Prince bei einem Konzert im Jahr 2011.

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Prince bei der Super Bowl 2007.

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Vielleicht war es eine Ahnung oder eine Eingebung. Es sollte sich jedenfalls als wegbereitend bewahrheiten, dass Prince Rogers Nelson sein erstes je komponiertes Stück "Funk Machine" nannte. Da war er sieben Jahre alt und bearbeitete dafür das Klavier seines Vaters, eines Musikers. Dass seine Mutter Jazzsängerin war, hat den Werdegang von Prince auch nicht gerade beeinträchtigt. Der Weg, den der am 7. Juni 1958 geborene Musiker einschlagen sollte, war lang und abwechslungsreich, und er führte ihn ganz nach oben. Prince war ein Superstar. In den 1980ern war er neben Michael Jackson der schwarze Popstar des Planeten. Nun ist Prince in Minnesota gestorben, er wurde 57 Jahre alt.

Wie Jackson war der aus Minneapolis stammende Prince ein Exzentriker, anders als dieser 2009 verstorbene Konkurrent ist er daran nicht zerbrochen, sondern hat aus seiner Wandlungsfähigkeit bis zum Schluss kreatives Potenzial geschlagen. Prince hat die Errungenschaften der schwarzen Musik der 1960er und 1970er in die 1980er-Jahre weitergetragen. Er war ein Brückenpfeiler zwischen dem sexuell aufgeladenen Soul und Funk von Künstlern wie James Brown oder George Clinton und Spielarten von Psychedelic und Pop. Und zitierte mit seiner androgyn übersteigerten Aufmachung den schwarzen Rock-'n'-Roll-Star Little Richard. Anderen Künstlern hätte man das als Anmaßung ausgelegt, Prince hingegen wurde diesen Vorgaben nicht bloß gerecht, er entwickelte sie weiter, überführte deren Kunst mit seinen Fähigkeiten auf ein neues Level.

Kleiner Mann, großes Talent

Damit war das Talent des keine Ein-Meter-sechzig großen Mannes nicht erschöpft. Prince hielt in seiner Musik auch den schwarzen Rock des Jimi Hendrix am Leben. In fast 40 Studioalben ergossen sich seine Fähigkeiten, darunter befanden sich Meisterwerke wie das die Epoche definierende "Purple Rain" (1984), aber auch die eine oder andere Irrung, die oft seiner Verweigerungshaltung gegenüber den Erwartungshaltungen der Musikindustrie und ihren Verwertern zuzuschreiben war. Eines wurde Prince jedoch nie, langweilig.

Mit 17 nahm Prince ein Demo auf, mit dem sein Manager die Plattenfirmen abklopfte, Warner stellte Prince eine Carte blanche für drei Alben aus, mit weitreichenden Freiheiten. Auf seinem ersten Album "For You" (1978) spielte er alle 27 darauf Verwendung findenden Instrumente selber ein – das muss man sich einmal vorstellen. Das lapidar "Prince" betitelte Folgealbum verkaufte sich bereits siebenstellig, ein Star war geboren. Die Single "I Wanna Be Your Lover" ging über eine Million Mal über die Ladentische und gab manifest die Richtung vor, in die Prince ziehen würde.

Was die dem Zeitgeist geschuldeten Synthesizer der Musik an emotionaler Tiefe raubten, machte Prince mit Hüfteinsatz und einem libidinös aufgeladenen Gesang wieder wett. Sein Gesang oszillierte zwischen balzendem Falsett und einem väterliche Seriosität verströmenden Bariton. Die Folgealben "Dirty Mind" (1980), "Controversy" (1981) und "1999" (1982) festigten seinen Status als Star. Gleichzeitig schwenkte er früh auf Themen um, die sonst nicht zwischen Bettlaken und Discokugel abgehandelt wurden. Atomare Bedrohung, Religion, Rassendiskriminierung. Seine Entwicklung gipfelte früh in "Purple Rain", das oft als eines der besten Alben der Musikgeschichte bezeichnet wird.

Mit seiner Revolution gerufenen Band spielte er das Album als Soundtrack zu dem gleichnamigen Film ein. Stilistisch weit gefächert, gehört es zu den bedeutendsten Alben der 1980er und verkaufte sich über 20 Millionen Mal. Das ungleich vielfältigere Folgealbum "Around The World In A Day" fiel zwar damals eher durch, relativierte seinen Status jedoch über die Jahre und gilt heute als eine seiner besten Arbeiten. Ein "schwarzes St. Pepper" wurde es in Anlehnung an das Beatles-Album "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" genannt, bereits das Artwork des Covers verdeutlichte diese Richtung. Den Größenwahn der Superstars der 1980er definierte Prince entscheidend mit, seine zickige Attitüde und seine stilistischen Haken wurden als divaeske Begleiterscheinungen akzeptiert. Dann begann er seine Bands zu ändern, später seinen Namen. Als "Symbol" trat er auf oder als "The Artist (Formerly Known As Prince)".

Experimentierfreude

Mochten sich die Etiketten ändern, der Inhalt blieb immer Prince. Erfolge feierte er mit dem "Batman"-Soundtrack (1989) oder mit dem 1994 nach langer Zurückhaltung endlich erschienenen "Black Album", das tatsächlich in einer rein schwarzen Hülle ohne Aufschrift erschienen war. Ursprünglich für eine Veröffentlichung 1987 vorgesehen, wurde es zurückgehalten. Es galt als eine Wiedergutmachungsarbeit, als Geste an sein schwarzes Publikum, dem der Superstar in den späten 1980ern zu sehr in das Popfach abgerutscht war oder es an den prosperierenden Hiphop verloren hatte. Den Sticker "Parental Advisory: Explicit Lyrics", den viele Hip-Hop-Alben wie eine Ehrenmedaille trugen, verdankten diese indirekt Prince. Tipper Gore, die Ehefrau des späteren Vizepräsidenten der USA, Al Gore, stieß sich an der Deutlichkeit eines Prince-Songs so sehr, dass sie eine Jugendschutzorganisation gründete, die Eltern mit diesem Aufkleber auf Alben auf den Gebrauch gottloser Sprache hinweisen sollte.

Sein Spätwerk war gekennzeichnet von einer anhaltenden Experimentierfreude, wenngleich ein eher konventionelles, dabei geniales Funk-Album wie das 2004 erschienene "Musicology" zu den erfolgreichsten zählte.

Prince hinterlässt ein immenses Erbe, er hat sich mit Gott und der Welt angelegt und mit Gott und der Welt gespielt. Nach einer grippeähnlichen Erkrankung in der vergangenen Woche wurde er am Donnerstag tot zu Hause aufgefunden. Eine exakte Todesursache wurde noch nicht bekanntgegeben. (Karl Fluch, 21.4.2016)