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Simon Taxacher: "Wenn Gäste zu spät absagen, bleibt der Tisch leer."


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Konstantin Filippou: "Wir mussten leider harte Regeln aufstellen."


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Die Katze muss notoperiert werden, das Kind fiebert überraschend in lebensbedrohlichen Temperaturen, das Auto hat gerade den Geist aufgegeben: Diese und unzählige andere Ausreden hören Restaurantbetreiber immer wieder von Gästen, die eine bestehende Reservierung kurzfristig absagen. Noch schlimmer sind jene, die sich erst gar nicht um eine möglichst kreative Ausrede bemühen und, ohne ein Wort zu sagen, dem Dinner fernbleiben.

Sogenannte No-Shows sind nicht nur ärgerlich, sondern vor allem teuer. Unbesetzte Tische kosten Betreiber – vor allem in der Spitzengastronomie – viel Geld. "Je mehr Reservierungen es gibt, desto mehr Personal plant man für den Abend ein. Es ist extrem ärgerlich, wenn Gäste dann nicht kommen. Der Tisch bleibt unbesetzt, die Produkte verderben. Das Teuerste sind die Personalkosten", sagt Gastronom Mario Bernatovic, Noch-Betreiber des Wiener Restaurants Kussmaul. (Gerüchteweise soll der Unternehmer das Restaurant verlassen. Wo er demnächst werken will, ist noch nicht bekannt.) Wie soll man die spontanen Essenschwänzer erziehen? Oder muss man diese Attitüden als Dienstleister einfach hinnehmen?

Stornogebühr, Ticketsystem, Warteliste

Eine Stornogebühr sei für Bernatovic ebenso denkbar wie ein Ticketsystem. Schließlich würde auch niemand eine Konzertkarte einfach so verfallen lassen. Und wenn doch, ist das Geld perdu. Meistens ist der Preis der Konzertkarte wahrscheinlich sogar niedriger als jener eines Degustationsmenüs im Fine-Dining-Laden.

Vierhaubenkoch Simon Taxacher vom Restaurant Rosengarten in Kirchberg verrechnet seinen Gästen rigoros eine solche Gebühr fürs Nichterscheinen – zumindest in einer soften Variante: "Die Gäste bekommen für den Stornobetrag einen Gutschein von uns. Die Gebühr beträgt in der Hauptsaison 130 Euro pro Person", sagt Taxacher und hält für zeitgerechte Stornierungen, die natürlich legitim sind, eine Warteliste parat. So rücken Gäste, die keinen Platz mehr bekommen haben, automatisch nach, wenn ein anderer Gast absagt. "Wenn Gäste zu spät absagen oder gar nicht kommen, bleibt der Tisch leer", erklärt der Küchenchef. Da hilft dann auch keine Warteliste.

Harte Regeln nötig

Auch beim Wiener Dreihaubenkoch Konstantin Filippou gibt es eine solche Liste. Um diese kümmern sich bei Filippou drei eigens angestellte Mitarbeiterinnen. Dieser Aufwand sei notwendig, um eine optimale Auslastung zu erzielen. Für Gruppenreservierungen, beispielsweise von Hotels, wird die Kreditkarte verlangt. Nur so könne man sicherstellen, dass No-Shows gering gehalten werden und keine Tische frei bleiben.

"Wir rufen unsere Gäste einen Tag vor der Reservierung an und bestätigen den Termin. Ist der Gast nicht erreichbar und reagiert nicht, vergeben wir den Tisch an jemanden auf der Warteliste. Leider mussten wir diese harten Regeln aufstellen. Damit haben wir es geschafft, sehr wenige kurzfristige Absagen zu bekommen. Wir versuchen, den Gästen zu erklären, warum wir uns absichern müssen. Ich finde, Reservierungen wahrzunehmen, ist eine Frage des Respekts", sagt Filippou.

"Ich habe es schon erlebt, dass ein Gast bei mir saß und in einem anderen Restaurant angerufen und abgesagt hat, weil seine Frau angeblich krank sei. Das tut mir auch für meine Kollegen leid", erzählt Bernatovic, der zwar keine Stornogebühr verlangt, dafür aber ein Entgelt verrechnet, sollte ein Gast einen Gang aus dem Menü tauschen wollen. "Das Menü ist so zusammengestellt, dass gewisse Gänge ausgewählt aufeinanderfolgen sollen. Es ist ein Stress für die Küchenmannschaft, wenn sie dazwischen etwas anderes machen muss. Es geht uns nicht um den Aufpreis. Wir wollen eher verhindern, dass die Leute kreuz und quer essen. Sonst braucht man keine Menüs mehr zu schreiben", sagt der Unternehmer und sieht der gastronomischen Zukunft in Österreich nicht gerade optimistisch entgegen.

Neue Zeiten

"Registrierkassenpflicht, Compliance-Richtlinien – die unter anderem zum Aus des Restaurants von Spitzenkoch Heinz Hanner geführt haben sollen – und die hohen Lohnnebenkosten machen es laut Bernatovic Restaurantbetreibern in Österreich zunehmend schwerer. "Ich habe das Glück, dass ich quasi in der Zeit der Registrierkassen geboren bin", sagt hingegen Filippou, der eher damit beschäftig ist, gute Mitarbeiter dauerhaft zu behalten. Schließlich steht und fällt ein Restaurant mit dem Personal.

"Wir geben die Hälfte des gesamten Trinkgelds an die Küche ab. Könnte ich den Köchen das zahlen, was sie wirklich wert sind, müsste ich die Mannschaft auf die Hälfte reduzieren. Diese Mitarbeiter müssten dann aber wesentlich mehr arbeiten. Das würde dazu führen, dass sie nicht lange bleiben. Wir überlegen uns jede Woche, was wir machen können, um unsere Mitarbeiter zu motivieren und ihnen die nötige Wertschätzung entgegenzubringen", sagt Filippou.

Diese Wertschätzung verlangt er aber auch von seinen Gästen. Ist das zu viel verlangt? Wahrscheinlich nicht. (Alex Stranig, RONDO, 21.5.2016)