Bei den Übungen auf dem Wasser ist der Gleichgewichtssinn gefordert.

Foto: http://www.aquaphysical.com

Etwa fünf Minuten dauert es bis zum ersten lauten Platsch: Der junge Mann am Brett nebenan hat während der Kniebeugen sein Gleichgewicht verloren und ist baden gegangen. Das ist nicht weiter schlimm: Er zieht sich wieder an seinem Brett hoch und macht weiter.

Seit einigen Wochen bietet das Fitnessstudio Holmes Place in der Hütteldorfer Straße im 14. Bezirk "Floatfit" an. Dreimal in der Woche werden dafür acht sogenannte "Aquabases" – also Bretter, die ein bisschen an Surfboards erinnern – ins Schwimmbecken gelassen und mit Seilen verzurrt. Das bläuliche Licht im Schwimmbad wird gedimmt und laute Popmusik aufgedreht.

30 Minuten dauert eine Einheit. Trainerin Lisa-Marie macht am Beckenrand die Übungen vor, auf den Brettern im Wasser wird mitgeturnt. Sofort ist klar: Bei "Floatfit" braucht man einen guten Gleichgewichtssinn. Denn selbst wenn das Wasser ganz ruhig ist – das Brett ist es nie. Nachdem es alle fünf Teilnehmer des heutigen Kurses geschafft haben, mit etwas zittrigen Knien aufrecht auf ihrem Brett zu stehen, sollen sie dieses Brett zum Aufwärmen einmal ordentlich zum Schaukeln bringen, indem sie von rechts nach links wippen.

Fünf Übungen

Dann geht es richtig los. Fünf relativ simple Übungen werden in einer "Floatfit"-Einheit aneinander gereiht. Das Training ist als Leiter aufgebaut, erklärt die Trainerin. Das bedeutet: 30 Sekunden lang wird die erste Übung – gemacht. Bevor die nächste dazukommt, muss erst die vorherige wiederholt werden, und so weiter. Die heutige Einheit beginnt mit Kniebeugen, die am Wasser zur motorischen Herausforderung werden. Nach 30 Sekunden ertönt ein lautes Piepsen. Die nächste Übung: Sogenannte "Burpees" – also eine Kombination aus Kniebeuge, Liegestütz und Strecksprung. Das fordert ziemlich viel Koordination und Gleichgewichtssinn – und ein Sprung ist auf dem wackeligen Brett nicht bei allen wirklich erkennbar.

Danach kann man sich vorerst hinsetzen. Die Beine werden angewinkelt angehoben, der Oberkörper rotiert nach links und rechts. Das nennt sich "Russian Twist" und soll die seitlichen Bauchmuskeln trainieren. Dann macht es schon wieder "Piep". Es folgen "Aqua Climbers" – also eine dynamische Übung in der Liegestützposition – und zu guter letzt "Lunges", also Ausfallschritte.

High-Intensity-Training

Der Linzer Sportmediziner Rainer Hochgatterer findet so ein "High-Intensity-Training" auf dem Wasser gut. Auf dem Brett könne aber nicht so intensiv wie am festen Untergrund trainiert werden – etwa bei Sprüngen." Das sei bei eher untrainierten Hobbysportlern aber von Vorteil. Denn diese würden oft zu schnell in ein zu intensives Training einsteigen – und sich dann verletzen. Bei "Floatfit" wird außerdem so ziemlich jedes Körperteil trainiert, ganz besonders aber die Rumpf- und die Beinachsenstabilität, meint der Experte. Ein bisschen Mut zahlt sich dabei aus: Wer öfters ins Wasser fällt und sich dann wieder aufs Brett ziehen muss, steigert die Intensität des Workouts zusätzlich.

"Und die zusätzliche koordinative Herausforderung macht es noch einmal anstrengender", sagt Hochgatterer. Denn koordinative Übungen – etwa regelmäßiges Stehen auf einem Bein – würden nur die wenigsten Hobbysportler machen. Defizite in diesem Bereich würden oft zu Knie- oder Hüftproblemen führen.

Eine junge Frau geht irgendwann zwischen "Russian Twist" und "Aqua Climbers" mit einem kurzen Schrei über Bord. Eine andere klagt über einen Anflug von Seekrankheit: Das Problem hätte noch nie jemand gehabt, meint die Trainerin. Ganz im Gegenteil: "Das Feedback war bisher megageil", berichtet sie.

Ergänzung für Hobbysportler

Den Leuten würden Workouts im Wasser immer Spaß machen, erzählt sie. Gut komme auch an, dass eine Einheit bloß 30 Minuten dauert und dennoch effektiv ist. "Außerdem lernt man einen ganz anderen Stand kennen, weil man die Übungen barfuß macht", sagt sie. Das bestätigt auch Sportmediziner Hochgatterer: "Dadurch werden die Muskeln in den Füßen, die sonst durch die Stützen in den Schuhen verloren gehen, ein bisschen mehr aktiviert."

Er sieht "Floatfit" als eine gute Ergänzung zum Training für Hobbysportler. Dass jemand solche Trendsportarten wirklich über viele Jahre ausübt, glaubt er nicht: "Aber je vielfältiger ein Hobbysportler trainiert, desto besser." Wichtig sei, Sport langfristig in den Alltag zu integrieren – und das funktioniere eher, wenn der Sport Spaß macht.

Im Schwimmbecken wird am Schluss noch, mittlerweile ein wenig standfester am Brett stehend, gedehnt. Und dann? Wird gemeinsam bis fünf gezählt und ins Wasser gesprungen. Dann werden auch jene nass, die zuvor trotz hohen Wellengangs trocken geblieben sind. (Franziska Zoidl, 20.11.2016)