Rund 80 Prozent der über 70-Jährigen leiden an Hypertonie. Die Behandlung sollte in jedem Fall mit Maß erfolgen, sonst drohen schwerwiegende Risiken, sagte der Grazer Geriater Gerhard Wirnsberger bei der Fortbildungstagung der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming (Steiermark).

Der Bluthochdruck ist ein Volksleiden par excellence. In der EU gibt es 81 Millionen Hypertoniker. 78 Prozent davon haben eine entsprechende Diagnose. Nur 68 Prozent werden behandelt. Ein nicht ausreichend kontrollierter Bluthochdruck besteht bei 38 Prozent der Betroffenen. Therapieresistent dürfte die Krankheit bei neun Prozent der Hypertoniker sein. Das ist in der EU immerhin bei 7,2 Millionen Patienten der Fall.

Schlaganfall, Herzinfarkt und chronisches Nierenversagen sind die Hauptkomplikationen. Wirnsberger sagte zu der Bedeutung der Hypertonie: "Zwei Drittel von uns werden an den direkten oder indirekten Folgen der Hypertonie sterben." Bereits in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen leiden 14,4 Prozent der Männer und 6,2 Prozent der Frauen an Bluthochdruck. Bei den mehr als 70-Jährigen liegt dieser Anteil unter den Männern bei 71,2 Prozent, unter den Frauen bei 80,3 Prozent.

Frage der Zielwerte

Die Behandlung ist speziell im höheren Alter diffizil. "Man braucht zumeist zwei bis drei verschiedene Medikamente, um den Zielwert zu erreichen", sagte der Geriater und Nierenspezialist (MedUni Graz). Das kann bei Vorliegen weiterer Erkrankungen schnell in die Polypharmazie und einem stark ansteigenden Risiko für Neben- und Wechselwirkungen durch die vielen verwendeten Arzneimittel führen.

Eine Übertherapie ist gefährlich. Zwar scheint es so zu sein, dass bei jüngeren Patienten niedrige Zielwerte von 120/80 mmHg (systolisch/diastolisch) optimal sind, doch bei Betagten und Hochbetagten ist das laut dem Grazer Experten anders. Zielwerte von 140 bis 150 mmHg systolisch (eventuell sogar noch etwas höher) und 90 oder 95 mmHg diastolisch dürften erstens ohne zu viel Medikation gut erreichbar und zweitens sicher sein.

"Start low, go slow", nannte Wirnsberger dazu das Prinzip. Besonders gravierend ist nämlich die Gefahr durch Stürze mit schweren Verletzungen bei Senioren, welche eine zu aggressive antihypertensive Therapie bekommen. "Das Sturzrisiko ist das größte Risiko für den alten Menschen zu sterben." Bei den verwendeten Blutdruckmedikamenten seien zunächst ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorblocker und dann Kalziumantagonisten zu bevorzugen. Erst danach kämen Diuretika und Beta-Blocker. (APA, 11.3.2016)