Die Häufigkeit von Gluten-, Laktose- oder Histaminintoleranzen werde überschätzt, sind Gastroenterologen überzeugt.

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Wien – Die Angst vor Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist nicht angebracht. Viel zu viele Menschen glauben, an solchen Problemen zu leiden, stellten Experten beim europäischen Kongress der Gastroenterologen, der noch bis 19. Oktober in Wien stattfindet, fest.

"Wissenschaftlich erwiesen ist: Der Darm hat einen wesentlichen Einfluss auf unsere Gesundheit. Doch der Hype ist nicht gerechtfertigt. Nicht jeder Mensch, der hin und wieder Verdauungsprobleme hat, hat automatisch eine Unverträglichkeit – geschweige denn eine Allergie", sagte Alexander Moschen von der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin.

Dem Darm seine Arbeit machen lassen

Auch die Häufigkeit von Gluten-, Laktose- oder Histaminintoleranzen werde überschätzt. Die Frage sei, ob es sich dabei nicht um Trendthemen handle, die von der Lebensmittelindustrie als Profitquelle benutzt würden.

Laut den Zahlen des Experten weisen nur ein bis drei Prozent der erwachsenen Österreicher tatsächlich eine Nahrungsmittelallergie auf. Ein "gesunder Darm" werde vor allem durch natürliche Lebensmittel, bewusste Zubereitung und ausreichend Bewegung gefördert. Die derzeit von verschiedensten Unternehmen angebotenen Allergie-Tests auf Immunglobuline im Blut (IgG4) seien nicht hilfreich.

"Eigentlich ist es ganz einfach. Für einen gesunden Lebenswandel sollte man Wert auf regionale und natürliche Lebensmittel legen, sich Zeit für die Nahrungsaufnahme nehmen und sich ausreichend bewegen – so kommt der Darm ganz alleine gut zurecht. Unsere Verdauung hat die letzten Jahrtausende ohne viel Aufmerksamkeit funktioniert und wird auch in Zukunft gemeinsam mit unserem Mikrobiom ihre Arbeit machen", sagte Moschen.

Lebensstil schlägt sich auf den Darm

Fertigprodukte mit Zusatzstoffen können die Darmschleimhaut schädigen und diese durchlässiger für Allergene machen. Aber auch das typische "Nebenbei-Essen" habe einen negativen Einfluss auf die Darmgesundheit. Stress und Convenience-Produkte schädigen das Verdauungssystem, heißt es vonseiten der Experten.

Gleichzeitig sollte man Alarmsignale nicht ignorieren. Bei länger anhaltenden Verdauungsproblemen und Durchfall – drei Monate seien hier ein ungefährer Richtwert – sowie Alarmzeichen wie Blut im Stuhl oder rapidem Gewichtsverlust sollten Betroffene den Arzt aufsuchen.

"Meist treten Beschwerden bei Unverträglichkeiten verzögert, also einige Stunden bis zu einem Tag nach der Aufnahme der nicht verträglichen Nahrung auf. Bei Allergien fast immer sehr viel rascher nach Kontakt", so Moschen. (APA, 18.10.2016)