Ein Kind sollte niemals allein entscheiden, was es sich im Fernsehen ansieht.

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Seit Oskar in die neue Schule geht, diskutiert er ständig mit seinen Eltern. Der Zwölfjährige möchte in der Schule mit seinen Freunden über Filme sprechen, die diese sich ansehen dürfen. Doch seine Eltern erlauben ihm nur Filme, die für sein Alter laut Altersfreigabe bestimmt sind. Er findet seine Eltern unglaublich ungerecht.

Vanessa (17), Albert (15) und Julian (10) streiten ständig darüber, wer sich welche Fernsehsendung im gemeinsamen Wohnzimmer anschauen möchte. Der Kleine fängt meist zu weinen an, weil seine größeren Geschwister sich fast immer durchsetzen. Helena und Moritz, die Eltern, überlegen, den beiden Größeren einen eigenen Fernsehapparat ins Zimmer zu stellen. Aber eigentlich hätten sie gern, dass die Kinder mit wenig Fernsehkonsum aufwachsen. Sie haben die ewigen Diskussionen darüber, wer was wann schauen will und darf, ziemlich satt.

Die sechsjährigen Zwillinge Rene und Benjamin haben keinen Fernsehapparat zu Hause. Die Eltern finden, dass Kinder ohne Fernsehen viel fantasievoller und natürlicher aufwachsen können. Bis jetzt haben die Buben auch noch nie gebettelt, dass ein Fernseher im Wohnzimmer stehen soll. Doch seit sie in die Schule gehen, haben sie vermehrt den Wunsch, sich Serien und Filme anzusehen. Rene wünscht sich vom Christkind sogar einen eigenen Fernseher fürs Kinderzimmer.

In Michaelas und Davids Wohnung gibt es fast in jedem Zimmer einen Flachbildschirm. Sogar im Badezimmer. Sie stellen fest, dass der Nachwuchs viel friedlicher ist, wenn er durch Filme und Serien abgelenkt wird.

Was für das Kind das Beste ist

Für viele Kinder ist es gang und gäbe, sich vor den Fernseher zu setzen und spannende Filme und Serien zu schauen, wenn sie keine Idee mehr haben, was sie spielen wollen. Da gibt es Eltern, die ihre Kinder unbesorgt das tägliche Kinderprogramm ansehen lassen, andere wiederum halten einen regelmäßigen Fernsehkonsum des Nachwuchses für bedenklich und schädlich für dessen geistige und körperliche Entwicklung.

Zu bedenken gilt, dass Kinder, die ohne Fernsehkonsum aufwachsen, in ihrer Freundesgruppe oft nicht mitreden können und nicht wissen, worüber die anderen sich unterhalten. Sie könnten aus der Gruppe ausgeschlossen werden, sich dumm vorkommen und im schlimmsten Fall sogar Mobbing ausgesetzt werden. Eltern sollten sich überlegen, wo das kleinere Übel liegt und was für ihr Kind das Beste ist.

Abwechslung und Spannung

Was fasziniert Kinder am Fernsehen? Fernsehsendungen und Filme erzeugen in Kindern Emotionen. Sie bringen sie zum Lachen, vertreiben Langeweile, bieten ständig Abwechslung und Spannung. Auf Knopfdruck werden die Buben und Mädchen in eine bunte und fantasievolle Welt gebracht. Serien und Filme erschaffen für Kinder Vorbilder, viele halten sie für real und identifizieren sich mit ihnen. Sie erleben die Gefühle ihrer Vorbilder als ihre eigenen. So können sie beispielsweise mithilfe des Helden stark und mutig sein und die Welt vor dem Bösen retten.

Kinder begreifen die Welt dadurch, dass sie sich ihr durch Begreifen und Erkunden nähern und Erfahrungen in ihr machen. Sie versuchen alles durch ihren Körper zu ergründen und können nicht zwischen Realem und Fiktivem trennen. Selbst im Volksschulalter können Kinder nicht immer zweifelsfrei zwischen Fantasie und Realität unterscheiden. Sie sind für alles, was sie von außen erfahren, sehr offen und aufnahmebereit.

Bewegung fehlt

Umwelterfahrungen sind für kleine Kinder wichtig, um die Welt und ihr Sein zu verstehen, um Zusammenhänge zu durchschauen und sich in ihrer Umgebung sicher zu fühlen. Kinder lernen in den ersten Jahren vor allem durch Körpererfahrungen. Sitzen sie also lange und täglich vor dem Fernseher, entfällt die Bewegung und damit die Möglichkeit, so manche Körper- und Gehirnfunktionen und Fertigkeiten gut zu entwickeln, die das Kind für ein gesundes Leben braucht.

Ebenso kann die Entwicklung von Sprache und Spiel negativ beeinflusst werden. Auch kann es passieren, dass Kinder eine größere Ruhelosigkeit oder Aggression ausbilden und in ihrer Vorstellungskraft Gleichaltrigen ohne übermäßigen Fernsehkonsum in ihrer Entwicklung um vieles unterlegen sind.

Medienkompetenz von Anfang an

Eltern und Bezugspersonen sollten beachten, dass in immer mehr Zeichentrickserien und -filmen viel Gewalt vorkommt. Dies kann zu Ängsten und Albträumen führen.

Den richtigen Umgang können Kinder nicht selbst erlernen. Sie sind abhängig vom Vorbild der Eltern, davon, was und wie viel Mama und Papa schauen. Sie können sich von Schreckensbildern, die sie im Fernseher sehen, nicht einfach distanzieren und drehen diesen nicht ab, wenn sie überfordert sind. Sie bedürfen kluger Erwachsener, die sich aktiv mit dem auseinandersetzen, was ihre Kinder sich so ansehen.

Wichtig ist, dass Eltern und Bezugspersonen stets den Überblick haben, wie lange und was sich ihr Nachwuchs ansieht. So haben sie die Möglichkeit, darüber zu bestimmen, was sich die Kinder ansehen. Und sie können sie vor Bildern schützen, die vor allem die Kleineren noch nicht verstehen oder nicht sehen sollten.

Massive Reizüberflutung

Es ist nicht anzuraten, den Fernsehapparat während des Tages nebenbei laufen zu lassen. Kindern fällt es sehr schwer, sich durch ständige die Unruhe, die dieser in die Lebensräume bringt, zu konzentrieren und sich mit anderen Dingen zu befassen.

Prinzipiell lässt sich sagen, dass ein Kind niemals allein entscheiden sollte, was es sich ansieht. Es ist die Aufgabe der Eltern, den Fernsehkonsum ihres Kindes zu regeln. Eltern und Bezugspersonen sollten den Unmut des Kindes aushalten und sich durch Bitten und Betteln nicht in ihrer Entscheidung beeinflussen lassen.

Ihre Erfahrungen?

Wie halten Sie es mit dem Fernsehkonsum Ihrer Kinder? Was dürfen Ihre Kinder anschauen? Schauen Sie gemeinsam und reden Sie über das Gesehene? Posten Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 18.11.2016)