Eines vorweg: Die Wecker sind super. Jeder auf seine Art. Nicht nur, weil man bei den Preisen, die man für derartiges Spaß-High-Tech zahlt, das eigentlich kein Mensch braucht (außer sie leiten Polarexpeditionen oder sind Weltmeister über die Tri-Volldistanz oder leben sonstwie vom Extrem- oder Profisport), nicht weniger erwarten kann. Sondern auch, weil die Teile tatsächlich viel und noch mehr können. Wenn Sie, so wie ich, an manchen Features scheitern oder sie zunächst gar nicht finden: Die Schwachstelle sind vermutlich Sie. Do not blame the Hersteller.

Foto: Thomas Rottenberg

Natürlich bedeutet es Äpfel und Birnen zu vergleichen, wenn man die Suunto Spartan, den Garmin Forerunner 735XT und Polars M600 nebeneinander legt. Nur: In Wirklichkeit wägen wir auch im Supermarkt beim Obstregal ab, ob wir lieber Zwetschgen oder Melonen haben – und Vitamine liefern alle.

Ähnlich ist es bei Sportuhren: Die Basisfunktionen sind immer gleich. Also Puls-, Zeit- und (mittlerweile Standard) GPS-gestützte Orts- und Bewegungsmessung. Zum multifunktionalen Sportcomputer wird das Ding dann durch die Eingabe weiterer Parameter wie Größe oder Gewicht, die Messung von zum Beispiel Beschleunigung oder Trägheit durch Bewegungssensoren und die Kommunikation mit externen Geräten – seien es Rad-, Pedal- oder Pulssensoren, der Bluetooth-Kopfhörer oder das Smartphone.

Gute Konnektivität mit Handy & Co ist mittlerweile bei fast allen Uhren der gehobenen (Preis)Kategorie Norm: Mail, SMS, Nachrichten jedweder Art ist Standard. Mit 1001 Apps lassen sich viele auch in Richtung "Wearable" weiterpimpen: Die Zielgruppe ist nicht mehr der Sportler (beim Sport-Machen braucht all das kein Mensch), sondern der gadget-geile Sportlichwirkenwoller, dem die Apple-Watch nicht "athletisch" genug klingt. Dazu später mehr.

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Technischer Fortschritt ist also keine Frage des "Was" an der Basis der Geräte mehr, sondern eine des "Was noch". Und des "Wie": Pulsmessung fand – gefühlt ewig – nur per Brustgurt statt. Vor einigen Jahren kamen dann Geräte auf den Markt, die den Puls über optische Sensoren am Handgelenk maßen – und mäßig funktionierten. Die großen Marken ließen die kleinen experimentieren, warteten – und stießen erst dazu, als absehbar war, dass Methoden und Werkzeuge verlässlich wurden. Und nun, wo eine – mit Einschränkungen – Mess-Sicherheit zertifizierbar ist, ist klar: Die Zukunft des Jedermann- (und vor allem -frau-)laufens findet ohne Gummiband statt. Wie gesagt: Mit einem "aber" – dazu später.

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Dass Suunto im Spiel mit dem grünen Leuchten bei seiner aktuellen Spitzenkollektion nicht dabei ist, steht dazu in keinem Widerspruch. Will man unbedingt einen Punkt finden, der bei der "Spartan"-Serie fehlt, kann man das zwar erwähnen – aber als echter Kritikpunkt eignet sich dieses "Argument" nicht: Das so gar nicht spartanische, Ende Juni präsentierte neue Flaggschiff der Finnen – ob parallel oder als Ablöse zur von Outdoor-Freaks geradezu kultisch verehrten Ambit-Reihe gedacht, ist unwichtig – bewältigt ganz andere Aufgaben. Und wird zumindest imagemäßig oft und intensiv dort getragen, wo eine Uhr nicht unmittelbar auf der Haut aufliegt: Am Berg. Da in dieses Sportcomputer gewordene Pendant zum Schweizer Offiziersmesser noch einen optischen Pulsmesser zu implementieren, wäre sicher möglich. Es würde das aber ohnehin schon wuchtige, schwere und massive Gerät aber wohl noch klobiger machen. Und für viele Jedermannsportler ist die Spartan deshalb schon jetzt grenzwertig. (Für die meisten Frauen in meinem Umfeld darüber hinaus.)

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Mit dem fetten Prater ist man aber mit einer "Waffe" unterwegs, die alle Stückerln spielt: Die Oberfläche der Uhr ist ein hochfunktionaler Touchscreen, über den man zwischen 80 Sport-Funktionen und Applikationen durch Tippen und Wischen wechselt, der auch unterwegs immer klar und gut reagiert und eben just ob seiner Größe perfekt ablesbar ist. Suunto ist nicht ohne Grund im freien Gelände, also vom Traillaufen bis zum Klettern oder Skitourengehen für viele erste Wahl: Die barometrischen Funktionen sind denen der Mitbewerber traditionell überlegen. Die Batterien halten gefühlt ewig. Und die Größe lässt Navigieren nicht bloß als Alibi zu, sondern gibt mir auch im tatsächlich freien Gelände Sicherheit. Freilich: Ob ich all das auf der Hauptallee brauche, steht auf einem anderen Blatt. Doch die von Berg-Die-Hards belächelte "automatisches Video"-Funktion der ansonsten voll und perfekt auf Hardcore-Bedürfnisse abgestimmten Web-Applikation verrät: Die Käufergruppe ist längst breiter als die Gruppe derer, die so ein Teil tatsächlich brauchen.

Foto: Thomas Rottenberg

Wer sich mit der Spartan Ultra auf den Weg (egal welchen) macht, tut aber gut daran, sich nicht darauf zu verlassen, dass das – tatsächlich ja funktionierende – Prinzip des "intuitiven" Erfassens der Potenziale dieser Uhr hinhaut: Die Spartan unterteilt schon das "Laufen" in so viele Sub-Kategorien, dass die Frage, ob ich mich für "Anfänger", "Leistung", "Route" oder sonst eine Option entscheiden sollte und wie ich die Datenblätter dazu dann individuell belege, etwa so viel Zeit gebraucht hätte, wie der Lauf selbst..

Andererseits: Ich hätte am Ende des Menüblätterns wieder vergessen, was am Anfang war – und unterwegs sowieso den Überblick verloren. "Sportuhrfahren" lernt man mit der Zeit – so wie Autofahren.

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Was die Uhr an Masse mitbringt, spart dafür der Pulssensor ein: Der "Smart" von Suunto ist deutlich kleiner als mein Standard-Knopf (der H7 von Polar). Deswegen ist er (auch bei meiner "privaten" Uhr, Polars V800) Sensor meiner Wahl. Vor allem im Wasser: Da kämpfen Männer damit, dass die Pulsgurte (mangels Bikinioberteil oder Badeanzug) bei jeder Wende qua Wasserdruck gen Hüfte rutschen. Mit dem "Smart" ist da weniger Material dem Wasser im Weg. Was der "Smart" noch kann: Er speichert Werte über mehrere Stunden. Auch, wenn die Uhr nicht in Reichweite ist. Oder aus Sicherheitsgründen nicht getragen werden darf: Fußball. Eishockey. Kampfsport … Nachteil: Das Datenauslesen geht (so weit ich weiß) nur mit Suunto-Uhren.

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Größen- und gewichtstechnisch das Gegenteil der Suunto Spartan ist Garmins neue Multisport- und Triathlonuhr, der Forerunner 735xt. Der Wecker ist so klein und zierlich, dass ein Facebook-Freund schrieb, dieses Teil scheide für ihn aus, weil es "aussieht, als sei es aus dem Chinaladen."

Der guten Ordnung halber: Der 735xt ist nicht Garmins aktuelles Spitzengerät. Das wäre die "Fenix Chronos". Die hat unter anderem einen Fallschirmspringermodus und kann wohl auch Reifen wechseln und Kaffee machen. Als ich auf der ISPO beim Garmin-Stand fragte, wer so ein Leistungsspektrum nutzt, lächelte der Garmin-Pressechef sanft. Und konnte sogar eine Zielgruppe nennen: "Kommando- und Spezialeineinheiten". Also schauen Sie im nächsten Nachrichten-Beitrag aus Kabul einmal, was der Navy-Seal im Kampfeinsatz trägt – in meiner Welt tut es der 735XT auch. Locker.

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Das wirklich Neue an Garmins Tri- und Multisportuhr ist die Pulsmessung am Handgelenk. In diesem Segment: Mit Handgelenksmessungen hatte ich – bei früheren, einfacheren Garmin-Uhren – meine Probleme. Und auch bei der neuen Superuhr waren die Werte auf den ersten Blick nicht wirklich zufriedenstellend: Zu Beginn (als Referenzgeräte dienten mein V800 aber auch die Suunto Spartan) an Kreuzungen oder bei Pausen zeigte die Garmin "Spaßwerte" …

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… die sich aber dann, sobald die Bewegungen kontinuierlich wurden, doch den Gurt-Werten anglichen. Mehr noch: In der Auswertung danach waren die Durchschnittswerte praktisch ident. Zwei Schläge Abstand zählen nicht: Vermutlich würde man bei so einer "Abweichung" nicht einmal auf einer Intensivstation von "Problem" sprechen.

Trotzdem fragte ich. Und bekam zunächst die üblich-bekannte Antwort: Handgelenksmessung hat Probleme, wenn es kalt ist, Haut übermäßig pigmentiert oder tätowiert ist. Dichte, dunkle Haare, Wasser, loser Sitz oder viel Schweiß können stören. Bloß: Nichts davon traf zu.

Die zweite Antwort kam der Sache näher: "Bei Intervalltraining sollte man unbedingt einen Brustgurt verwenden. Schnelle Wechsel der Intensität macht den optischen Sensoren manchmal Probleme."

Nun: Beim Intervalltraining sind mir Messungen wurscht. Da laufe ich auf Anschlag. Den spüre ich – und habe kein Auge für Ziffern. Aber: Ampeln? Pausen? Unregelmäßiger Rhythmus? Da klingelt etwas.

Foto: Thomas Rottenberg

Abgesehen davon war es zwischen dem 735xt und mir fast Liebe auf den ersten Trip. Das heißt etwas: Ich bin traditionell Polar-User. Das hat sich irgendwann so ergeben. Und so wie BMW-Fahrer bei Audi die Augenbraue hochziehen, Apple-User PCs für "schlecht" halten und Rapid-Fans die Austria nicht mögen, ist es auch bei Sportuhren: Prägung schafft Markentreue.

Aber als ich mit der Garmin ein bisserl spielte und die Uhr mich fragte, wo wir seien (tatsächlich ist das nur der Titel des Menüpunktes), musste ich lachen. Und auch wenn mir Garmin-Connect (Garmins Web-Plattform) nicht schmeckt, lief es zwischen der Uhr und mir wie am Schnürchen: Im Wasser, zu Lande – und an der frischen Luft.

Foto: Thomas Rottenberg

Das echte Manko ist eines, das mir auch Freunde und Kollegen nannten – und das ich schon bei anderen Garmin-Produkten monierte: Für Schaasaugerte wie mich oder Menschen, bei denen Kurz- oder Alterssichtigkeit Thema ist, sind Kontraste, Schriftgrößen und Helligkeit nicht zufriedenstellend.

Ein zweites Manko ist in Wirklichkeit keines: "Ich habe diese Uhr. Bis ich alles verstehe, was sie kann, ist schon das Nachfolgemodell am Markt" schrieb mir ein User. Stimmt. Aber: Kann man Herstellern tatsächlich vorwerfen, dem "Mehr! Mehr!"-Geplärre der Kunden Folge zu leisten?

Foto: Thomas Rottenberg

Womit wir bei Polar wären. "Meiner" Marke. Doch den M600 hätte ich beim ersten Testlauf am liebsten unter einen LKW gelegt. Aber: Das liegt weniger an dem Werkel als an mir – und dem, was ich erwartet hatte.

Der Reihe nach: Der M600 kann als Sportuhr in etwa das, was der M400 auch kann. Der M400 ist eine tadellose Sportuhr, die beim Laufen, Radfahren und vielen anderen Sportarten gute Dienste tut. Man kann damit auch schwimmen – aber Schwimmzüge oder Bahnen erkennt das Teil nicht. Auch Multisport- oder Tri-Modus fehlen. Aber: Das ist eine andere Zielgruppe. Das wird auch offen kommuniziert. Derzeit hat Polar mit dem A360 einen Handgelenkspulsmess-Activitytracker im Programm, der neben einem sehr guten Display (Hallo Garmin!) auch feine Handy-Connectivity-Features hat.

Im M600 kamen M400 und A360 jetzt sinngemäß zusammen. Allerdings zusätzlich mit einem Hi-End-Pulssensor und mehr Connectivity-Dings mit dem Smartphone. Dachte ich. Weil ich Polar traditionell eben als Sportuhrenhersteller sehe. Und nicht als Konkurrent der Apple-Watch und anderen Wearables.

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Ganz klar: Mein Fehler. Aber einer, den – dem Anschein etlicher Foreneinträge nach – auch etliche andere Polar-User machten. Denn der M600 ist ein astreines Wearable-Spielzeug, das alles kann, was Smartwaches können können. Je nach Software und Apps. Und je nach Gusto und Lust des Users, sich Zeug runterzuladen und es auf einem extrem sensiblen (im Regen oder der Dusche laufen die Bilder und Screens Amok), aber unangefochten brillanten, scharfen und gut lesbarem Touchscreen dann zu nutzen. Auf einem dieser Wisch-&-Watch-Bildschirmdisplays gibt es sogar einen Batterieladestandsanzeiger – der aber nach ein paar Sekunden wieder verschwindet.

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Blöderweise gehört der Ladestand aber nicht zur fixen Standardanzeige. Noch blödererweise warnt der Polar auch nicht, wenn die Batterieladung kritisch wird. Und allerblödesterweise bin ich von Sportuhren gewohnt, dass man sie – nach dem Laden – einen ganzen Tag tragen kann, am Abend ein bisserl Krafttraining macht, das Ding dann nebens Bett legt und man es am nächsten Tag in der Früh zum Laufen umschnallt, das GPS (in dem Fall zum allerersten Mal) anwirft, losrennt – und das Gerät tut, wozu es gemacht wurde: Tracken.

Foto: Thomas Rottenberg

Nur: Der M600 ist halt eben keine Sportuhr – sondern ein Wearable. Und so kam nach 800 Metern der Hinweis, dass sich die Streckenaufzeichnung jetzt aus Energiespargründen vertschüsst. 30 Minuten später war das Spielzeug dann ganz tot: Wären da Schienen neben mir gewesen, hätte ich das Teil vermutlich an Ort & Stelle verschrottet.

Bloß, aber das stellte ich erst später fest: Ich war ja selbst Schuld. Dass der M600 unter Laborbedingungen und ohne großartige Trackerei etwa 48 Stunden hält, sagt Polar selbst. Dass man damit gerade mal vier Stunden Radfahren oder sonstwas kann, habe ich irgendwo gelesen. Zielgruppe sind Menschen, die das Teil als lifestylig-sportliches Tech-Toy tragen, es im Büro zwischendurch aufladen – und vielleicht ein Stündchen ins Fitnesscenter gehen. Eine legitime Nutzung und ein Riesenmarkt. Für den ist der M600 perfekt. Aber: Nicht für mich.

Foto: Thomas Rottenberg

Vor allem, weil das schicke Polar-Teil in meine Augen auch zwei "echte" Bugs hat: Zum einen kann man – außer einem Pulsgurt – keine Sensoren (Trittfrequenz, Rad-Geschwidnigkeit oder Wattmesser etwa) verbinden. Das dürfte der Zielgruppe zwar kaum auffallen, Polar-Österreich räumte auf Nachfrage aber ein, dass man selbst nicht wisse, wieso das Gerät in Finnland so programmiert werde.

Schlimmer – und auch für "Normalos" blöd – ist, dass das Gerät sein Display nach ein paar Sekunden abdunkelt. Um Strom zu sparen. Aber es ist schlau: Dreht man das Handgelenk Richtung Gesicht oder tippt man drauf, wacht es wieder auf. Das dauert etwa zwei Sekunden. Beim Laufen muss man also für den Blick zwischendurch die Hand oben halten – und warten. Blöd.

Beim Radfahren muss man tippen. Also eine Hand vom Lenker nehmen. Denn auf Dauer-Hell, bestätigt Polar, kann man das Display nicht stellen: Es warate wegen der Akkuleistung …

Foto: Thomas Rottenberg

Freilich: Der Pulssensor, den Polar hier verbaut, lieferte auf Anhieb (so lange der Akku halt hielt) superpräzise Werte. Und Polar selbst betont, dass der M600 keine vollwertige Sportuhr sei. Und auch nicht sein solle: Dafür gäbe es ja u.a. den V800.

Zählt man da eins und eins zusammen und schaut, mit welchen – günstigeren, einfacheren – Geräten etwa Garmin auf diesen Markt kam, bevor die hochwertige Triathlonuhr grün leuchtete, ist vorhersehbar, was die Finnen wohl gerade aushecken: Es ist nicht nur logisch – sondern auch an der Zeit.

Wobei eines trotz aller High-Tech-Spielerei unverändert bleibt: Bewegen muss man sich immer noch selbst.(Thomas Rottenberg, 7.9.2016)


Die Polar M600 kostet laut Hersteller 349,95€

Die Uhren aus der Suunto Spartan Ultra Kollektion kosten je nach Ausführung zwischen 649 €und 749€.

Der Garmin Forerunner 735XT wird von Garmin um 449,99€ angeboten.


Die Geräte wurden von den Herstellern für einen begrenzten Zeitraum für Testzwecke zur Verfügung gestellt.

Foto: Thomas Rottenberg