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Die Aktivistin Anita Sarkeesian wurde mehrfach bedroht

Foto: AP/Lazara

Die vergangenen zwölf Monate waren für Anita Sarkeesian ein zweischneidiges Schwert: Einerseits wurden der 31-jährigen US-Amerikanerin zahlreiche Ehren zuteil – etwa ein Platz unter den hundert einflussreichsten Personen im Time-Magazin; andererseits gab es zahlreiche Gewaltandrohungen gegen Sarkeesian. Der Grund: In einer mehrteiligen Videoserie prangerte die Feministin die Darstellung von Frauen in Videospielen auf, wodurch sich viele männliche Gamer provoziert fühlten.

Ethik im Journalismus?

Besonders im Zuge der GamerGate-Bewegung wurde Sarkeesian zur Zielscheibe. Ausgelöst wurde dieser "Online-Mob" (Sarkeesian) durch die Causa einer Videospiel-Entwicklerin namens Zoe Quinn, die mit einem Games-Journalisten intim gewesen sein soll. Dieser hatte Quinns Spiel einmal in seinen Artikeln erwähnt, aber keine Rezension vorgenommen. "Aktivisten" sahen darin ein ethisches Versagen im Videospiel-Journalismus. "Wenn es nur um Ethik im Journalismus geht, warum wurden dann nie Journalisten attackiert?", fragt Sarkeesian jetzt in einem Gespräch mit dem Guardian. "In Wahrheit hatte der frauenfeindliche Mob nun einfach einen Namen", so Sarkeesian weiter.

Zahlreiche Drohungen

Tatsächlich wurden im Zuge von "GamerGate" zahlreiche weibliche Entwicklerinnen und Kritikerinnen bedroht. Am härtesten erwischte es wohl Sarkeesian selbst:

  • Sie wurde dem FBI von unbekannten Hinweisgebern mehrfach als Terroristin genannt
  • Der Steuerbehörde IRS mehrfach als Steuersünderin
  • Eine Petition gegen Kickstarter wurde eingeleitet – Ziel: Boykott von Sarkeesian
  • Gefälschte Tweets tauchten auf, in denen sie mit dem Kauf von Schuhen prahlt
  • Vor Auftritten wurde mit Bombenanschlägen und Amokläufen gedroht

"Missbrauch, nicht Troll"

Angesichts dieser Vergehen plädiert Sarkeesian dafür, das Wort "Troll" aus unserem Vokabular zu streichen. "Troll ist viel zu kindisch (verharmlosend) für das, was passiert", sagt Sarkeesian. Stattdessen solle "Abuser", also Missbrauchender zum Einsatz kommen. Frauen sind im Netz etwa einer 25fach erhöhten Gefahr ausgesetzt, sexuell eindeutige Nachrichten zu erhalten. Auch die Chance, beleidigt oder bedroht zu werden, ist vielfach höher als bei Männern.

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Internet als Männerclub

Das Internet erzeuge die Atmosphäre einer Umkleidekabine für junge Burschen, erklärt Sarkeesian im Guardian-Interview weiter. Sie stünde zwar viel im Austausch mit IT-Firmen, doch es geschehe zu wenig. Sie fordert nun weitreichende Reformen im Netz. Große Konzerne könnten etwa ihre Mechanismen im Umgang mit Hasspostern ändern. Twitter hat bereits erste Schritte angekündigt. Aufhören will Sarkeesian jedenfalls nicht – auch wenn der Hass im Netz seinen Tribut gezollt hat. (fsc, 30.8.2015)