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Narzissten haben zwei Gesichter, die zwar miteinander einhergehen, jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf soziale Begegnungen und Beziehungen haben.

Foto: REUTERS/Dylan Martinez

Sie sind schillernde Persönlichkeiten: Narzissten wirken einerseits oft faszinierend und anziehend auf andere Menschen. Sie machen einen charmanten Eindruck und haben häufiger Führungspositionen inne. Auf der anderen Seite sind sie unangenehm. Die Bedürfnisse anderer Menschen sind ihnen egal, sie überschätzen ihren Beitrag zu gemeinsamen Leistungen, sind arrogant und provozieren Konflikte.

Eine Forschergruppe um die Psychologen Mitja Back und Albrecht Küfner von der Universität Münster hat nun neue Forschungsergebnisse vorgelegt, die diese paradoxen Effekte erklären. Demnach lassen sich zwei Seiten von Narzissmus unterscheiden: das narzisstische Bedürfnis nach Bewunderung, welches mit einem selbstbewussten und charmanten Auftreten einhergeht, und die narzisstische Rivalität. Letztere ist mit der Abwertung anderer Personen und aggressivem Verhalten verbunden, besonders nach Kritik.

Zwei Gesichter

In einer Reihe von Studien haben die münsterschen Psychologen gemeinsam mit Kollegen zeigen können, dass die zwei Seiten von Narzissmus zwar miteinander einhergehen, jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf soziale Begegnungen und soziale Beziehungen haben. Ein erhöhtes Bedürfnis nach Bewunderung ist mit größerem Selbstbewusstsein, positiverer Stimmung, extravertierterem Auftreten und höherer Beliebtheit beim Kennenlernen verbunden. Demgegenüber führt narzisstische Rivalität zur Abwertung anderer, einer geringeren Beliebtheit in sozialen Gruppen und mehr Konflikten in Freundschaften, aber auch in romantischen Beziehungen.

"Diese Befunde verdeutlichen, dass Narzissten zwei Gesichter haben", erklärt Mitja Back. "Beide Strategien dienen den Narzissten dazu, ihre vermeintliche Großartigkeit aufrecht zu erhalten. Sie sind aber unterschiedlich effektiv. Je nachdem, welche der zwei Seiten in einem sozialen Kontext stärker zum Ausdruck kommt, ist Narzissmus mit sozialem Erfolg oder mit sozialen Konflikten und Unbeliebtheit verbunden."

"Macher" mit geringer sozialer Kompetenz

Eine solche genaue Betrachtung hilft, die Konsequenzen von Narzissmus in vielen sozialen Zusammenhängen – beispielsweise in Freundschaften, Liebesverhältnissen und sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz – und über die Dauer von Beziehungen hinweg zu verstehen. "Wenn wir Narzissten kennenlernen, erscheinen sie uns aufgrund ihres selbstbewussten und ausdrucksstarken Verhaltens häufig sympathisch, attraktiv oder als 'Macher'", erläutert Albrecht Küfner. "Erst später, wenn sich in engeren Interaktionen zeigt, dass Narzissten weniger auf andere achten und gereizt auf Kritik reagieren, kommt es zu einer abnehmenden Beliebtheit unter Gleichaltrigen, zu Konflikten in Paarbeziehungen und zu ausbleibendem Erfolg im Beruf."

Die münsterschen Psychologen wollen nun auf den Ergebnissen ihrer Studien aufbauen und sich einer Reihe offener Fragen widmen, beispielsweise: Welche Narzissten schaffen es, sozial erfolgreich zu sein, und welche scheitern eher? Wer profitiert von Narzissten, und wer leidet unter ihnen? Wie bewusst ist Narzissten ihr eigener Narzissmus, und wie ist der Übergang zu narzisstischen Persönlichkeitsstörungen zu verstehen? (red, derStandard.at, 10.9.2013)