Der Kunstrückgaberat (von links: Christoph Bazil, Clemens Jabloner und Eva Blimlinger) hat in Sachen einer etwaigen Restitution des Beethovenfrieses entschieden. Das Werk bleibt, wo es ist.

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Teil von Klimts Beethovenfries.

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Wien - Clemens Jabloner war als Vorsitzender des Kunstrückgabebeirats der Erste, der den historischen Kassensaal der ehemaligen Länderbank, nunmehr Bundeskanzleramt, Freitagvormittag anlässlich eines Pressegesprächs betrat. Ihm folgten Christoph Bazil (administrativer Leiter der Kommission) samt beeindruckendem Aktenstapel und Eva Blimlinger (wissenschaftliche Koordinatorin). Kaum hatte das Trio Position bezogen, verkündete Jabloner kurz und knapp: Der Beirat habe sich im Falle des Beethovenfrieses gegen eine Rückgabe entschieden.

Der darauf folgende Aufruhr kam von unerwarteter Seite, das Equipment sei noch nicht bereit, monierten die anwesenden Kameraleute. Also auf ein Neues. Zum endgültigen Nein gesellten sich nun Erläuterungen zum Weshalb. Details können Wissbegierige danach im 29-seitigen Beschluss nachlesen, der - im Gegensatz zu den zugrunde liegenden Dokumenten - auch veröffentlicht werden wird. Sofern es noch jemanden interessiert, jetzt, da endlich Gewissheit, was viele erhofft und vermutet hatten und worum die Secession bis zuletzt mit Stellungnahmen kämpfte.

Der Fries bleibt im Keller

Das von Gustav Klimt 1902 für die Beethoven-Ausstellung geschaffene 34 Meter lange Wandgemälde bleibt, wo es ist: in der Unterwelt, wie die Secessionisten einst ihre Werkstatt im Kellergeschoß bezeichnet hatten. Oder doch nicht?

Denn kaum hatte Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco die Entscheidung des Beirates begrüßt, ward schon der derzeitige Standort infrage gestellt. Wie schon Ende Februar kundgetan, hat man als verantwortlicher Leihgeber Bedenken hinsichtlich der derzeitigen Unterbringung und damit verbundener konservatorischer Gefährdungspotenziale, wie das Belvedere in einer aktuellen Aussendung bestätigte. Auf lokaler Ebene scheint der Kampf um den Fries damit quasi erst an Fahrt zu gewinnen.

Faktenlage für Rückgabe

Die Schlacht an der Restitutionsfront haben die Erben nach Erich Lederer jedenfalls verloren. Dabei scheint die Faktenlage angesichts deren Provenienzforschung eindeutig für eine Rückgabe zu sprechen. Das Aktenmaterial des Bundesdenkmalamtes und der Finanzprokuratur beweise "mit einer bis heute erschütternden Deutlichkeit, dass über 20 Jahre versucht wurde, Erich Lederer den Fries abzupressen", betont Anwalt Alfred Noll, der die Mehrheit der Erben vertritt.

Insbesondere verweist er auf das Protokoll jener Ministerratssitzung vom Mai 1972, in dem der Beschluss zum Ankauf erfolgte. Eindeutig sei hier bewiesen, dass "die Ausfuhrsperre in ursächlichem und engem Zusammenhang mit dem Ankauf stand".

Tatsächlich ist dieses Ministerratsprotokoll zu einem Schlüsseldokument avanciert, besonders für den Beirat, der daraus jedoch den gegenteiligen Beweis ableitet: "dass das Ausfuhrverfahren" eben nicht "eingesetzt wurde, um mit diesem Druckmittel den Fries zu erwerben", wie Jabloner betont. Im Gegenteil, die Behörden hatten ab 1967 zwar "aufschiebend agiert", wäre der Ankauf jedoch 1972 gescheitert, wäre es "durchaus denkbar gewesen, dass Lederer die Ausfuhr hätte durchsetzen können". Etwas viel Konjunktiv, möchte man anmerken, und doch der Beschluss erfolgte einstimmig.

Daran, dass sich die Republik Österreich nach 1945 gegenüber der Familie "in schäbiger Weise" verhalten habe, gebe es keinen Zweifel, jedoch sei im Falle des Frieses kein Unrecht geschehen. Der Weg zur Entscheidung war ein langer, gestand Clemens Jabloner, der Vorsitzende des Kunstrückgabebeirates, ein. Zumal es sich um "einen besonders komplizierten Fall" gehandelt habe, "weil der Sachverhalt mehrdeutig ist".

Mehrdeutig? Die Erbenvertreter können dem nichts abgewinnen. Selten sei für ihn eine Causa so eindeutig gewesen, beharrt Alfred Noll im Gespräch mit dem Standard. Eine eklatante Fehlentscheidung, davon ist auch Provenienzforscherin Sophie Lillie überzeugt und weist auf die entsprechenden Passagen aus dem Jahr 1971 im Ausfuhrakt des Bundesdenkmalamtes (BDA) hin.

Ausfuhrsperre

Demnach sei der "Gefahr einer überstürzten Verbringung ins Ausland durch das österreichische Ausfuhrverbot zu begegnen". Das Ministerium erteilte dem Bundesdenkmalamt (BDA) explizit "die Weisung, das Ansuchen mit Rücksicht auf die laufenden Ankaufsverhandlungen dilatorisch (verzögernd, Anm.) zu behandeln" und trete das BDA zeitgleich "nach wie vor für eine Ausfuhrsperre ein".

Ob dies vom Beirat ins Kalkül gezogen wurde, bleibt ungewiss. Denn die Beschlussfassung ist ein Geheimverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Manche Dokumente werden dort gewürdigt, andere womöglich ignoriert. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD, 7.3.2015)