Florian Teichtmeister übte das Rollstuhlfahren, bevor er die Rolle des Majors Robert Palfinger übernahm.

Foto: ORF / Hubert Mican

Größere Hindernisse half Simon Hatzl zu überwinden. Er spielt den Bruder des Polizisten – einen unkonventionellen Kirchenmann.

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STANDARD: Die Rolle des Major Robert Palfinger bietet eine spezielle Herausforderung: Sie ermitteln im Rollstuhl. Wie ging es Ihnen damit?

Teichtmeister: Ich mache gerade eine interessante Erfahrung, wie sie Freunde, die Rollstuhl fahren, gut kennen: dass man ganz oft reduziert wird auf diesen Rollstuhl. Der einzige Unterschied zwischen dem einen und dem anderen ist, dass der eine seine Knie benutzt und der andere Räder. Das ist auch der Kern unserer Geschichte. Der Mensch, der der Polizist vor dem Unfall war, ist er auch danach. Man kann auch im Rollstuhl einen Backflip machen, wenn man will.

STANDARD: Haben Sie geübt?

Teichtmeister: Ich bin ein, zwei Wochen in Wien gefahren, und ich habe versucht, an den Drehtagen tatsächlich nur mit dem Rollstuhl zu fahren. In dem Moment, in dem ich das Hotel verlassen habe, war ich schon drinnen und habe geschaut, dass es bis zum Abend so bleibt. Für mich war überraschend, dass Rollstuhlfahren tatsächlich so unglaublich, manchmal auch unmöglich ist. In Salzburg tagtäglich damit unterwegs zu sein, ist eine körperliche Herausforderung.

STANDARD: Der Gehandicapte im Film ist meist auf ein Klischee reduziert: edel, hilfreich und gut – und asexuell. Ist das nötig?

Teichtmeister: Bei uns ist Sex zumindest ein Thema. Das Interesse an der Sexualität eines Menschen mit Handicap ist ja auch wieder eine Form von seltsamem Schlüssellochbohren. So wie meine und deine Sexualität niemanden etwas angeht, so wenig geht mich die des Rollstuhlfahrers etwas an.

STANDARD: Vielleicht geht es nicht um Neugier, sondern darum, die Normalität darzustellen?

Teichtmeister: Schon, nur haben wir im Film ohnehin schon so viele Konflikte. Zwischen Bayern, Österreichern, Behinderten, Nichtbehinderten, und dann gibt es noch einen Fall zu lösen. Es ist so selbstverständlich, aber weil es ein Interview ist, will ich es sagen: Kein Rollstuhlfahrer gleicht dem anderen. Mir hat gefallen, dass wir jemanden kennenlernen, dessen Unfall länger her ist, der sich aber nicht in Frühpension schicken lässt. Es gibt so viele Menschen, die das erleben und sagen: Warum soll ich mich jetzt zurückziehen? Das Leben geht weiter, auch mit Rollstuhl.

STANDARD: Palfinger geht sehr lässig mit seiner Behinderung um. Er will sagen: Ich habe meine Autonomie nicht verloren.

Teichtmeister: Ja. Das ist es. Wir wollten keinen Protest daraus machen und ein Rührstück. Ich kann jedem, der wissen will, wie sich das anfühlt, nur raten: Borgen Sie sich einen Rollstuhl aus. Fahren Sie zwei Stunden durch Wien. Sie werden mehr kapieren als tausend Worte sagen können.

STANDARD: Eine Botschaft an alle, die sich über barrierefreie Zugänge beschweren?

Teichtmeister: Zum Beispiel. Wenn Sie wüssten, welches Hindernis eine Gehsteigkante für einen ungeübten Rollstuhlfahrer sein kann ... Dabei habe ich mich sicher nicht ganz patschert angestellt. Ich weiß, dass man aus praktischen Gründen nicht sagen kann, man sei "an den Rollstuhl gefesselt", weil mich hat es so auf die Fresse gehaut. Ich weiß, dass da keine Fesseln waren, die mich gehalten haben.

STANDARD: In "Die Toten von Salzburg" darf sich Salzburg wieder einmal von seiner schönsten Seite zeigen. Ist Tourismusförderung im Film okay für Sie?

Teichtmeister: Ich habe das Gefühl, dass Salzburg in diesem Film nicht so pittoresk inszeniert ist, wie das schon zu sehen war.

STANDARD: Die Pathologie logiert in bester Aussichtslage. Meistens sind die doch im Keller.

Teichtmeister: Als Wiener sage ich: Wenn es eine schöne Leich' ist, warum sie nicht herzeigen? Man kommt in Salzburg eben schwer um die schönen Ecken herum.

STANDARD: Wie sehen Sie "Altes Geld" in der Nachbetrachtung? Wieso war es kein Erfolg?

Teichtmeister: Was heißt das, es war kein Erfolg?

STANDARD: Kein Publikumserfolg.

Teichtmeister: Darf man von einer Serie wie "Altes Geld" erwarten, dass sie dieselbe Zuschaueranzahl hat wie "Braunschlag"?

STANDARD: Es wurde offenbar erwartet.

Teichtmeister: Von mir nicht. Insofern stimme ich in den Tenor, es sei ein Misserfolg gewesen, überhaupt nicht ein. Viel interessanter finde ich, was die Leute mir privat sagen, und da gibt es das ganze Spektrum. Das ist sehr schön, weil dann sind wir ein bisschen mehr bei der Kunst und ein bisschen weniger bei der Berechnung.

STANDARD: Hat es Ihnen gefallen?

Teichtmeister: Ich stelle mir solche Fragen nicht, weil ich nicht beurteile. Für mich war der Dreh sehr besonders. Dann war das Ding fertig und nach dem Schnitt gibt man es aus der Hand, kreuzt die Finger und sagt: Hoffen wir das Beste.

STANDARD: Muss man auch können. Sehen Sie sich gerne selbst?

Teichtmeister: Ich hab's nicht gern und schaue meistens gar nicht den ganzen Film. Der Physiker Richard Feynman hat einmal gesagt, er fühle sich wohler mit der Aussage, "ich weiß es nicht", als mit der Behauptung, er wüsste es und der gleichzeitigen Angst, er könnte Unrecht haben. Da bin ich ganz bei ihm. Ich sage: Ich habe keine Ahnung. Da bin ich mir sicher. (Doris Priesching, 2.3.2016)