberg von der australischen University of Adelaide 1992 entdeckte.

Vermehrte Fingerarbeit

Ob das am Computerzeitalter liegt? Hat das permanente Tippen auf der Tastatur etwa eine zusätzliche Blutversorgung der Fingermuskulatur erforderlich gemacht?

"Am Computer arbeiten Menschen erst seit wenigen Jahrzehnten. Ihre Anatomie kann sich in dieser kurzen Zeit nicht verändert haben," sagt Franz M. Wuketits, Philosoph und Vorstandsmitglied des Konrad-Lorenz-Instituts für Evolutions- und Kognitionsforschung im niederösterreichischen Altenberg. Die Hintergründe dafür, dass immer Menschen im Besitz dieser Gefäßnormvariante sind, sind also nicht ganz so eindeutig.

Fakt ist, die Arteria mediana bringt nicht nur Vorteile. Im Gegenteil, die anatomische Gefäßvariante ist immer häufiger ursächlich an der Entstehung des schmerzhaften Karpaltunnelsyndroms (KTS) beteiligt.

Druck auf den Nervus Medianus

Der Karpaltunnel ist eine Röhre, die sich vom Unterarm zur Handinnenfläche erstreckt. Die Handwurzelknochen bilden Boden und Seitenwände des Tunnels, ein breites Band (Retinaculum flexorum) spannt sich als Dach darüber. Im Inneren verlaufen neun Beugesehnen und ein Nerv (Nervus medianus).

Befindet sich die Arteria mediana in diesem Tunnel, dann kann es eng werden für den Nervus medianus und ein Kompressionssyndrom (Karpaltunnelsyndrom) entsteht. Langfristig führt die Erkrankung zur Schwäche der Handmuskeln, insbesondere aber zu einer Funktionsverminderung des Daumens. Spätestens dann ist eine Operation unvermeidbar. Das Retinaculum wird im Zuge dessen gespalten. Die Arteria mediana darf bleiben und als Energielieferant für die Fingermuskulatur weiter ihre Arbeit tun. (Regina Walter, derStandard.at, 4.7.2013)