Bild nicht mehr verfügbar.

Der Mount Everest zieht jedes Jahr im Mai und Juni zahlreiche Gipfelstürmer an. Die Kommerzialisierung durch geführte Touren wird seit einigen Jahren stark kritisiert. Auch im heurigen Jahr sind schon sechs Bergsteiger tödlich verunglückt.

Foto: AP

Dieser Tage jährt sich zum 63. Mal die Erstbesteigung des Mount Everest. Viele haben nach Edmund Hillary und Tenzing Norgay versucht, den höchsten Berg der Welt zu bezwingen. Seit einigen Jahren stellen sich dieser Herausforderung auch viele weniger erfahrene Bergsteiger. Kommerzielle Organisationen bringen sie mit allen erdenklichen Mitteln zum Gipfel. Was dabei schiefgehen kann, hat die Saison 1996 gezeigt, in der nach einem Wetterumschwung an nur einem Tag acht Bergsteiger ums Leben kamen. Dieses Unglück jährt sich heuer zum zwanzigsten Mal.

Die vermutlich größte Hürde, die es dabei zu bezwingen gibt, ist für viele der eigene Körper, der vor allem in der sogenannten Todeszone ab 7.000 Metern an seine Grenzen kommt. Obwohl alle Bergsteiger noch vor ihrem Aufstieg mehrere Wochen lang Akklimatisierungstouren unternehmen, sind manche auf die extremen Bedingungen am Berg trotzdem nicht ausreichend vorbereitet.

Ob der Körper gut trainiert ist oder nicht, spielt dabei nicht immer eine Rolle. Auch Bergsteiger in Topform können scheitern. "Die Höhenverträglichkeit ist genetisch vorgegeben", sagt Peter Schödl, Sportarzt und Spezialist für Höhenmedizin. Häufig würden gut trainierte Bergsteiger ihre Form am Berg ausspielen wollen. "Sie sind dann zu schnell unterwegs und geben sich zu wenig Zeit. Zwar sind sie dann zuerst am Ziel, am nächsten Tag haben gut trainierte Bergsportler aber dann Probleme." Mit viel Zeit und ausreichenden Schlafhöhenabständen bekomme man jeden auf einen Berg, sagt Schödl. Leider werde bei vielen Touren zu schnell zu viel Höhe in Angriff genommen.

Massive Kopfschmerzen

Die Anpassungsstörungen des Körpers werden unter dem Begriff Höhenkrankheit zusammengefasst, sie tritt meist ab 2.500 Metern auf. Zu ihren gefährlichsten Symptomen gehören Höhenhirn- und Höhenlungenödeme. Im Körper passiert dabei Folgendes: "Es kommt zu Wasseransammlungen und Schwellungen. Beim Höhenhirnödem steigt der Druck im Kopf stark an, weil der Schädelknochen sich nicht ausdehnen kann", sagt Schödl. Die Symptome des Hirnödems sind massive Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Koordinations- oder Bewusstseinsstörungen.

Die Höhenkrankheit beeinflusst im schlimmsten Fall wesentlich die Entscheidungssicherheit und Denkfähigkeit der Bergsteiger. "Viele handeln dann unvernünftig, wollen weiter aufsteigen, obwohl ein Umkehren ratsamer ist", sagt Schödl. Weil Betroffene sich dann selbst nicht mehr helfen können, sei am Berg ein "Buddy-System" sinnvoll, rät der Mediziner. In Zweiergruppen könnten Bergsteiger besser aufeinander aufpassen. "Ändert sich das Verhalten des Bergsteiger-Buddys, merkt man das in einer Zweiergruppe viel schneller", sagt Schödl.

Beim Höhenlungenödem kommt es vor allem zum Leistungsabfall. "War der Bergsteiger am Vortag noch in guter Form, muss er nun sehr häufig stehen bleiben und Pausen einlegen", erklärt Schödl. Auch hier komme es zu Wasseransammlungen, wichtig sei dann, aufrecht zu stehen oder zu sitzen und sich nicht hinzulegen. Auch Herzrasen und blaue Lippen sind mögliche Symptome.

Ausreichend trinken

Wenn sich die Höhenkrankheit bemerkbar macht, sollten Bergsteiger wieder auf eine Höhe absteigen, auf der sie zuletzt keine körperlichen Probleme hatten, rät Schödl. Wesentlich ist zudem, beim Bergsteigen genug zu trinken. Erstens weil es körperlich anstrengend ist, und zweitens, weil durch Dehydrierung die Wahrscheinlichkeit steigt, die Höhenkrankheit zu bekommen. "In großen Höhen arbeiten die Nieren verstärkt, sie produzieren mehr Harn – das ist ein gutes Zeichen, weil der Körper sich dann an die neuen Verhältnisse anpasst", sagt Schödl, "viele Bergsteiger würden aber ausgerechnet dann weniger trinken, weil sie nachts nicht ständig auf die Toilette gehen wollen."

Wer auf sehr hohe Berge steigt, kann außerdem einen Tinnitus oder die sogenannte Schneeblindheit erleiden. Dabei bekommt die Netzhaut durch die starke Lichteinstrahlung eine Art Sonnenbrand. In schweren Fällen löst sich die äußerste Schicht ab und Nervenenden liegen frei. Betroffene haben das Gefühl, einen Fremdkörper im Auge zu haben. Bergsteiger müssen umkehren und sich ärztlich behandeln lassen, ansonsten drohen bleibende Sehstörungen.

Wer auf hohe Berge wie den Mount Everest steigt, muss im Notfall auch wieder zu Fuß zurück ins Tal. Obwohl im Jahr 2005 der Franzose Didier Delsalle als erster Mensch mit einem Spezialhubschrauber auf dem Mount Everest gelandet ist, sind im Normalfall Rettungseinsätze mit dem Helikopter nicht möglich.

Auf hohen Bergen wie dem Mount Everest können zudem auch eisige Kälte, hohe Windgeschwindigkeit, Lawinen und Wetterumschwünge zur lebensbedrohlichen Gefahr für Bergsteiger werden. 283 Menschen sind seit dem Jahr 1922 auf dem höchsten Berg der Welt tödlich verunglückt. Auch in der Saison 2016 ließen bisher sechs Bergsteiger auf dem Mount Everest ihr Leben. (Bernadette Redl, 1.6.2016)