Bore-out wird das krankhafte Langweilen im Büro genannt. Anders als das Burn-out ist es gesellschaftlich weniger anerkannt, Langeweile gibt niemand gerne zu. Körperliche Schäden kann man aber auch von zu viel Langeweile davontragen.

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Alles außer Arbeit: Internationale Studien zeigen, dass Angestellte durchschnittlich eineinhalb bis drei Stunden täglich mit Tätigkeiten verbringen, die nichts mit der Arbeit zu tun haben. Von sozialen Netzwerken über Onlineshopping bis zu Zeitungslesen oder private Telefonate.

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Dienst nach Vorschrift und strikte Anwesenheitszeiten führen häufig zu Bore-out. Laut Experten wäre es effizienter, wenn Angestellte selbst entscheiden könnten, wann sie kommen und wann sie gehen.

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Ein Alumnitreffen der Uni, es geht um die Erfahrungen im ersten Job. "Ich habe vor allem gelernt langsam zu arbeiten", meldet sich eine ehemalige Studentin sofort. Mit ihren Aufgaben sei sie immer schon zu Mittag fertig gewesen, von Vorgesetzten habe sie aber nur gehört, sie solle sich doch ein bisschen mehr Zeit lassen. Ein anderer Absolvent stimmt zu und ergänzt: "Auch bei uns sitzen alle nur ihre Zeit ab, auch wenn sie mit den Aufgaben schon fertig sind." Was am Anfang noch paradiesisch erschien, nervte die beiden Betroffenen relativ bald.

Wie viele sich unterfordert fühlen

Eine – nicht-repräsentative – Onlineumfrage des Karriere.at-Portals bestätigte diese Eindrücke vor wenigen Wochen: Während ein Viertel der 495 Abstimmungsteilnehmer angab, zu viele Aufgaben in zu weniger Zeit bewältigen zu müssen, meinen 41 Prozent eher unterfordert zu sein. In einer größer angelegten Umfrage der Deutschen Universität für Weiterbildung in Berlin gaben elf Prozent an, sich beruflich unterfordert zu fühlen. Ihnen mangle es an anspruchsvollen Aufgaben (53 Prozent), Verantwortung (48 Prozent) und Abwechslung (37 Prozent).

Ein extremes Beispiel für Bore-out kommt aus Deutschland: Ein Angestellter der Abteilung "Auslandsbeziehungen" des Bundesnachrichtendiensts hatte er jahrelang Informationen an die CIA weitergeleitet, was unter anderem eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen Berlin und Washington nach sich zog. Vor Gericht wollte man von dem Angestellten Beweggründe wissen. Ihm sei eben langweilig gewesen, antwortete dieser.

Langeweile als Luxus?

Selbstverständlich hat die Langeweile nicht immer so drastische Folgen. Internationale Studien zeigen, dass Angestellte durchschnittlich eineinhalb bis drei Stunden täglich mit Tätigkeiten verbringen, die nichts mit der Arbeit zu tun haben – von sozialen Netzwerken über Onlineshopping bis zu Zeitunglesen und privaten Telefonaten. Projekte und Aufgaben werden in die Länge gezogen.

Über Langeweile im Büro wird dabei nicht gerne gesprochen. Anders als beim Burn-out, der Überforderung, ist das Bore-out gesellschaftlich weniger anerkannt. Langweile wird gerne als Luxusproblem abgetan – ist doch schön, wenn man nicht so einen Stress hat -, die Betroffenen leiden aber genauso.

Parallelen zum Burn-out

Während man ein Burn-out viel schneller erahnt, weil man selbst und andere ja mitbekommen, wie viel man leistet, würde viel Zeit vergehen, bis Symptome wie chronische Rückenschmerzen, Depressionen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf ein Bore-out hinweisen, sagt Ines Heinold der Süddeutschen Zeitung. Sie hat sich auf Coaching von Burn-out und Bore-out-Betroffenen spezialisiert.

Nicht alle Berufe und Branchen sind prädestiniert für Bore-Out, auffällig ist aber, dass Betroffene häufig in der Verwaltung oder in Dienstleistungsjobs tätig sind. In einem Bürojob kann man Nichtstun außerdem sehr gut verstecken. Die Gründe für die Langeweile können dabei vielseitig sein: Wegrationalisierte Aufgaben durch Software oder andere technologische Entwicklungen, aber natürlich auch das Führungsverhalten der Vorgesetzten spielt eine wesentliche Rolle.

Präsenzkultur dominiert noch

Was die Absolventen beim Alumnitreffen andeuten ist klar: Ihnen wäre Leistung statt Präsenz lieber. Wenn aber Arbeitsbeginn um 09:00 Uhr vorgegeben ist und Ende um 17:00 Uhr, dann hat man sich in vielen österreichischen Büros noch daran zu halten. Mehr als Telearbeit, also klassische Homeofficetage, ist hierzulande kaum zu finden. Aber: Die Option wird für viele Unternehmen immer attraktiver, viele sind für alternative Arbeitszeitmodelle offen. Dass nur die Art und Weise der Arbeitsorganisation Langeweile verhindern kann ist damit natürlich nicht gesagt, weniger Handlungsspielraum macht es aber schwierig gegen Monotonie anzukämpfen.

Letztes Mittel Jobwechsel

Was kann noch gegen Langeweile unternommen werden? Philippe Rothlin, Co-Autor von "Diagnose Boreout. Wenn Langeweile krank macht", meint, das Wichtigste sei ein hohes Maß an Eigenverantwortung: Man müsse selber etwas tun und vielleicht auch ungefragt neue Dinge erarbeiten, und sich nicht der Langeweile ergeben. Letztes Mittel bleibe der Jobwechsel. (lhag, 22.2.2016)