Knieschonende Variante für den Abstieg: Die Bahn auf den Schafberg dampft heuer noch bis zum 26. Oktober bergauf, bergab.

Foto: Thomas Neuhold

Früher, zu einer Zeit, als wir Auslandsreisen noch mit dem Zug unternommen haben, war ihre Stimme das untrügliche Zeichen, wieder daheim zu sein: Seit mehr als drei Jahrzehnten ist die samtige Stimme von Chris Lohner die Stimme der Bahnhöfe. Heute ist Frau Lohner in vielen großen Bahnhöfen durch eine automatisierte Computerstimme ersetzt und nur noch in S-Bahnen oder im Rail-Jet zu hören.

Nostalgiker pilgern daher auf den 1782 Meter hohen Schafberg. Am Bergbahnhof der Schafbergbahn begrüßt sie Lohners Stimme mit ihrem unverkennbaren Timbre wie anno dazumal. Das Ganze ist ein Relikt aus den ÖBB-Zeiten der Zahnradbahn auf den zwischen Wolfgangsee, Mondsee und Attersee aufragenden Schafberg. 2005 wurde die Bahn, die jährlich 270.000 Menschen auf den Gipfel bringt, vom regionalen Energieversorger Salzburg AG den ÖBB abgekauft. Chris Lohner blieb.

Sonnige Südflanke

45 Minuten brauchen die Dampfloks auf den Schafberg, zu Fuß sollte man für die 1250 Höhenmeter aber schon drei Stunden veranschlagen. Es ist Gelegenheit zum Sonnentanken: Im Sommer unerträglich heiß, kann man im goldenen Oktober auf der nach Süden ausgerichteten weiten Flanke des Schafbergs so richtig die Vitamin-D-Speicher auffüllen und die Seele therapieren.

Knapp unter dem Gipfel führt die Rundtour dann am Bergbahnhof vorbei, wo uns Frau Lohner freundlich begrüßt. Knapp dahinter der mit einem Berghotel verbaute Gipfel, die gemütliche Himmelspforthütte und die Himmelspforte selbst: ein Felsdurchschlupf auf die Nordseite, von wo man über den Nordanstieg heraufkommt.

Den einen oder anderen mögen die zahlreichen Ausflügler am Gipfelplateau nerven, welche die Bahn übrigens schon seit 121 Jahren auf den Berg bringt. Dann muss man eben bis zur Winterpause Ende Oktober warten. Mit etwas Glück und unterstützt durch die Südlage bleibt der Anstieg bis Mitte November halbwegs schneefrei. Frau Lohner ertönt dann auch nicht mehr.

Einsame Nordseite

Ein Stück alpiner und einsamer geht es an der Nordseite des Berges zu. Den Massentourismus am Gipfelplateau streift man bei der Nordrunde nur ganz kurz. Die Route führt hier von der Buchberghütte (1015 m) auf der Eisenaueralm - hierher am besten mit dem Fahrrad von Scharfling/ Mondsee, sonst zu Fuß von Mühlleiten in Unterrach/Attersee.

Von der Buchberghütte geht‘s über Almböden auf den Sattel über dem Suissensee (Unterstand) und westwärts unter der mächtigen Nordwand (Felssturzgelände!) seilversichert in die "Himmelspforte". Der Abstieg folgt der Südrunde über die seilgesicherte Stufe bis zur Abzweigung Mönichsee, retour über den Mitter- und den Suissensee mit Gegenanstiegen zum Anstiegsweg. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 4.10.2014)