Bild nicht mehr verfügbar.

Noch hat der mutmaßliche Rekordhalter keinen Namen.

Foto: Reuters

Superlative sind in chronisch unterdotierten Forschungsbereichen wie der Paläontologie ein gern gezückter Joker: Sie bringen öffentliche Aufmerksamkeit und damit womöglich auch finanzielle Unterstützung. Dass die Strategie klappt, zeigten argentinische Paläontologen am Wochenende: Sie stellten den nach ihren Angaben größten Dinosaurier aller Zeiten vor und sicherten sich damit weltweit Schlagzeilen.

Dabei wäre ihr Fund auch so schon spektakulär genug: Nahe der Ortschaft El Sombrero in Chubut in Patagonien gruben sie die Überreste von insgesamt sieben Sauropoden aus, riesigen Pflanzenfressern mit kleinem Kopf, langen Hälsen und Schwänzen und einem tonnenförmigen Körper auf säulenartigen Beinen. Die Tiere verendeten in der Oberkreide vor rund 95 Millionen Jahren offenbar gemeinsam und dienten als Festmahl für einige Raubsaurier, wie die an derselben Stelle entdeckten mehr als 60 Zähne großer Fleischfresser nahelegen.

Noch hat die neue Dinogattung keinen eigenen Namen erhalten. Doch sie gehört zu der Gruppe der Titanosaurier, die schon bisher einige der Rekordhalter unter den Urzeitriesen stellten. Deren größter Vertreter, der bis zu 35 Meter lange Argentinosaurus, wird von dem neuen Fund jedoch vermutlich in den Schatten gestellt: Die Forscher schätzen ihn auf eine Länge von 40 Metern und 80 Tonnen Gewicht.

Bei der Weltrekordjagd gibt es jedoch noch Luft nach oben: 1878 entdeckte Edward Drinker Cope in den USA einen 1,5 Meter großen Wirbelbogen eines Tieres, dem er den Namen Amphicoelias fragillimus gab. Die Beschreibung ließ auf ein Tier mit bis zu 60 Metern Länge schließen. Von dem Fund ist außer einer Skizze Copes allerdings nichts erhalten: Vermutlich fehlten die präparatorischen Möglichkeiten, um das Fossil vor dem Zerfall zu schützen.

Möglich ist jedoch auch, dass der riesige Wirbel nie existierte, denn Cope befand sich mitten in den "Bone Wars" mit seinem Konkurrenten Othniel Charles Marsh: Die beiden Forscher lieferten sich im 19. Jahrhundert in Wild-West-Manier ein Duell um die spektakulärsten Dinosaurierfunde, bei dem Marsh letztlich mit der Entdeckung von so charismatischen Sauriern wie Triceratops, Stegosaurus, Allosaurus, Apatosaurus und Diplodocus die Nase vorn behielt.

Vielleicht versuchte Cope einfach nur, gegenüber seinem Kontrahenten mit einem Saurierweltrekord zu punkten. (Michael Vosatka, DER STANDARD, 20.5.2014)