Laut einer Befragung der Plattform für Alleinerziehende erhält nur jede zweite Alleinerziehende regelmäßig Kindesunterhalt vom Vater des Kindes.

Foto: Heribert Corn

"Der politische Druck für eine Reform fehlt", sagt Sonja Ablinger, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings. Der Grund: Alleinerziehende hätten keine starke Lobby, wohl auch deshalb würden Verbesserungen im Unterhaltsvorschussgesetz auf die lange Bank geschoben.

Jeder zweite zahlt nicht

Laut einer Befragung der Plattform für Alleinerziehende erhält nur jede zweite Alleinerziehende regelmäßig Kindesunterhalt vom Vater des Kindes, viele Frauen sind auf staatliche Unterhaltsvorschüsse angewiesen. Doch bis die Republik zahlt, kann es Jahre dauern, Alleinerziehende und ihre Kinder rutschen an den Rand der Armut. 110.000 Ein-Eltern-Familien mit Kindern unter 15 Jahren leben laut Statistik Austria in Österreich (2014), 93 Prozent der alleinerziehenden Eltern sind Frauen.

Maria Stern, Lehrerin, Singer/Songwriterin und Obfrau des Forums Kindesunterhalt, hat 2015 eine Petition zur Modernisierung des Gesetzes gestartet. Der Grund für die langen Wartezeiten: Die im Paragraf 19 Unterhaltsvorschussgesetz geregelte Möglichkeit für Unterhaltszahlende, einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts zu stellen, zieht eine gerichtliche Überprüfung nach sich – und die kann dauern, auf dem Rücken der Alleinerziehenden und der Kinder. Deswegen, so Stern, die Forderung nach sofortiger Streichung des Paragrafen 19, der in ganz Europa einzigartig sei.

Eine weitere Forderung, die ihrer Umsetzung harrt: die Verlängerung des Unterhaltsvorschusses bis zum Ende der Berufsausbildung. Betroffen sind von diesem Punkt vor allem SchülerInnen berufsbildender Schulen. Sie erhalten im Maturajahr keinen Vorschuss. Entstanden ist die schlechte Situation für MaturantInnen durch die Herabsetzung der Volljährigkeit. Damit entstand auch ein weiterer Nachteil: Die Kinder- und Jugendhilfe ist nur bis zum 18. Lebensjahr zuständig, es fehlt also eine Vollzugsstelle.

Sozialtransfer statt Regressleistung

"Vorschuss" deswegen, weil der Staat gleichsam für die Unterhaltspflichtigen in Vorleistung geht. Daran knüpft sich eine weitere Forderung: die Umwandlung der derzeitigen "Regressleistung" – der Staat holt sich das Geld, zumindest in der Theorie, vom Unterhaltspflichtigen zurück – in einen Sozialtransfer.

Die Plattform für Alleinerziehende fordert außerdem die Aufstockung von teils beschämend niedrigen Vorschüssen von 30 Euro sowie einen Anspruch von Halbwaisen, deren unterhaltspflichtiger Elternteil zu wenige Versicherungszeiten erworben hat. Stern sammelt Fallgeschichten von Betroffenen und Menschen, die Betroffene kennen, um sie auf Wunsch – auch anonymisiert – zu veröffentlichen oder gesammelt an die zuständigen PolitikerInnen zu schicken.

Keine Lobby

Die Kapazitäten von Alleinerziehenden sind gering, Geldnot und soziale Isolation lassen kaum Energie für Lobbyarbeit. "Wenn im Herbst bei den Lohnrunden die Metaller diskutieren, denke ich mir immer wieder: Wenn Alleinerziehende so auf den Tisch hauen würden, wäre die Situation eine andere", sagt Maria Stern.

Deswegen bietet sie seit kurzem gemeinsam mit der Plattform für Alleinerziehende und der Journalistin Teresa Arrieta Medienworkshops an. Darin sollen Alleinerziehende trainieren, medienwirksam ihre Stimme für bessere Lebensbedingungen zu erheben. Damit sich Interessierte das auch leisten können, beträgt die Teilnahmegebühr fünf Euro. (Tanja Paar, 29.4.2016)