Zahlreiche Messungen der Saturnsonde "Cassini" erhärteten in der Vergangenheit die Annahme, dass sich unter dem Südpol ein Ozean aus flüssigem Wasser verbirgt. Dass es dort auch Leben geben könnte, dafür sprechen immer mehr Indizien.

Illustration: NASA/JPL-Caltech

Washington - Wann immer Astronomen über die Existenz von flüssigem Wasser auf anderen Himmelskörpern spekulieren, ist die Frage nach außerirdischem Leben nicht weit. Kandidaten dafür haben die Forscher in unserem Sonnensystem bereits einige ausgemacht: Ganz oben auf der Liste steht Enceladus.

Die eisige Welt mit einem Durchmesser knapp über 500 Kilometern ist geologisch aktiv. In der sogenannten Tigerstreifenregion am Südpol des Saturnmondes fanden Forscher Hinweise auf Kryovulkanismus, bei dem Wasser in Form von Dampf und Eispartikeln aus dem Inneren des Himmelskörpers austritt. Als Quelle dieser Fontänen vermuten Astronomen unter dem rund 30 Kilometer dicken Eispanzer einen 10 Kilometer tiefen Ozean aus flüssigem Wasser.

Ein Team um Christopher Glein von der Carnegie Institution in Washington hat nun mithilfe der Nasa-Sonde "Cassini" aus den Dampfschwaden der Kryovulkane wesentliche chemische Eigenschaften dieses Ozeans ermittelt – und die Ergebnisse stimmen Astrobiologen optimistisch. Vor allem der hohe pH-Wert von 11 oder 12 hat es den Forschern angetan. Verantwortlich dafür dürfte ein hoher Anteil an Natriumchlorid und Natriumcarbonat sein, was den Ozean irdischen Sodaseen ähneln lässt.

Chemische Energie im Soda-Ozean

Das mag zunächst nicht besonders lebensfreundlich klingen, tatsächlich aber signalisieren die Ergebnisse Bedingungen, die die Wahrscheinlichkeit für Leben auf Enceladus erhöhen: Wie Glein im Fachjournal "Geochimica et Cosmochimica Acta" schreibt, weisen die Daten auf geologische Prozesse hin, bei denen Mineralien aus dem oberen Mantel bei Kontakt mit Wasser umgewandelt werden. Als Nebenprodukt entsteht molekularer Wasserstoff - und dieser wäre eine ausgezeichnete Energiequelle für eine Biosphäre, die unter dem kilometerdicken Eis ohne jegliches Sonnenlicht auskommen muss.

"Dieser Prozess ist zentral für die Astrobiologie, weil H2 sowohl die Entstehung von organischen Komponenten wie Aminosäuren antreiben kann, als auch als Energiequelle für Mikroorganismen - etwa methanproduzierende Mikroben - dient", erklärt Glein. Damit wären einige der wichtigsten Grundlagen für die Entstehung von Leben gegeben: Flüssiges Wasser, organische Moleküle, Stickstoff, anorganische Salze und nun eine Quelle für chemische Energie machen Enceladus zu einem noch besseren Kandidaten als Träger von außerirdischen Organismen, als er bisher ohnehin schon war. (tberg, DER STANDARD, 8.5.2015)