Auch in den alpinen Bundesländern wächst die Bevölkerung und mit ihr der Bedarf an Bauland.

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Bregenz/Innsbruck/Salzburg – Platz wäre da, es fehle an Ideen, sagt der Tiroler Architekt und Stadtplaner Martin Mutschlechner. Er hält die Herausforderungen, die mit der Bevölkerungsentwicklung für die Bundesländer einhergehen, für lösbar: "Voraussetzung ist eine zukunftsorientierte Raumplanung." Am Beispiel Tirol erklärt Mutschlechner, dass "heute alle ihr Einfamilienhaus wollen, was wenig Sinn macht". Der Platzbedarf pro Kopf habe sich in den vergangenen 50 Jahren verdoppelt, kritisiert er den Zeitgeist.

Peripherie mit Potenzial

Mutschlechner plant aktuell eines der größten Innsbrucker Wohnprojekte am Campagnereiter-Areal. Dort soll auf neun Hektar eine urbane Lebenswelt mit 1.200 Wohnungen entstehen. Was im städtischen Kontext funktioniert, muss auch auf dem Land möglich sein. Nicht mehr einzelne Baulose sollen das Thema sein, sondern die Entwicklung ganzer Dörfer. Dabei müssen auch Denkverbote fallen, sagt Mutschlechner: "Es gibt Orte und Gegenden, die man vielleicht besser aufgibt oder an die Landwirtschaft abtritt." Die Peripherie habe Potenzial, sie müsse es erkennen und nutzen.

Seitens des Landes Tirol geht man von einem Bevölkerungswachstum von 70.000 Menschen bis 2030 aus. Diese wolle man "mit bestehenden Strukturen auffangen", sagt der Leiter der Abteilung Raumplanung, Robert Ortner. Am meisten Zuwanderung wird im Inntal erwartet. "Hier wäre der Platz für sozialen Wohnbau vorhanden", sagt Ortner. Allerdings fehlt es an verfügbarem Bauland. Seit der Wirtschaftskrise 2008 horten Immobilienbesitzer ihre Gründe, die stetig im Wert steigen. Ortner fordert daher steuerliche Instrumente, um gewidmetes Bauland verfügbar zu machen.

Bauland wird gehortet

Vorarlberg könnte gemessen an gewidmeten Bauflächen die doppelte Einwohnerzahl vertragen. Das Bauland ist aber nicht verfügbar. Außer Vertragsraumplanung – Gemeinden regeln die Nutzung vertraglich mit den Besitzern – gibt es keine Möglichkeiten der Intervention. Vorausschauende Raumplanung, klare Regelungen gegen Spekulation, verbindliche Entwicklungskonzepte scheitern an der ÖVP, die "Eingriff ins Eigentum" ablehnt. Die Folgen: Sozialer Wohnbau wird durch den künstlich verknappten Grundstücksmarkt immer schwieriger. Wohnungseigentum ist für Durchschnittsverdiener nicht mehr leistbar.

Auch in Salzburg ist Bauland rar. Wie in Tirol ist nur ein Fünftel der Gesamtfläche des Bundeslandes überhaupt bebaubar. Die schwarz-grüne Salzburger Landesregierung hat sich unter Federführung der für Raumordnung zuständigen Landesrätin Astrid Rössler (Grüne) auf strengere Richtlinien bei der Raumordnung geeinigt: Mit einer Infrastrukturabgabe für ungenütztes Bauland und Rückwidmungen zum Grünland nach zehn Jahren soll Bauland mobilisiert werden. Gleichzeitig sollen verpflichtende räumliche Entwicklungskonzepte für die Gemeinden die Zersiedelung bekämpfen.

3.500 leere Wohnungen

Als Zweitwohnsitz gemeldete Wohnungen dürfen als Zweitwohnsitze nicht mehr vererbt oder verkauft werden. Zusätzlich muss eine besondere Ortstaxe bezahlt werden. Damit sollen die rund 60.000 Zweitwohnsitze und leerstehenden Wohnungen mittelfristig zu Hauptwohnsitzen werden. Ausnahmen gibt es für berufs- oder ausbildungsbedingte Zweitwohnsitze. Eine Leerstandsabgabe hat Rössler allerdings beim schwarzen Koalitionspartner nicht durchringen können. Obwohl allein in der Landeshauptstadt 3.500 Wohnungen leerstehen. Weshalb nun die Stadt als Zwischenmieter einspringt, um die Vermietung attraktiver zu machen. (jub, ruep, ars, 23.11.2016)