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Für die Kinder die große Freiheit, für viele Eltern Wochen des Sichdahinfrettens, weil leistbare Betreuungsangebote fehlen: die großen Ferien.

Foto: dpa/Hildenbrand

Für die von der Schließung der Alt-Wien-Kindergärten betroffenen Kinder, Eltern und Mitarbeiter bietet dieser Sommer keine Entspannung. Dabei liefern – oder lieferten – die 33 Alt-Wien-Einrichtungen eine Grundvoraussetzung für eine gelingende Feriengestaltung von Familien mit kleinen Kindern: Sie hielten – wie in der Bundeshauptstadt inzwischen im Großen und Ganzen üblich – auch im Juli und August geöffnet.

Konkret hatten die Wiener Kindergärten im Juli und August der Jahre 2014/2015 laut offizieller Statistik im Durchschnitt nur 2,3 Tage geschlossen. In anderen Bundesländern ist das anders – und es versetzt berufstätige Eltern und deren Kinder in Stress. Der Urlaubsanspruch Werktätiger beträgt 25 Arbeitstage pro Jahr, Paare müssen sich vielfach getrennt freinehmen, um den Nachwuchs im Sommer zu betreuen.

Einen Monat von zwei zu

Eng wird es für sie sowie für Alleinerziehende ganz besonders in Vorarlberg (durchschnittlich 32,2 Schließtage im Juli und August 2014/2015): mehr als einen ganzen Ferienmonat. Ebenso in Tirol (22,7 Schließtage, siehe Artikel unten) und dem Burgenland (22,3 Schließtage). Sonst bewegte sich dieser Wert zwischen 17,9 (Kärnten, Salzburg) und 11,1 Schließtage (Steiermark).

Für Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) ist dieses Stadt-Land-Gefälle Ausdruck verschiedener Kinderbetreuungstraditionen. Auch sei der Bedarf an Betreuung in den Sommermonaten in ländlichen Gebieten vielfach geringer: eine Einschätzung, die sich mit einigen dem STANDARD vorliegenden Ergebnissen einer 2016 von Markus Kaindl vom Österreichischen Institut für Familienforschung durchgeführten, auf Schulkinder fokussierenden Studie ("Ferienbetreuung in Niederösterreich") zu decken scheint.

Verdienst der Großeltern

"Die Zufriedenheit der befragten Eltern mit der Ferienbetreuung in Niederösterreich ist ausgeprägt", erläutert Kaindls Institutskollegin Sonja Dörfler. Das aber sei oft ein Verdienst der Großeltern: Laut der Studie wird die Hälfte aller Sechs- bis 15-Jährigen in den Ferien "teilweise oder ganz" von den Altvorderen betreut. In Städten, vermutet die Soziologin, stünden die Großeltern wegen der größeren Mobilität der Bevölkerung weniger zur Verfügung. Untersuchungen dazu existieren in Österreich nicht.

Dafür gibt es etwa in Wien eine Reihe von der Stadt organisierter Freizeitaktivitäten wie das Ferienspiel. Auch halten etliche Horte in den Sommerferien geöffnet. Jedoch: Älter als zehn, höchstens zwölf Jahre darf ein Kind nicht sein, um im Hort aufgenommen zu werden. Zudem sind die sommerlichen Hortkosten für viele Eltern ebenso schwer zu stemmen wie jene für Sommerlager. Diesbezügliche Angebote boomen trotzdem. Erstmals in Österreich wurde im Rahmen der Niederösterreich-Studie auch der Prozentsatz von Schulkindern erhoben, die in den Ferien tagsüber teilweise oder ganz allein zu Hause sind. Mit 6,4 Prozent sei dieser Wert recht niedrig, erläutert Dörfler.

Aufsichtspflicht bis 18 Jahre

Ältere Kinder und Jugendliche daheim allein zu lassen sei "eine Frage des Vertrauens", meint dazu die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits. So es aber, etwa bei jüngeren Kindern, zu Unfällen kommt, bestehe für die Eltern das Risiko, in Konflikt mit der Aufsichtspflicht Erziehungsberechtigter zu kommen. Diese endet erst mit dem 18. Lebensjahr des Nachwuchses.

Der Nachwuchs sei im Sommer wegen fehlender Betreuungsangebote der öffentlichen Hand meist unfreiwillig allein zu Hause, meint Pinterits. Daher brauche es einen Rechtsanspruch auf Betreuung. Familienministerin Karmasin ist hier offen, aber abwartend. (Irene Brickner, 7.8.2016)