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Junkfood sieht schön aus – zumindest in der Werbung. Gesund ist es nicht.

Foto: epa/Andy Rain

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Michelle Obama mit Erica Eggplant bei einer Veranstaltung der Super Sprowtz in Bowie, Maryland. Obama setzt sich seit längerem für den Zugang aller Kinder in den USA zu gesunder Ernährung ein.

Foto: Reuters/Jonathan Ernst

Laut einer Studie des britischen Krebsforschungsinstituts Cancer Research UK beschreiben schon Kinder Werbung für minderwertige Lebensmittel wie Fastfood und Süßigkeiten als "verlockend" und "süchtig machend". Im Rahmen der Untersuchung wurden Schülern und Schülerinnen im Alter von acht bis zwölf Jahren Werbespots für Junkfood gezeigt. Im Anschluss sollten die Kinder die Wirkung der Spots beschreiben.

Ein Kind meinte, es könne "den Bildschirm abschlecken", nachdem es einen Werbeclip gesehen hatte. Ein anderes beschrieb die Wirkung eines Spots für Süßigkeiten so: "Man fühlt sich glücklich und aufgeregt und will die Süßigkeiten probieren, weil der Mann in der Werbung tanzt, weil er sie gegessen hat und sie gut schmecken."

Werbung wirkt – auch bei Gemüse

Die Wirkung von Werbung auf Kinder kann man sich aber auch in positiver Weise zunutze machen: Auch Gemüse findet großen Anklang bei Kindern, wenn es etwa von Zeichentrickfiguren beworben wird. Das fanden Forscher der Cornell University in New York und der Ohio State University heraus. Sie setzten in ihrer Studie die sogenannten Super Sprowtz ein, eine Gruppe sprechender Gemüsefiguren mit Superkräften, die in den USA über Youtube bekannt wurden.

So wurden für die Studie die Gemüsefiguren Erica Eggplant, Miki Mushroom und Brian Broccoli via Banner und Videos in Schulkantinen in öffentlichen Grundschulen platziert. Daraufhin griffen mehr als dreimal so viele Kinder in den Kantinen zu Gemüse als zuvor, berichtet Studienleiter Andrew Hanks.

Ernährungspyramide auf den Kopf gestellt

Beide Studien belegen den Einfluss, den Werbung auf das Essverhalten von Kindern hat. Auch Jörg Matthes, Leiter des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien, beschäftigt sich mit der Wirkung von Werbung. "Im Fernsehen wird die Ernährungspyramide umgedreht abgebildet. Das trifft aber nicht nur auf die Werbung, sondern auch auf Filme zu", erklärt er. Was wir unter gesundheitlichen Gesichtspunkten selten essen sollten, also etwa zucker- und fettreiche Nahrungsmittel, werde von Filmcharakteren häufig konsumiert und umgekehrt.

Matthes und seine Kollegin Brigitte Naderer untersuchen derzeit, wie sich Produktplatzierung in Filmen auf die Lebensmittelauswahl von Kindern auswirkt. Im Rahmen der Untersuchung zeigten sie niederösterreichischen Schulkindern zwischen sechs und elf Jahren einen kurzen Film mit einem Panda. In einer Version des Films isst der Panda eine bestimmte Sorte Chips, in einer anderen isst er nichts. Nach dem Film wurden allen Kindern mehrere Sorten Chips angeboten. Das Ergebnis: Von den Kindern, die den chipsessenden Panda gesehen hatten, entschieden sich fast doppelt so viele für die Sorte, die der Panda gegessen hatte.

Weniger Junkfood-Werbung im Rundfunk gefordert

Dass ungesunde Ernährung und daraus resultierendes Übergewicht beispielsweise das Krebsrisiko erhöhen, ist seit langem bekannt. Auch Cancer Research UK warnt in Zusammenhang mit seiner aktuelle Studie davor. In Großbritannien ist Werbung für minderwertige Lebensmittel vor, nach und während des Kinderprogramms verboten. Dem Krebsforschungsinstitut geht das aber nicht weit genug: Es fordert die Ausweitung des Verbots auf das Familienprogramm bis 21 Uhr.

In Österreich gibt es kein gesetzliches Verbot von Junkfood-Werbung in Radio und TV zu bestimmten Uhrzeiten. Eine freiwillige Selbsteinschränkung der österreichischen Privatsender und des ORF hält lediglich fest, dass Werbung für Lebensmittel, "deren übermäßige Aufnahme im Rahmen der Gesamternährung nicht empfohlen wird", während des Kinderprogramms bestimmte Kriterien erfüllen muss. So darf etwa kein Zusammenhang zwischen dem Produkt und schulischem oder sozialem Erfolg suggeriert werden.

Keine Beschwerden beim Werberat

Der Österreichische Werberat sagt zum STANDARD, es lägen noch keine Beschwerden in diesem Zusammenhang vor – allerdings werde die Einhaltung der freiwilligen Selbsteinschränkung nicht überprüft. Der Werberat weiß um den massiven Einfluss der Werbung; betont aber, dass auch andere Faktoren wie das soziale Umfeld der Kinder – und was darin vorgelebt wird – ausschlaggebend für das Ernährungsverhalten von Heranwachsenden sind.

Das Gesundheitsministerium teilt auf Anfrage mit, dass derzeit an einheitlichen Definitionen für Lebensmittel, die nur eingeschränkt beworben werden sollen, gearbeitet werde – sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene. Erst am Donnerstag hat sich das EU-Parlament gegen irreführende Werbesprüche auf koffeinhaltigen Energydrinks ausgesprochen. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt allerdings, den Verkauf von Energydrinks an Kinder und Jugendliche generell zu verbieten.

Was Eltern tun können

Kinder über den manipulativen Einfluss von Werbung aufzuklären ist laut Jörg Matthes von der Universität Wien sinnvoll und habe einen positiven Effekt auf ihr Konsumverhalten. Sprächen Eltern mit ihren Kindern darüber, was Werbung bezwecken will und wie sie wirkt, sei es für den Nachwuchs leichter, sich dem Einfluss zu entziehen. Schon schwieriger sei es, Produktplatzierungen in Filmen entgegenzuwirken, so der Werbeforscher: "Es zeigt sich, dass hier auch Gespräche der Eltern mit den Kindern wirkungslos bleiben, weil Product Placement sehr subtil wirkt."

Die Werbeindustrie arbeite sowohl in Filmen als auch in Werbespots weniger mit direkten Aufforderungen als mit affektiven und emotionalen Verknüpfungen. Trinkt etwa eine sympathische Figur in einem Film ein bestimmtes Getränk, würden Kinder zur Nachahmung neigen. Andrew Hanks von der Ohio State University rät dazu, mehr Mittel in die Vermarktung gesunder Lebensmittel zu investieren. Erica Eggplant und ihre Freunde und Freundinnen sind übrigens mittlerweile auch auf Facebook. (gruk, 11.7.2016)