Der Wiener Künstler Golif malt kontrastreiche Porträts und riesige Fassadenbilder. Beim Wohnen bevorzugt er die leere Fläche, das Nichts in der Raummitte. In seiner Schwarz-Weiß-Welt hat ihn Wojciech Czaja besucht.

"Ich bin ein Workaholic. Vielleicht kein krasser, aber ich würde mich schon als arbeitsamen Menschen bezeichnen. Die Arbeit spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle. Das sind auch genau jene Menschen, die ich am liebsten beobachte: Workaholics, Businessmenschen, stereotype Charaktere, die sich in der Anonymität der Großstadt bewegen und in den Häuserschluchten verschwinden. Mich fasziniert das. Ich denke, die Stadt bietet einem Kreativen gute Möglichkeiten, sich zu entfalten und zu verwirklichen. So wie ich. Ich bin zwar ein Mann mit Vorname und Nachname, als Maler jedoch trete ich unter Pseudonym auf. Ich bin ein Anonymer in der Stadt.

"Ich lebe oft mit Sound. Die Beschallung läuft nebenbei und hat die Aufgabe, den Raum mit Schallwellen zu füllen." Golif in seiner Wohnung im 3. Bezirk.
Foto: Lisi Specht

Die Wohnung nutze ich sowohl als Privatmensch als auch als Golif. Ich wohne in einer 140 Quadratmeter großen Altbau-Mietwohnung im dritten Bezirk, leider auf drei Jahre befristet. Kommende Woche ziehe ich aus. Schade, denn die Wohnung ist toll. Ursprünglich war das eine klassische Studenten-WG, aber in der Zwischenzeit sind sämtliche Mitbewohner ausgezogen und leben quer über ganz Europa verstreut. Die Wohnung hat viel Licht, ist gut geschnitten und hat eine unglaubliche Raumhöhe von 3,80 Metern.

Das ist für mich einerseits wichtig zum Wohnen, denn dadurch empfinde ich Raum und Weite. Andererseits ist es großartig zum Malen, denn meine Bilder sind zum Teil groß und werden meist an der Wand hängend gemalt. Manchmal trotzt die Farbe der Schwerkraft, und manchmal sieht man anhand der Tropfen, dass sie es nicht schafft und dass die Schwerkraft gewinnt. Es sind Gedankenporträts aus der Stadtgesellschaft, die ich male. Manchmal auch Selbstporträts.

Das Malen prägt den Großteil der Wohnung. Hier ist das Wohnen kontrastreich, schwarz und weiß und durchdrungen von Golif. Mit Möbeln gehe ich sehr sparsam um. Ich habe ein paar wenige Stücke aus den Siebzigerjahren, die ich cool finde, so wie diesen braunen Lederdrehstuhl oder die alte Musikanlage. Musik ist echt wichtig für mich. Ich lebe und male oft mit Sound oder zumindest mit Hörbüchern und Ö1-Interviews im Hintergrund. Meist höre ich nur passiv, die Beschallung läuft nebenbei, hat keine andere Aufgabe, als den leeren Raum mit Schallwellen zu füllen.

Ich brauche keine besonderen Accessoires und auch keine Gadgets, die meinen Wohnalltag verschönern und versüßen. Alles, was ich brauche, ist Fläche zum Ausbreiten, zum Herumlaufen, zum Austoben. Die meisten der sehr wenigen Möbel, die ich habe, stehen daher an der Wand, und die Raummitte ist komplett leer und frei. Ich würde nie etwas in die Raummitte stellen. Das wäre mir viel zu schade, denn das ist in ihrer Leere der für mich wertvollste Raum, den es gibt.

Mein Lieblingsding ist übrigens kein Einrichtungsgegenstand, sondern ein Burton-Cruzer-Snowboard aus dem Jahr 1986. Ich bin ein leidenschaftlicher Snowboarder. Außerdem fasziniert mich die Ästhetik dieser Kultur, in der sich immer wieder auch Streetart- und Graffiti-Elemente wiederfinden. Das hat es mir echt angetan. Die Aluleiter? Das ist ein Hybrid aus Arbeitsmittel und Auszugshilfe. Aber ich mag Leitern. Wer weiß, vielleicht wird in der neuen Wohnung auch eine herumstehen.

Wie gesagt: Kommende Woche ziehe ich um. Da wird sich einiges ändern. Meine neue Wohnung liegt im 9. Bezirk, hat 85 Quadratmeter und ist dann endlich, endlich, endlich unbefristet! Es gibt drei schöne große Räume: Wohnzimmer, Schlafzimmer und Arbeitsraum. Ich freue mich schon sehr darauf, denn diese Wohnung werde ich wirklich von null auf gestalten können, ohne dass sie als Überbleibsel aus Wohngemeinschaftstagen so ein unkontrollierbares Eigenleben entwickelt." (18.1.2016)