Dieses Einfamilienhaus in Oberösterreich, mit 229 Quadratmeter Wohnnutzfläche und größerem Garten rundherum, sollte schon 2009 verlost werden. Bis zum Verlosungstermin dauerte es dann aber fünf Jahre.

Screenshot: Standard

Kurz war Michaela Moldan glücklich: Soeben hatte sie ein freistehendes Einfamilienhaus in Oberösterreich gewonnen. Das Los mit der Nummer 3168, das die deutsche Unternehmerin für ihren Sohn gekauft hatte, wurde gezogen. Das war im Oktober 2014.

Die Schwierigkeiten begannen schon kurz danach. "Wir sind hingefahren, haben uns das Haus angesehen und dann gleich einen Anwalt genommen", sagt Moldan zum STANDARD. Die bisherige Eigentümerin der Liegenschaft wollte nämlich plötzlich von der Verlosung des ganzen Hauses nichts mehr wissen.

Rückblende ins Jahr 2009: Damals, am (kurzen) Höhepunkt des Hausverlosungsbooms, hatte sich Brunhilde Huber dazu entschlossen, ihr nicht mehr benötigtes Haus in Sipbachzell zu verlosen. Sie erstellte eine Website, legte 6200 Lose zum Preis von je 99 Euro auf und hoffte, binnen kürzester Zeit etwas mehr als 600.000 Euro aus dem Losverkauf zu lukrieren. So viel sei die lastenfreie Liegenschaft nämlich laut Gutachten wert, schrieb sie auf der Website (und stellte das Gutachten zum Download bereit). Die Anzahl und der Preis der Lose seien deshalb gerechtfertigt. Außerdem überwies sie eine Gewinnsteuer von rund 74.000 Euro vorab ans Finanzamt.

Boom war schnell vorbei

Der Hausverlosungsboom ebbte allerdings beinahe schneller wieder ab, als er dauerte, und der Losverkauf gestaltete sich sehr zäh. Immer wieder vertröstete Huber auf ihrer Website die Loskäufer: Zahlreiche Hürden würden ihr in den Weg gelegt, schrieb sie. Viele Teilnehmer würden die Lose beispielsweise bloß reservieren, aber nicht bezahlen.

Nach so mancher Sonderaktion – günstigere Lose für Leute, die bei anderen, gescheiterten Hausverlosungen mitgemacht hatten, oder Gratislose für Gewinnspiele in Lokalmedien – konnte dann aber doch am 3. Oktober 2014 endlich die Verlosung stattfinden. Mehrere Dutzend Loskäufer waren anwesend, Huber und der anwesende Notar hatten sich ein ausgeklügeltes Zufallssystem ausgedacht, das mit blind in den Saal geworfenen Bällen zu tun hatte. So wurde das siegreiche Los ermittelt.

Allerdings hatte davor schon ein Posting Hubers auf ihrer Website für Aufregung unter den Loskäufern gesorgt: Es sollte nämlich nur noch eine "Teilverlosung" stattfinden, hieß es plötzlich.

Was das genau bedeutete, erfuhr Moldan bei der ersten Begutachtung des Hauses in Sipbachzell: Weil Huber nur zwei Drittel der Lose verkaufen konnte, sollte auch das Haus nur zu zwei Dritteln vergeben werden. Das restliche Drittel könne ihr um 200.000 Euro "abgelöst" werden, ließ sie Moldan wissen.

Vorschläge zur außergerichtlichen Beilegung

Die spielte da aber nicht mit und schaltete den Welser Anwalt Hubert Köllensperger ein. Er unterbreitete nach monatelangen Diskussionen Vorschläge zur außergerichtlichen Beilegung. Darauf wollte Huber nicht eingehen, antwortete ihrerseits mit (für die Gegenseite inakzeptablen) Vergleichsvorschlägen. Vom Welser Landesgericht wurde schließlich ein Gutachten über den Verkehrswert der Liegenschaft in den Jahren 2009 und 2014 beantragt, das seit kurzem vorliegt.

Demnach hatte die Liegenschaft im Jahr 2009 einen Verkehrswert von rund 415.000 Euro. Weil damals die Verlosung gestartet wurde, ist dieser Wert für Köllensperger der maßgebliche. Seiner Ansicht nach erzielte Huber also mit dem Verkauf der Lose – auch wenn sie nur zwei Drittel davon verkaufen konnte – einen Erlös, der jenem des damaligen Verkehrswerts der Liegenschaft ohnehin nahe kam.

Einigung oder Gerichtsverfahren

Köllensperger unterbreitete für seine Mandantin weitere Vorschläge, etwa dass sich Huber das Haus behalten sollte und nur den Großteil der Loseinnahmen als Gewinn ausbezahlen solle. Huber, die meist in Italien weilt und vom STANDARD dort telefonisch erreicht wurde, zeigte sich noch vor wenigen Tagen davon überzeugt, dass der Streit in Kürze "ein gutes Ende nehmen" werde, weil man sich auf einen guten Kompromissvorschlag hinbewege. Sie sei im Übrigen "glücklich, wenn das vorüber ist", und habe mehreren Dutzend Interessierten in der Zwischenzeit von Hausverlosungen dezidiert abgeraten.

Anwalt Köllensperger platzt nun aber der Kragen – zumal er kürzlich erfuhr, dass die Liegenschaft mittlerweile mit mehr als 200.000 Euro belastet wurde. Er nennt Huber "völlig uneinsichtig" sowie "beratungsresistent" und will den Streit nun endgültig vom Gericht klären lassen. Sofern es nicht zuvor noch eine Einigung gibt, wird ab Mitte Dezember das Landesgericht Wels am Wort sein. (Martin Putschögl, 29.11.2015)