"Battle for Wesnoth"

Foto: Screenshot
Foto: Screenshot
Foto: Screenshot
Foto: Screenshot

Zehn Jahre sind eine lange Zeit - umso mehr im kurzlebigen Medium Videospiele. Wenn ein Titel ein ganzes Jahrzehnt lang Hunderte freiwillige Mitgestalter und Tausende begeisterte Spieler um sich vereinen kann, ist das schon etwas ganz Besonderes: Im Juni 2003, also vor über zehn Jahren, beginnt die Geschichte eines ganz besonderen Gratisspiels, als der gebürtige Australier David White die erste Version von "Battle for Wesnoth" zum Download bereitstellt. Das Fantasy-Rundenstrategiespiel ist inspiriert von den Sega-Mega-Drive-Klassikern "Warsong" und "Master of Monsters", wird Strategiefreunde aber auch an die ewige Klassikerreihe "Heroes of Might & Magic" erinnern.

Wie bei so vielen großen Titeln gilt: Die besten Spiele sind jene, die einfach zu erlernen, aber schwer zu meistern sind. Wie in den großen kommerziellen Vorbildern steuert der Spieler auch in "Battle for Wesnoth" unterschiedliche Fantasy-Einheiten auf Hexfeldkarten rundenweise in strategische Schlachten; Einheiten können befördert, Nachschubtruppen in Burgen gegen Gold erworben werden. Dreh- und Angelpunkt jeder Schlacht sind die Helden: Der eigene muss unter allen Umständen beschützt, der gegnerische möglichst rasch getötet werden. Tag-Nacht-Wechsel, Terrain, Zauber und gescriptete Ereignisse während der Schlachten lassen die an sich simple Grundidee zu zunehmend kniffliger werdenden Angelegenheiten werden, in denen auch das Würfelglück eine gewisse Rolle spielt.

Freeware-Gigant

"Battle for Wesnoth" hat sich in zehn Jahren vom kleinen Ein-Mann-Hobby zum riesigen Mammutprojekt gewandelt, an dem neben hunderten Freiwilligen auch Szene-Größen der Open-Source-Welt wie Eric S. Raymond und Rusty Russell mitgearbeitet haben. Sechs Spielerfaktionen mit über 200 unterschiedlichen Einheitentypen, 16 Kampagnen und weit über 100 Stunden Spielzeit bietet schon allein der Standard-Download, und dank ausgefeiltem Editor stehen auch nach Abarbeiten dieser liebevoll erzählten Feldzüge in steigendem Schwierigkeitsgrad unzählige von der Community programmierte Zusatzkampagnen zum Download bereit. Auch gegen menschliche Spieler kann man antreten - entweder online oder lokal per "Hot-Seat"-Modus.

Besonders erfreulich: Die "Wesnoth"-Community hat sich den Ruf erarbeitet, besonders freundlich und auch Einsteigern gegenüber sehr zuvorkommend zu sein - keine Selbstverständlichkeit im oft ruppigen Netz. Es gibt inzwischen eine Lokalisierung in 50 Sprachen und das alles kompatibel mit Windows, Mac, Linux, RISC OS, BeOS und viele weitere Betriebssysteme - es existiert inzwischen kaum ein Gerät, auf dem das Freeware- und Open-Source-Phänomen nicht gespielt werden kann.

Gratis - außer für iOS

Auch die Portierung auf mobile Plattformen ist weit vorangeschritten, doch hier stieß die Community auf eigentlich erwartbare Hürden. Die iOS-Portierung des Rundenstrategieklassikers etwa war begleitet von ideologischen Diskussionen: Wie vertragen sich Apples restriktive Store-Politik und der freie Geist der GNU-GPL-Philosophie? Nach anfänglichem Drama haben sich inzwischen jedoch auch die Wogen geglättet; erwartbarerweise muss für die Version für Apple-Geräte jedoch im Unterschied zu allen anderen Versionen bezahlt werden. Eine vollständige, kostenlose Android-Version kann nicht direkt via Play-Store, sondern aus dem Netz bezogen werden.

Abgesehen von diesen ideologischen Grabenkämpfen gibt es allerdings für die Nutzer der allermeisten anderen Betriebssysteme eigentlich keine Ausreden: Nicht nur Freunde klassischer Rundenstrategie, sondern eigentlich alle Spieler mit Interesse abseits reiner Hochglanzgrafik sollten einen Blick auf "Battle for Wesnoth" werfen - ein Spiel, das nicht nur gratis, sondern nach runden zehn Jahren immer noch ein aktiv betreuter, eigentlich zeitloser Klassiker ist. Happy birthday, Wesnoth! (rs, derStandard.at)