Feuerameisen bilden eine palatschinkenförmige Rettungsinsel.

foto: georgia tech

Atlanta/Wien - Wenn Flüsse über die Ufer treten und Landstriche unter Wasser setzen, dann bedeutet das für viele Tiere den sicheren Tod. Nicht aber für die ursprünglich aus Südamerika stammende Feuerameisen: Sie schließen sich zu Rettungsflößen zusammen und können auf diese Weise sogar turbulentere Wildwasserfahrten unbeschadet überstehen.

Im April haben Forscher um David Hu (Georgia Insitute of Technology) im Fachblatt "PNAS" diese Strukturen erstmals systematischer untersucht und dabei einige überraschende Entdeckungen gemacht: Der tragende Struktur der palatschinkenartigen Gebilde besteht aus Ameisen, die sich mit Füße und Kieferzangen mit ihren Nachbarn zusammenschließen.

Das schwimmende Floß aus Feuerameisen. 
Georgia Tech

Die Kräfte, die dabei wirksam werden, entsprechen dem Vielfachen des Körpergewichts. Die Tragfähigkeit der lebenden Rettungsinsel ist gemeinsam mit der Oberflächenspannung des Wassers so groß, dass sich andere Ameisen darauf frei bewegen können.

Gefrorene Ameisenflöße im Scanner

Wie aber sieht diese Netzwerkstruktur im Detail aus? Wer packt wen und wo? Da sich nur schlecht ins Innere der lebenden und sich ständig verformenden Strukturen blicken lässt, griffen die Wissenschafter zu einer etwas drastischen Maßnahme: Sie haben etwas über 100 Ameisen in ein Glasröhrchen, die eine Floßstruktur bildeten, welche dann mit flüssigem Stickstoff blitzschnell eingefroren wurde.

Lebendige Struktur aus mehr als 100 Feuerameisen.
Nature Newsteam

Danach wurden die komplexen 3D-Strukturen mit einem Computertomografen gescannt. Wie die Forscher nun im „Journal of Experimental Biology“ schreiben, war jede Ameise mit durchschnittlich 4,8 Artgenossen über Extremitäten und Beißwerkzeuge verknüpft, im Schnitt fanden sich bei jedem Insekt 14 Berührungspunkte, bei großen Ameisen waren es sogar 21.

Die Forscher um David Hu fanden auch heraus, dass kleine Feuerameisen oftmals als lebende Bindeglieder zwischen den größeren fungierten, wodurch sie verhindern, dass Wasser ins Floß eindringt. So  kommt die geniale Ameisen-Rettungsinsel selbst beim Abtauchen in starken Wasserwirbeln schnell wieder an die Oberfläche.

Bauarbeiter und Bausteine zugleich

Unklar ist den Wissenschaftern indes, wie die Tiere wissen, was sie zu tun haben. Sie seien gleichzeitig Bauarbeiter und Bausteine und irgendwie wüssten sie auch ohne Chef, was sie machen sollen. Die Regeln hinter dieser selbstorganisierten Vernetzung zu ergründen, ist eines der nächsten Ziele der Forscher. (tasch, derStandard.at, 15.6.2014)