Y. pestis (gelb) im Verdauungstrakt eines Flohs.

Foto: NIAID

In Überresten von Pesttoten aus verschiedenen Jahrhunderten fanden sich nahezu identische Spuren des Erregers.

Foto: Seifert et al.

München/Wien – Der Schwarze Tod traf Europa Mitte des 14. Jahrhunderts mit schier unvorstellbarer Wucht: Binnen weniger Jahre starben an die 25 Millionen Menschen an der Pest – knapp ein Drittel der damaligen europäischen Bevölkerung. Tiefgreifende soziale und politische Umwälzungen gingen mit den massiven demografischen Veränderungen Hand in Hand.

Wenn auch nicht mehr in diesem Ausmaß, so kam es bis ins 18. Jahrhundert regelmäßig zu neuen lokalen Ausbrüchen der Infektionskrankheit in Europa, in Wien zuletzt 1713 mit Tausenden Toten. Der verantwortliche Erreger wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt: das Bakterium Yersinia pestis. Wie genau sich der Erreger über Jahrhunderte auf dem Kontinent halten und immer neue Epidemien auslösen konnte, ist eines der großen Rätsel der Medizingeschichte. Nach heutigem Wissensstand wurde er jedenfalls ab dem 14. Jahrhundert in immer neuen Seuchenzügen aus Mittelasien über Handelsrouten nach Europa eingeschleppt.

Europäische Linie

Wie ein deutsches Forscherteam nun in "Plos One" berichtet, dürfte das Bakterium hier aber auch heimisch geworden sein: Demnach entwickelte sich nach der großen Pandemie im 14. Jahrhundert ein eigener europäischer Bakterienstamm, der in Zwischenwirten mehr als 300 Jahre überdauerte.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschafter um Lisa Seifert (Ludwig-Maximilians-Universität München) Überreste von 30 Menschen, die zwischen Mitte des 14. und Ende des 17. Jahrhunderts in verschiedenen Teilen Deutschlands an der Pest gestorben waren. Aus acht Individuen ließen sich Erbinformationen des Erregers extrahieren. Der genetische Vergleich untereinander sowie mit Proben aus Pestopfern in anderen europäischen Ländern zeigte einen nahezu identischen molekularen Fingerabdruck.

In welchen Wirten diese Erregervariante so lange überleben konnte, ist allerdings nicht bekannt. "Vielleicht waren es Läuse, aber das können wir nicht nachweisen", sagte Holger Scholz, Koautor der Studie. (dare, 13.1.2016)