Der heimische Standort für Medizinprodukte-Hersteller sei gefährdet, heißt es von der Austromed.

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Die Interessenvertretung der Medizinprodukte-Hersteller warnt vor Verschlechterungen bei der Versorgung mit Medizinprodukten im österreichischen Gesundheitswesen. Die Umsetzung der EU-Medizinprodukte-Verordnung könnte dazu führen, dass Innovationen teurer werden und länger brauchen, um zum Patienten zu kommen, sagt Austromed-Präsident Gerald Gschlössl.

Laut Austromed (Vereinigung der Medizinprodukte-Hersteller) gibt es in Österreich rund 500.000 verschiedene Medizinprodukte, vom Hüftimplantat über Herzschrittmacher bis hin zum Pflaster. Die EU-Verordnung, die strengere Auflagen für die sogenannten benannten Stellen, die die Produkte überprüfen und zertifizieren, beinhaltet, wurde als Folge des Brustimplantate-Skandals und anderer Probleme mit Medizinprodukten erlassen, um die Sicherheit für Patienten zu erhöhen. Die neuen Regelungen könnten aber die Forschung verlangsamen und kleinere Unternehmen gefährden, warnte die Austromed.

Die Umsetzung der EU-Verordnung in nationales Recht werde demnächst starten, so Gschlössl. Dabei werde sich entscheiden, wie hoch der Mehraufwand für Unternehmen sein wird, um ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. "Überzogenes Sicherheitsdenken" dürfe nicht dazu führen, dass österreichische Patienten nur noch veraltete Produkte erhalten, so die Austromed. Kleinere Unternehmen könnten durch zu hohe Auflagen durch internationale Großkonzerne überholt werden.

Patientensicherheit wesentlich

Gschlössl rechnet damit, dass die Verordnung in Österreich frühestens im Frühjahr 2017 in Kraft tritt. "Wir begrüßen natürlich alles, was mit der Patientensicherheit zu tun hat", versichert Philipp Lindinger, Geschäftsführer der Austromed. "Was zu verhindern ist, ist eine überbordende Bürokratie."

Eine Verschlechterung des Marktzugangs für kleinere Unternehmen bringe auch die Reduzierung der benannten Stellen. Strengere Auflagen für die Prüfstellen hätten dazu geführt, dass ihre Zahl europaweit von 80 auf etwa 30 gesunken sei. Stellen, die nicht die Größe haben, um die Vorschriften zu erfüllen, seien dadurch "über die Klinge gesprungen", sagte Lindinger. In Österreich gebe es mittlerweile keine Prüfstelle für Medizinprodukte mehr. Der Prüf- und Zertifizierungsdienst TÜV Austria habe aufgrund der strengeren Auflagen seine Pforten für Medizinprodukte geschlossen. "Das ist natürlich ein Engpassszenario", sagte Gschlössl.

Standort in Gefahr

Herstellerfirmen seien gezwungen, auf das Ausland auszuweichen. "Das sehen wir sehr gefährdend für den Standort und für die heimische Medizinprodukte-Industrie sehr kritisch", sagte Gschlössl. Neue Erzeugnisse könnten bis zu eineinhalb Jahre länger benötigen, um zum Patienten zu kommen. "Innovationen in den Markt zu bringen, wird länger dauern und mehr kosten", kritisierte Gschlössl. "Letztlich wird das der Patient bezahlen müssen."

Die Austromed versuche nun, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer und der Forschung wieder eine Prüfstelle in Österreich zu etablieren. "Es braucht eine objektive Stelle, die quasi Behördencharakter hat, da braucht es natürlich die öffentliche Hand dazu", sagte Lindinger.

Auswirkungen auf die Medizinprodukte-Hersteller erwartet die Interessensvertretung auch durch die anstehende Novelle des Bundesvergabegesetzes. "Wir brauchen einen Schwenk weg vom reinen Billigstbieterprinzip hin zu einem Ausschreibungsverfahren, dass die Qualität berücksichtigt", sagte Lindinger. Auch Gschlössl plädierte für eine Entwicklung weg von der Stückkosten- hin zur Prozesskostenbetrachtung. (APA, 23.9.2016)