Die Ausdehnung des Weltalls seit dem Urknall (links) bis heute (rechts). Neue Messungen kommen zu einem unerwartet hohen Expansionswert. Nun grübeln Physiker, was die Gründe dafür sein könnten.

Illustration: Nasa, Goddard Space Flight Center

Baltimore/Wien – Unser Universum expandiert seit dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Erdenjahren. Das weiß man noch nicht so besonders lange, und selbst Albert Einstein tat sich noch schwer mit diesem Faktum. Seit 1998 weiß man zudem, dass sich die Expansion seit sechs Milliarden Jahren beschleunigt – eine Erkenntnis, für die Saul Perlmutter, Brian Schmidt und Adam Riess 2011 den Physiknobelpreis erhielten.

Doch nun legt Astrophysiker Riess noch einmal nach: In einem neuen Aufsatz, der demnächst im "Astrophysical Journal" erscheinen wird, will er mit seinem Team und dem Weltraumteleskop Hubble herausgefunden haben, dass sich das Weltall noch schneller ausdehnt als bisher angenommen.

2013 hatte man mit dem Planck-Satelliten als sogenannte Hubble-Konstante einen Wert von 67,15 km/s pro Megaparsec ermittelt. Das bedeutet konkret, dass zwei Punkte, die ein Megaparsec (3,26 Millionen Lichtjahre) voneinander entfernt sind, mit 67,15 Kilometern pro Sekunde weiter auseinanderstreben.

Widersprüchliche Messungen

Doch Riess und Kollegen kamen nun nach Entfernungsberechnungen und Messungen von Rotverschiebungen von 2400 veränderlichen Sternen (sogenannten Cepheiden) in 19 Galaxien sowie von rund 3000 Supernovae des Typs 1a auf einen Wert, der rund sieben Prozent höher liegt, nämlich 73,2.

Während Riess und Kollegen ihre Messungen im sogenannten lokalen Universum anstellten, kamen die anderen Werte von Satellitenmessungen des Urknall-Echos. In Riess' Worten: "Man beginnt an zwei Enden und erwartet, dass sie sich in der Mitte treffen, wenn alle Zeichnungen und Messungen korrekt sind." Doch die beiden Enden haben sich nicht getroffen, so der Astrophysiker, der nun natürlich wissen will, was der Grund dafür ist.

Dunkle Energie als Erklärung

Dafür kommen mehrere Ursachen in Betracht. So könnte die Dunkle Energie, deren Natur noch immer nicht aufgeklärt ist, im Laufe der kosmischen Geschichte an Kraft gewonnen haben. Denkbar wäre aber auch, dass im frühen Universum eine bisher unbekannte Art von subatomarem Teilchen entstand, das als eine Art "Dunkle Strahlung" das Verhalten des frühen Kosmos beeinflusste und damit auch die heute messbare Hintergrundstrahlung.

Denkbar wäre aber auch, dass Einsteins allgemeine Relativitätstheorie – und damit die Gleichungen, welche die Gravitation beschreiben – nicht vollständig ist. (tasch, 4. 6. 2016)