Heroinsucht verändert das Gehirn: Konkret das Protein FOS-B im Belohnungszentrum. Das Protein wird stabiler und bleibt daher länger in dieser Gehirnregion als in seiner Ursprungsform – möglicherweise viele Wochen nach Absetzen der Droge. Deshalb ist das Verlangen nach dem Suchtmittel auch nach einem Entzug weiterhin vorhanden, sagen Forscher der MedUni Wien.

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Wien –Die Abhängigkeit von Substanzen wie etwa Heroin verändert das Gehirn, seine Struktur und Stoffwechselabläufe langfristig. Das konnten Gerichtsmediziner der MedUni Wien mit pathologischen Untersuchungen an 15 verstorbenen Heroinsüchtigen nachweisen.

Bei chronisch kranken Personen mit einer Suchterkrankung verändert sich im Belohnungszentrum des Gehirns ein Protein mit dem Namen FOS-B: Es wird genetisch verändert, abgespalten und verkürzt.

FOS-B ist ein Transkriptionsfaktor im Gehirn, der gemeinsam mit anderen Molekülen im Rahmen der sogenannten Signaltransduktion (Reizübertragung auf die Zellen) beteiligt ist, genetische Informationen zwischen den Zellen zu transportieren. Es hat auch einen Anteil daran, ob bestimmte Gene aktiv werden oder nicht. FOS-B selbst ist ein Teil des Aktivierungsproteins AP1. Durch die ständige Versorgung durch Drogen wie Heroin wird FOS-B zu Delta-FOS-B, das bei chronischem Konsum immer mehr angeregt wird und auch Wachstumsfaktoren beeinflusst und strukturelle Veränderungen (Neuroplastizität) im Gehirn – etwa in der Region für die Gedächtnisbildung – bewirkt, heißt es vonseiten der MedUni Wien.

Relevanz für Entzugsprogramme

Unter der Leitung von Monika Seltenhammer vom Department für Gerichtsmedizin der MedUni Wien konnte demnach in einer Studie gezeigt werden, dass die Auswirkungen dieser chronischen Reize auch noch nach dem Tod als "Sucht-Gedächtnis" nachweisbar ist. Dazu wurden die Gewebeproben aus dem Nucleus accumbens – einer Kernstruktur im unteren Vorderhirn – von 15 verstorbenen Heroinsüchtigen untersucht. "Selbst neun Tage nach dem Tod war Delta-FOS-B mittels hochsensitiver Nachweismethoden noch feststellbar", so Seltenhammer.

Die Wissenschafter gehen aber davon aus, dass dieser Zustand bei lebenden Suchterkrankten noch viel länger, möglicherweise über Monate, anhält. Den Forschern zufolge könnten die Ergebnisse deshalb auch Auswirkungen auf die künftige Behandlung und das Management von Opiatabhängigen und Heroinsüchtigen haben. – Insbesondere beim Entzug: "Wenn das Suchtverlangen über Monate im Gehirn erhalten bleibt, ist eine sehr lange Nachsorge und eine dementsprechende psychologische Unterstützung sehr wichtig", sagt Seltenhammer. (red, 21.12.2016)