Ein heller und ein dunkler Birkenspanner paaren sich.

Foto: Ilik Saccheri

Liverpool/Wien – Der Birkenspanner ist – jedenfalls für Evolutionsbiologen – ein ganz besonderes Insekt. Das liegt daran, dass sich an der veränderten Färbung des Schmetterlings eines der Grundprinzipien der Evolution bereits im 19. Jahrhundert zeigen ließ, obwohl damals die experimentellen Möglichkeiten der Biologie beschränkt waren.

Eigentlich sind die Flügel des Birkenspanners hell gefärbt und heben sich kaum von Birkenrinde ab. Doch bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts tauchten erste dunkle Exemplare des unscheinbaren Schmetterlings in Großbritannien auf. Wenig später setzte die industrielle Revolution ein und verdunkelte mit ihrem Ruß die Landschaft. Die dunklen Exemplare waren nun eindeutig im Vorteil, da sie von Vögeln nicht mehr so leicht entdeckt werden konnten. Und so waren um 1900 80 Prozent der Spanner schwarz gefärbt.

Der Biologe Ilik Saccheri (Uni Liverpool) hat nun im Fachblatt "Nature" den genetischen Mechanismus entschlüsselt, der zum Melanismus führt: eine Mutation auf einem sogenannten springenden Gen namens Cortex, das an verschiedenen Orten des Genoms auftauchen kann und eigentlich die Zellteilung steuert. Wie Saccheri und seine Kollegen berichten, sorgt das Gen auch bei den evolutionär weit entfernten Postmann-Faltern (Heliconius melpomene) für die Schwarzfärbung, was die Forscher auf die Spur brachte.

Die Forscher konnten auch zurückrechnen, wann die ersten dunklen Birkenspanner aufgetaucht sein dürften: nämlich um das Jahr 1819 herum. Die Kreationisten, die sich an diesem Insekt mit besonderer Leidenschaft abgearbeitet haben, dürften sich wieder ein bisschen schwerer tun, die Evolution kreationistisch umzudeuten. (tasch, 3.6.2016)