Im Oktober startet eine zwölfteilige Serie nach dem aufsehenerregenden Buch Roberto Savianos über die italienische Mafia. Der Autor lebt seit der Veröffentlichung im Untergrund.

München/Wien – Seit den Sopranos wissen wir: Der Alltag des organisierten Verbrechers ist banal. Der große Mafiaboss Tony vertraute einer Psychiaterin seine Sorgen und Nöte an, gegen Depressionen schluckte er Prozac.

Rund 15 Jahre später sitzt Salvatore Conte vor dem Fernseher. Seine Mama schöpft Pasta aus der Schüssel: "Keine Zigarette beim Essen", maßregelt sie den Sohn. Der hält keinen Tschick, sondern einen silbernen Stift in der Hand, aus dem es qualmt: "Das hilft mir aufzuhören."

Die Mama bleibt ungnädig: "Echt oder nicht echt, es raucht." Salvatore legt die elektronische Zigarette weg – und faltet die Hände zum Gebet. So muss es sein, das Leben von Schwerverbrechern: Tagsüber setzen sie Häuser in Brand, handeln mit Drogen, Waffen und Frauen, am Abend bringen sie ihre Kinder zu Bett. Vor allem aber führen sie Kriege.

Sky/Betafilm

In "Gomorrha" tobt jener zwischen Pietro Savastano und Salvatore Conte, und dieser Krieg hat  nichts Ehrenwertes oder gar – wie bei den Sopranos – Humorvolles zu bieten. "Gomorrha" basiert auf dem gleichnamigen Bestseller des Schriftstellers Roberto Saviano und auf Matteo Garrones Kinofilm, der 2008 in Cannes ausgezeichnet wurde.

Bis ins letzte Detail beschrieb Saviano die Verbrechen der italienischen Mafia und nannte die führenden Köpfe beim Namen. Seit Erscheinen des Buches 2006 muss sich Saviano vor der Rache der Mafia verstecken.

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Der 34-Jährige muss alle paar Tage den Unterschlupf wechseln. In München trat Saviano mit strengem Geleitschutz vor die Presse und gab der APA ein Interview: "Manchmal ist es komplizierter, manchmal einfacher", sagte er über sein Leben: "Ich wäre nicht ganz ehrlich, wenn ich sagen würde, dass ich es nicht bereue. Es gibt nichts auf der Welt, wofür man seine eigene Freiheit oder die seiner Familie opfern sollte."

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Die zwölfteilige TV-Serie startet im Oktober auf Sky und ist einem rauen, reportagehaften Stil verpflichtet. Die detailreiche Schilderung der Mafiasümpfe erinnert in ihren besten Momenten an die US-Serie "The Wire", wo David Simon nach intensiver Recherche von 2002 bis 2008 die Drogenkönige Baltimores und den aussichtslosen Kampf der Polizei inszenierte.

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Die Geschichte wird aus der Sicht des 30-jährigen Ciro erzählt – der rechten Hand von Don Pietro Savastano. In den Hauptrollen spielen Marco D’Amore, Fortunato Cerlino und Salvatore Esposito. Gedreht wurde zum Großteil in Casal di Principe und Scampia bei Neapel, zwei Hochburgen der Camorra. Produziert haben Gomorrha Sky und Jan Mojtos Betafilm. Die Serie wurde bereits vor der Premiere in mehr als 50 Länder verkauft. (Doris Priesching, DER STANDARD, 1.7.2014)

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