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Eine Demonstration der Identitären Bewegung im November in Spielfeld.

Foto: APA/EPA/Scheriau

Für die Identitäre Bewegung war es ein Coup: Als der staatsnahe russische Sender RT (vormals Russia Today) über die österreichische Bundespräsidentenwahl berichtete, interviewte er keinen Politologen oder Meinungsforscher – sondern einen Rechtsextremisten. Alexander Markovics, ehemaliger Chef der Identitären Bewegung, durfte allein und vor einem internationalen Publikum seine radikalen Thesen vorstellen.

Der russische Staatssender hat offenbar Gefallen an der vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppe gefunden: Auf der Facebook-Seite "RT Play" findet sich ein aufwendig produziertes Video, das die Rechtsextremen charmant inszeniert. Kritische Worte zu den laut Verfassungsschutz rechtsextremen Inhalten der Gruppe finden sich dort nicht. "Nicht klar, ob sehr rechts oder rechte Hipster", fasst RT die Umtriebe der Gruppe zusammen.

Dass RT und "Sputnik", also die wichtigsten russischen Auslandsmedien, rechtsextreme Persönlichkeiten zu Wort kommen lassen, ist nichts Neues. Es gibt in der Ideologie von russischen Nationalisten und neurechten Gruppen große Überschneidungen, etwa Antiamerikanismus und Hass auf Homosexuelle. Die Szene umfasst Medienportale wie "Compact" und das FPÖ-nahe "unzensuriert.at", aber auch Bewegungen wie Pegida.

Identitäre Vorstandsmitglieder in prorussischem Zentrum

Während Pegida in Österreich keinen großen Zuspruch fand, konnte die rechtsextreme Identitäre Bewegung mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen durchaus Zulauf generieren. Mitglieder der Identitären haben schon seit Jahrzehnten enge Verbindungen ins Neonazi-Milieu. Die Gruppe prahlt mit ihren Kontakten nach Deutschland und Frankreich. Recherchen zeigen jedoch, dass die Identitären auch in engem Austausch mit russischen Akteuren stehen.

Eine Schlüsselrolle nehmen dabei der Deutschrusse Jurij Kofner und sein "Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit" ein. Der 28-jährige Absolvent der staatlichen Universität für internationale Beziehungen in Moskau veröffentlicht regelmäßig im "Compact"-Magazin und ist ein fleißiger Netzwerker. Fotos zeigen Kofner mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). Gleichzeitig prahlt er mit Bildern, die ihn in voller Kampfmontur und mit schweren Waffen zeigen. Kofner spricht von einem "Nato-Faschismus", er will eine "eurasische Gemeinschaft" von "Lissabon bis Wladiwostok".

Verbindungen zu "unzensuriert.at"

Kofner vertritt eine extrem rechte Ideologie, die gut zu den Identitären passt. Mit Maximilian Dvorak-Stocker ist ein Vertreter der österreichischen Identitären im Vorstand von Kofners Zentrum für Kontintentale Zusammenarbeit. Dvorak-Stockers Vater Wolfgang leitet wiederum den Leopold-Stocker-Verlag, der über eine Tochterfirma am FPÖ-nahen Portal "unzensuriert.at" beteiligt ist.

Wer in das Netzwerk rund um Kofner eintaucht, stößt auf skurrile Institute und Persönlichkeiten: Da tummeln sich ehemalige KGB-Agenten, Neonazis, faschistische Publizisten wie der "SS-Bewunderer" Alexander Dugin und Putin-Vertraute wie Wladimir Jakunin. Immer wieder führen Spuren rechtslastiger Organisationen in Wien und Deutschland zu Personen im Umfeld der russischen Regierung. Kofners Institut kooperiert beispielsweise mit einem Thinktank des russischen Außen- und Bildungsministeriums.

Geld aus Deutschland

Unklar bleibt, ob die Unterstützung für rechtsextreme Gruppen "nur" ideologischer Natur ist. Die Identitären sammeln immer wieder Geld, etwa durch Crowdfunding mit anonymen Spendern. Besonders spendable Gönner sitzen in Deutschland: etwa die Initiative "Ein Prozent", die nach STANDARD-Informationen schon einmal fünfstellige Beträge nach Österreich überwiesen hat.

Der deutsche Auslandsgeheimdienst untersucht bereits seit Monaten, ob die russische Regierung mit der Unterstützung rechtsextremer Gruppen das politische System in EU-Mitgliedsländern destabilisieren möchte. Beweise gibt es bislang kaum. Bekannt ist, dass der rechtsextreme französische Front National von russischen Banken Kredite in Millionenhöhe bekam. Belegt sind auch enge Moskau-Kontakte des freiheitlichen Wiener Vizebürgermeisters Johann Gudenus, der gemeinsam mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache 2014 in Wien an einer Konferenz ultranationalistischer russischer Extremisten teilnahm.

Die Recherchen, die dem STANDARD vorliegen, zeigen, dass die Identitären fernab der medialen Öffentlichkeit, die sie so gern suchen, enge Beziehungen in den Osten aufbauen. Dass die ultranationalistische Botschaft der Gruppe auch aus Moskau tönt, dürfte den meisten Anhängern aber nicht bewusst sein. (Fabian Schmid, Markus Sulzbacher, 10.6.2016)