Innsbruck – Innsbrucker Experten treten für "Angstambulanzen" zur Behandlung von Angststörungen an Österreichs Universitätskliniken ein. Diese würden eine spezifische Behandlung anbieten und für eine bessere Vernetzung im niedergelassenen Bereich sorgen, sagte Barbara Sperner-Unterweger, Direktorin der Innsbrucker Uni-Klinik für Psychosomatische Medizin im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag.

Solche Ambulanzen würden den Patienten "Sicherheit geben", betonte Expertin. Universitätskliniken wären für eine solche "Schwerpunktversorgung" besonders geeignet, da sie aufgrund der Forschungsarbeit auch am neuesten Stand der Therapien seien.

Zudem gilt: Je früher eine spezifische Behandlung vorgenommen werde, umso besser die Chancen für einen positiven Verlauf, betonten Sperner-Unterweger und ihr Kollege Nicolas Singewald, Neuropharmakologe am Institut für Pharmazie der Universität Innsbruck. Die beiden Mediziner hatten in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass Menschen bei körperlichen Symptomen aufgrund von Angsterkrankung wie Herzrasen, Schwitzen oder Atemnot bereits jetzt häufig den Hausarzt oder die Spitalsambulanz aufsuchen. "Das Schlimmste, was man da zu den Patienten sagen kann, ist: 'Sie sind vollkommen gesund'. Die Versicherung reicht hier nicht", so Sperner-Unterweger.

Trigger für Suchterkrankungen

Zahlreiche internationale Studien konstatieren, dass Angsterkrankungen zunehmen. Rund 15 bis 16 Prozent der Menschen würden im Laufe ihres Lebens an einer Angststörung, zu der als besondere Form auch die Panikattacke gehört, leiden. "Die Wahrscheinlichkeit an einer Angststörung zu erkranken, ist höher, je größer die Unsicherheitsfaktoren und Belastungen im Alltag sind. Psychosoziale Risikofaktoren finden sich oft in Lebensphasen mit ausgeprägter Veränderung wie der Pubertät oder Adoleszenz", erklärte Sperner-Unterweger.

Oft treten Angststörungen in Kombination mit einer psychischen Erkrankung wie Depressionen auf. Bei 60 bis 65 Prozent der von Angststörungen Betroffenen sei dies der Fall. Bei 50 Prozent der Betroffenen führen Angststörungen auch zu Suchterkrankungen wie etwa Alkoholmissbrauch.

Ein Ziel: Das angstlösende Medikament

Bei chronischen Verläufen bestehe eine schlechtere Prognose auf einen positiven Behandlungserfolg. Rund ein Drittel der Patienten würde von Therapien "nicht lang anhaltend" profitieren, meinte Singewald. Im Rahmen einer Psychotherapie könne versucht werden, ein Umlernen zu erreichen: Falsch Einstudiertes soll mithilfe des Extinktionslernens wieder "verlernt" werden.

"Die Angst bleibt aber im Furchtgedächtnis gespeichert und wird quasi nur durch das neu Gelernte im Zaum gehalten", sagte der Mediziner. Daher komme es häufig vor, dass Patienten nach einer zunächst erfolgreichen Therapie erneut an Angststörungen leiden.

Singewald und sein Team arbeiten daher daran extinktions-basierte Verhaltenstherapien zu verbessern. "Wir haben herausgefunden, was für Mechanismen es braucht, um gestörtes Extinktionslernen zu verbessern." Mit bestimmten Neuro-Enhancern könne das Gedächtnis gefördert und auch das Extinktionslernen signifikant verbessert werden. Zudem forsche man am ersten angstlösenden Medikament, das das Extinktionslernen nicht stört. (APA, 15.9.2015)