"Der Tod macht Engel aus uns allen": "Polizeiruf 110" im Ersten.

Foto: ard

München ist die Hauptstadt der sogenannten Schickeria, auch das Geld wohnt dort. Gleichwohl muss man sich die Stadt als einen tristen Ort vorstellen. Zumindest erweckt der jüngste Polizeiruf 110, "Der Tod macht Engel aus uns allen", auf ARD den Eindruck, in München ginge es schlimmer zu als jemals in Sodom und/oder Gomorrha.

Halbstarke prügeln hemmungslos auf Polizisten ein. Die wären vom Schicksal eigentlich schon genug bestraft: Bezahlung unter aller Sau, Frau schläft mit dem Vorgesetzten, die Kinder nehmen Rauschgift und ermangeln zu allem Überfluss jeglicher Liebenswürdigkeit. Auch die Gesetzeshüter selbst verhalten sich nicht immer ganz gesetzeskonform, dazu pflegen sie nichtheteronormative Sexualpraktiken.

Offene Homophobie gibt es freilich auch. Dies führt insofern zum Kern des Falles, als Hauptkommissar Hanns von Meuffels im Fall einer Transsexuellen ermittelt, die in Polizeigewahrsam unter nicht ganz einwandfreien Umständen verschied. Von Meuffels watet durch einen Sumpf an Verkommen- und Verlogenheit, und es ist vor allem zwei Personen zu verdanken, dass dieser an sich völlig überladene Fall nicht in Verworrenheit abdriftet:

Lars Eidinger, der die Lebensgefährtin des Opfers, die transsexuelle Tänzerin Almandine, so ehrlich und uneitel spielt, dass man nicht "die Transsexuelle" sieht, sondern einen Menschen. Und Matthias Brandt, der seinen adeligen Kommissar bisweilen laut fluchend, meistens mit abgeklärtem Stoizismus durch dieses Elend manövriert, als wollte er sagen: "So sind die Menschen halt." Diese Folge ging einem an die Substanz - und war deshalb endlich einmal wieder ein sehenswerter Sonntagabend-Krimi. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 15.7.2013)