Pokémon ist seit langem eine der erfolgreichsten Marken, die von Nintendo geführt wird.

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"Pokémon: Dawn of Darkness" ist das älteste der drei Fan-MMOs

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Ebenfalls recht ausgereift präsentiert sich das "PokéMMO".

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Mit Turbulenzen kämpft man aktuell bei "Pokémon World Online".

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Mit der Lizenzierung des Konzepts "Pokémon" hat Nintendo Ende der 1990er Jahre einen Hit gelandet. Seit 1996 begeistern die "Pocket Monster" (Taschenmonster) Publikum rund um die Welt als Videospiele, Comics, TV-Serie und Kinofilme. Ursprünglich wurde auf dem Game Boy gekämpft, gesammelt und getauscht, in zahlreichen Editionen existiert das von Game Freak entwickelte Spiel mittlerweile auf zahlreiche Nintendo-Geräten.

Nintendo bleibt sich treu

Die Plattformen des japanischen Spielekonzerns haben die Pokémon jedoch nie verlassen. Während die Verkäufe von Handheld-Konsolen langsam zurückgehen, entwickeln sich die Verkaufszahlen der jüngsten Wohnzimmerkonsole Wii U auch zwei Jahre nach dem Start immer noch schleppend. Dies schlug sich auch spürbar negativ auf die Bilanz des Unternehmens nieder, Seitens Analysten und Fans war bereits gefordert worden, beliebte Franchises wie "Super Mario", "Zelda" oder eben "Pokémon" auch auf andere Konsolen, sowie Tablets und Smartphones zu bringen.

Fans übernehmen

Doch daran denkt man bei Nintendo auch weiterhin nicht. Während man sich eisern darauf konzentriert, der Wii U doch noch zum Erfolg zu verhelfen, zeigen zwei Fanprojekte, was theoretisch alles möglich wäre.

Schon seit 2010 existiert "Pokémon: Dawn of Darkness", kurz "PDoD". 2012 öffnete das "PokéMMO" seine Pforten. Alle drei Titel sind kostenlos spielbar und verfrachten das Spielkonzept in ein persistentes Mehrspieleruniversum,

Bekanntes Konzept, neue Welt

"PDoD" (Windows), als der älteste Vertreter, setzt auf originalgetreue Grafik im Stile des Game Boy Advance oder Nintendo DS. Auch die Monster werden aus den Originalspielen übernommen, darüber hinaus bietet man aber auch eigene Inhalte Das betrifft unter anderem Spielermodelle, Hintergrundmusik, die Weltkarte mit über 300 Abschnitten sowie die Storyline.

Das Rezept ist trotzdem altbekannt. Man erhält als "flügge" gewordener Trainer einen ersten Begleiter vom örtlichen Professor und begibt sich anschließend auf Reisen, um alle Meistertrainer in den Arenen der verschiedenen Städte und schließlich auch die Elite-Trainer der Welt zu bezwingen. Unterwegs fängt man Monster verschiedenen Typs mit Hilfe von Pokébällen in hohem Gras, Wäldern, Höhlen und anderen Umgebungen.

Unausweichlich sind auch manche Kämpfe gegen computergesteuerte Trainer. Nach jedem gewonnenen Fight erhalten die eigenen Monster Erfahrungspunkte, steigen im Level auf, erlernen neue Fertigkeiten oder entwickeln sich gar in maximal drei Stufen weiter. Bis zu sechs Pokémon aus der eigenen Sammlung führt man auf seinem Weg mit sich. Bestimmte Areale werden erst nach der Erfüllung einer Aufgabe zugänglich. Daneben gibt es auch Quests, mit welchen man Geld, Gegenstände und sogar neue Pokémon verdienen kann.

Kudaaj

Trainerkämpfe und Events

Dabei sieht man auch andere Trainer durch die Welt streifen. Diese lassen sich unter anpassbaren Bedingungen – Preisgeld inklusive – zu Kämpfen herausfordern. Dazu werden an bestimmten Orten Events abgehalten. Diese Areale sind aufgrund der davor liegenden Hürden aber tendenziell nur für Spieler mit höherleveligen Pokémon betretbar. Erweitert wird das System mit einem globalen Ranking und der Möglichkeit für Trainer, sich in Gilden zusammen zu schließen sowie üblichen sozialen Funktionen wie einer Freundesliste und Ingame-Chat.

Kämpfe laufen dabei wie gewohnt rundenbasiert ab. Wer gegen erfahrenere Haudegen erfolgreich sein möchte, sollte die Stärken und Schwächen seiner Monster und ihrer Klasse kennen. Ähnlich dem Schere-Stein-Papier-Prinzip funktionieren bestimmte Attacken – etwa Wasserangriffe gegen Feuerpokémon – bei manchen Gegnern besonders gut, was es auch möglich macht, Auseinandersetzungen mit Pokémon höheren Levels zu gewinnen. Entsprechendes Können hilft zwar auch gegen Computergegner, diese setzen ihre Angriffe aber Großteils nach Zufallsprinzip ein.

Wohl mit tausenden Spielern

Auch über ein Tauschsystem verfügt das Spiel. So lassen sich mit anderen Trainern Monster, Items und Geld tauschen, das Aufsuchen eines Pokémon Centers (wo sich die eigenen Pokémon wie gehabt heilen lassen können) ist dafür nicht notwendig.

Wenngleich "PDoD" auf technischer Ebene mit Sicherheit noch Bedarf zur Weiterentwicklung hat, zeigte sich das Multiplayeruniversum im Test recht rege belebt. In den besuchten Anfangsarealen tummelten sich regelmäßig andere Mitspieler.

Wieviele Trainer insgesamt unterwegs in "Dawn of Darkness" unterwegs sind, lässt sich nicht genau sagen – eine E-Mail mit Fragen zum Spiel an den hauptverantwortlichen Entwickler "sickbailey" blieb unbeantwortet. Im dazugehörigen Forum sind allerdings rund 47.000 Accounts registriert, von denen jedoch nur ein geringer Teil aktiv zu partizipieren scheint. Die Annahme, dass zumindest wenige tausend Trainer regelmäßig die Welt von "PdoD" betreten, erscheint realistisch.

Brutal Gg

"PokéMMO", "Pokemon Online World"

Technisch moderner zeigt sich das "PokéMMO" (Windows, Linux), das sich explizit an die ursprüngliche "Rote Edition" der ersten Generation des Spieles anlehnt. Hier findet man auch Charaktere, Orte und Musik des Originalspiels.

Neben dem Einzelspielerabenteuer liegt hier der Fokus auf Turnierevents, wobei Teamkämpfe möglich sind. Spieler können sich außerdem als Züchter betätigen und mit Hilfe ihres Monster-Sortiments Nachwuchs heranziehen, der im besten Falle mächtiger ist, als seine Elterngeneration. Darüber hinaus wurde ein auf "Lucky Eggs" basierendes Handelssystem implementiert.

Eine Erwähnung verdient auch das 2011 gestartete "Pokémon World Online" (Windows). In Sachen Funktionsumfang hinkt dieses Projekt den beiden anderen Welten hinterher. Unter anderem funktionieren derzeit viele Attacken gar nicht oder nicht wie gewünscht, weswegen einige Monster bei Auseinandersetzungen grob im Nachteil sind. Außerdem musste man kürzlich nach internen Streitigkeiten den Abgang des Hauptentwicklers für den Spielclient verkraften.

Rechtefrage

Ob Nintendo bzw. die Pokémon Company als Rechteinhaber über die Fan-MMOs Bescheid weiß, war nicht klärbar. Da die Onlinewelten aber schon mehrere Jahre in Betrieb sind, ist es aber durchaus denkbar, dass sie zumindest stillschweigend geduldet werden, nachdem sie als Produkte für herkömmliche PC-Betriebssysteme ohnehin keine Konkurrenz darstellen.

Fingerzeig

Dass Spielerinitiativen mit jeweils einer Handvoll an Verantwortlichen tausende Nutzer anlocken können, lässt nur erahnen, was Nintendo mit einem offiziellen MMO erreichen könnte. Das Potenzial zur Monetarisierung, egal ob in Form von Monatsgebühren oder mit Mikrotransaktionen nach Free2Play-Manier, wäre jedenfalls gegeben.

Die Ressourcen zur Verwirklichung eines "Pokémon"-Onlinespiels, wie wohl auch Games rund um seine anderen Kultmarken hätte der Hersteller jedenfalls – allein, es mangelt am Willen. (gpi, derStandard.at, 20.07.2014)