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Mit hauchdünnen Nadeln wird extrem verdünntes Botox injiziert.

Foto: REUTERS/Mike Segar

Bei sommerlichen Temperaturen schwitzen wir wohl alle. Es gibt aber Menschen, die das ganze Jahr über stark schwitzen – so stark, dass es sie in ihrer Lebensqualität einschränkt. Ihnen können Botoxinjektionen Abhilfe verschaffen. Denn das Nervengift Botulinumtoxin lässt nicht nur Falten verschwinden, sondern hemmt auch die Schweißproduktion. Als "Wundermittel" will Daisy Kopera, Dermatologin und Leiterin des Zentrums für Ästhetische Medizin an der Universitätsklinik für Dermatologie am LKH Klinikum Graz, Botulinumtoxin nicht bezeichnen: "Richtig eingesetzt wirkt es aber sehr gut."

Botox kann die Impulsübertragung von den Nervenfasern auf die Schweißdrüsen hemmen, damit weniger Schweiß gebildet wird. Dafür wird auf der betroffenen Hautstelle etwa alle eineinhalb Zentimeter mit einer feinen Nadel Botox injiziert. Wichtig sei, dass dieses in die richtige Hautschicht, nämlich die Lederhaut gespritzt wird, betont Kopera. Angenehm ist das nicht: "Die Lederhaut ist ein relativ straffes Gewebe", erklärt die Dermatologin. "Daher tun schon die kleinsten Mengen an Flüssigkeit, die hineingespritzt werden, weh."

Tut die Behandlung nicht weh, dann sei das ein Anzeichen dafür, dass das Botox nicht in die Lederhaut, sondern in das tieferliegende subkutane Fettgewebe gespritzt wird – zu tief also, um die Schweißdrüsen nachhaltig stillzulegen.

Viele junge Erwachsene

Nach sieben bis zehn Tagen stellt sich die volle Wirkung ein. Besonders in den Achselhöhlen, auf den Handflächen und den Fußsohlen kommt Botox zum Einsatz. Im Frühjahr würden besonders viele Patienten kommen, die stark schwitzen – oft handle es sich dabei um junge Erwachsene, berichtet Kopera. Hinter übermäßiger Schweißbildung, der Hyperhidrose, können viele Ursachen liegen. So gibt es Erkrankungen der Schilddrüse, die starkes Schwitzen verursachen, sagt Kopera: "Es ist aber sehr unterschiedlich, ab wann jemand Schwitzen als störend empfindet."

Sie erzählt von Patienten, die nur noch dunkle oder gemusterte T-Shirts trugen, um ihre Schweißflecken zu verbergen. Von Menschen, die klagten, dass sie nicht einmal ein Blatt Papier angreifen können, ohne einen nassen Fleck darauf zu hinterlassen. "Die Menschen sind in ihrer Lebensqualität oft stark eingeschränkt", sagt Kopera.

Teuer und temporär

Eine Botoxbehandlung ist aber teuer: Etwa 700 Euro kostet es, sich Botox in beide Achselhöhlen spritzen zu lassen. Noch ein Nachteil: Die Schweißproduktion wird nur für etwa ein Jahr zurückgefahren. Dann muss wieder Botox gespritzt werden. Noch etwas ist zu bedenken: Auch wenn man nach der Behandlung beispielsweise nicht mehr in den Achselhöhlen schwitzt – stark transpirierende Menschen werden an anderen Stellen am Körper trotzdem weiter schwitzen.

Etwas kostengünstigere Alternativen gibt es: Wer beispielsweise an Händen und Füßen stark schwitzt, dem rät Kopera zur Leitungswasseriontophorese, einem Verfahren, bei dem die betroffenen Körperteile mit Gleichstrom behandelt werden. Bei manchen Patienten funktioniere das gut, sagt Kopera. Auch mit Salbeiextraktkapseln und bestimmten Deos hätten manche gute Erfahrungen gemacht.

Keine Langzeitfolgen

Aber zurück zum Botox: "Botox ist seit den 1970ern im Einsatz", sagt Kopera. Langzeitfolgen seien bis heute keine bekannt, Komplikationen bei ihren Patienten noch nie aufgetreten. In ihrer Tätigkeit als gerichtlich beeidete Sachverständige sei ihr aber schon so manches hängende Oberlid nach einer Botox-Behandlung gegen Falten untergekommen.

Botulinumtoxin gilt als das stärkste Nervengift der Welt: Schon ein Zehnmillionstel Gramm davon ist tödlich. In der Medizin wird es daher extrem verdünnt verwendet. Bis heute wurde aber kein Gegenmittel gefunden: "Wenn also zu viel an der falschen Stelle gespritzt wird, dann muss der Patient die Wirkung zumindest monatelang ausbaden." (Franziska Zoidl, 9.7.2015)