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Hinter Regelbeschwerden können vielfältige Ursachen stecken.

Foto: EPA/RUNGROJ YONGRIT

Kopfweh, Unwohlsein, krampfartige Schmerzen im Unterleib: 30 bis 50 Prozent aller fruchtbaren Frauen leiden Monat für Monat unter Regelbeschwerden. Ein renommierter britischer Gynäkologe fordert deshalb, für betroffene Frauen einen eigenen Menstruationsurlaub in der Arbeitswelt einzuführen. Mit ein bis drei zusätzlichen freien Tagen sollen Betroffene entlastet, zusätzlich ihre Motivation und Produktivität gehoben werden. Doch braucht es das wirklich?

"Schwer, produktiv zu sein"

"Manche Frauen fühlen sich wirklich elend während ihrer Tage. Ihnen fällt es schwer, in die Arbeit zu gehen, geschweige denn, dann auch noch produktiv zu sein", sagt Gedis Grudzinskas, führender Arzt für Reproduktionsmedizin und Gynäkologie in London.

Er fordert deshalb die Einführung eines Menstruationsurlaubs, wie er in manchen asiatischen Ländern, etwa Indien und Indonesien, bereits seit Jahrzehnten gesetzlich verankert ist. Dass er dort allerdings nur mehr selten auch gewährt wird und vielen Frauen der Zugang zum Arbeitsmarkt ohnehin nur schwer möglich ist, verschweigt er freilich.

Grudzinkas Vorschlag jedenfalls schlug gewaltige Wellen: Während viele betroffene Frauen auf Twitter jubilieren ("Jemand hat meine Gebete erhört"), gibt es auch kritische Stimmen, die davor warnen, dass es Frauen am Arbeitsmarkt dann noch schwerer als ohnehin schon hätten, weil sich Arbeitgeber logischerweise vor Mehrkosten scheuen würden. Auch eine medizinische Notwendigkeit sehen die meisten nicht.

Viele mögliche Ursachen

"Regelschmerzen sind natürlich immer mit einem Leidensdruck verbunden, vor allem weil sie oft schon sehr lange bestehen. Wenn eine Frau wirklich so starke Beschwerden hat, dass sie nicht arbeiten kann, muss man die Ursachen dafür abklären", sagt Petra Kohlberger, Gynäkologin an der MedUni Wien.

Für zu häufige (Hypermenorrhoe), mit extremem Blutverlust einhergehende (Hypermenorrhoe) oder extrem schmerzhafte Regelblutung gebe es viele mögliche Gründe: Etwa Polypen oder Wucherungen in der Gebärmutterschleimhaut, aber auch eine Endometriose kann die Ursache sein. Auch ein falscher Gebrauch mechanischer Verhütungsmittel, etwa von Diaphragma oder Intrauterinpessar, kann zugrunde liegen.

Besonders die Endometriose ist tückisch, weil sie oft erst nach vielen Jahren diagnostiziert wird: Dabei handelt es sich um eine hormonabhängige Erkrankung, bei auch außerhalb der Gebärmutter Schleimhaut gebildet wird, etwa im Bereich von Bauchfell und Eierstöcken. Im schlimmsten Fall kann sie zu Unfruchtbarkeit führen. Weil sie nicht bei der gynäkologischen Routineuntersuchung diagnostiziert werden kann, sollte man bei längerem Fortdauern der Regelbeschwerden eine Bauchspiegelung in Betracht ziehen.

Noch mehr Diskriminierung

Für Kohlberger reicht die Möglichkeit des regulären Krankenstands bei starken Beschwerden absolut aus - auch weil dieser mit einer Untersuchung beim Arzt verbunden ist. Aber auch und vor allem im Hinblick aufs Berufsleben sieht sie den Vorschlag aus England kritisch: "Bereits jetzt besteht eine gewaltige Schere zwischen Mann und Frau. Ein zusätzlicher Menstruationsurlaub könnte zu noch mehr Diskriminierung, weil die Einstellung von Frauen dann mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Das würde der Sache eher schaden als nützen."

Bei sehr starken Schmerzen solle man laut Kohlberger ohnehin zuhause bleiben und die Arbeit ruhen lassen. Und einer lediglich unangenehmen, aber nicht krankhaften Regelblutung lasse sich symptomatisch auch mit Schmerzmitteln oder alternativmedizinischen Präparaten gut beikommen. Das Um und Auf sei jedenfalls der Besuch beim Gynäkologen: "Mindestens einmal jährlich eine Routineuntersuchung, bei akuten Problemen sofort." (Florian Bayer, derStandard.at, 12.12.2014)