Alpbach – Die österreichische Armutskonferenz hat in der Studie "Lücken und Barrieren im österreichischen Gesundheitssystem aus Sicht von Armutsbetroffenen" 22 Menschen über ihre Erfahrungen befragt. Das generelle Fazit: Gesundheitsleistungen sind für sie oft nicht leistbar, häufig aber auch kaum erreichbar.

Das Sample aus dem vor wenigen Tagen in Wien vorgestellten Bericht bestand aus 22 Menschen. 82 Prozent waren österreichische Staatsbürger, 18 Prozent Asylwerber. Es waren Langzeitarbeitslose, psychisch Kranke, Wohnungslose, Mindestpensionisten, Mindestsicherungsbezieher, Straßenzeitungsverkäufer und Asylwerber.

Was die Befragten angaben, spiegelt die Situation wider, die über diese Personengruppen hinaus auch noch viele andere Menschen in Österreich betrifft. "Durch Selbstbehalte oder fehlenden Kostenersatz seitens der Krankenkassen sind etwa Heilbehelfe, Brillen, Schuheinlagen oder Hörgeräte oft nicht finanzierbar. Selbiges gilt für Zahnersatz und andere notwendige Zahnbehandlungen", hieß es in dem Report.

Gesundheitsausgaben unter EU-Schnitt

Die österreichische Armutskonferenz ist längst nicht die einzige Stelle, welche die soziale Problematik im Gesundheitswesen kritisiert. "Kinder und Jugendliche machen etwa 20 Prozent der österreichischen Bevölkerung aus. Die Gesundheitsausgaben für sie liegen bei rund sechs Prozent, damit liegen wir unter dem EU-Durchschnitt", erklärte Klaus Vavrik, Präsident der Österreichischen Kinderliga, im Frühjahr dieses Jahres. Er forderte – wieder einmal – die Kassenfinanzierung von notwendigen Therapien und Heilbehelfe für betroffene Kinder sowie die Abschaffung des Selbstbehaltes.

Zustimmung dafür erhielt er von Carina Spak, Leiterin von AmberMed, einer Versorgungseinrichtung für Menschen ohne Versicherungsschutz, die auch bei den diesjährigen Alpbacher Gesundheitsgesprächen vertreten ist. "Während wir anfangs vor allem Asylwerber medizinisch versorgten, ist die Zahl von versicherten Österreichern, die bei uns Hilfe suchen, massiv gestiegen. Unter anderem auch deshalb, weil sie sich den Selbstbehalt für eine Therapie oder Medikamente für ihr Kind nicht leisten können."

Marginalisierung der Armen

Der offenbare Sparkurs der Krankenkassen dürfte noch zusätzlich eine Belastung gerade für die Ärmsten Österreichs darstellen. "Medikamente, die oft jahrelang erfolgreich verschrieben wurden, werden von den Krankenkassen plötzlich nicht mehr finanziert. Diese Medikamente privat zu finanzieren, ist für armutsbetroffene Menschen in der Regel nicht möglich", hieß es in dem Bericht der Armutskonferenz. Dies verstärke auch das Gefühl der Marginalisierung durch die Gesellschaft. Auch in der ärztlichen Behandlung fielen immer mehr Leistungen aus der Kassenerstattung. Eine Betroffene: "Ja, bei einer Frauenärztin hab' ich voriges Jahr die Erfahrung gemacht, dass eine Leistung extra zu bezahlen war, die vorher nicht zu bezahlen war. (...) Ich hab's einfach nicht machen lassen."

Problemfeld Psychotherapie

Ein ganz eigenes Kapitel ist die Psychotherapie. Zahlreiche Experten beklagen seit Jahren, dass die Kosten für viele Betroffene – und die finden sich unter den sozial Benachteiligten noch mehr als unter den "Wohlstandsbürgern" – nicht finanzierbar sind. Der Bericht der Armutskonferenz: "Notwendige regelmäßige Einzelpsychotherapie oder aufsuchende Psychotherapie müssen privat finanziert werden. Für die von den Krankenkassen finanzierten Therapien gibt es nur wenige Plätze, die mit langen Wartezeiten verbunden sind." Normalerweise könnten sich Patienten in einer solchen Situation den Therapeuten auch nicht aussuchen, wobei doch gerade Psychotherapie eine Vertrauensfrage sei. (APA, 24.8.2015)